Katharina Schratt. Georg Markus

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Katharina Schratt - Georg Markus

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gegeben haben, daß die später so tiefe Verbindung zwischen den beiden zustande kam.

      Schon wenige Wochen nach der ersten Audienz suchte Frau Schratt nun ihrerseits um einen neuerlichen Termin beim Kaiser an.

      Sie hatte vier Jahre zuvor den ungarischen Aristokraten Nikolaus von Kiss geheiratet und ihm ein Jahr später einen Sohn geboren. Die Ehe existierte jedoch nur noch auf dem Papier. Nikolaus von Kiss bereiste als österreichisch-ungarischer Diplomat die halbe Welt und war kaum je in Wien anzutreffen. Dennoch fühlte sich Katharina Schratt, obwohl von ihrem Mann getrennt, seiner Familie gegenüber verpflichtet und so kam es, daß sie in einer Familienangelegenheit keinen anderen Ausweg sah, als den Kaiser persönlich aufzusuchen und um Intervention zu bitten:

      Katharina Schratts Ehemann Nikolaus hatte einen Onkel namens Ernö von Kiss gehabt. Dieser war kaiserlicher Berufsoffizier gewesen und im Jahre 1838 im Range eines Obersten als Kommandant des Husarenregiments »Hannover« in den Ruhestand versetzt worden. Zehn Jahre später, als die Revolution ausbrach, meldete sich Ernö Kiss freiwillig, um der Ungarischen Revolutionsarmee zu dienen. Der inzwischen 69jährige Pensionär wurde sofort mit dem Titel eines Generals eingestellt. Vorerst kommandierte er ein Armeekorps in Südungarn, ab Januar 1849 war er vorübergehender Oberbefehlshaber der gesamten Revolutionstruppen.

      Während die Regierung der Revolutionsarmee versprochen hatte, daß den Offizieren – im Falle die Waffen niedergelegt würden – nichts widerfahre, wurden am 13. August 1849 alle kommandierenden Generäle von den verbündeten russischen Truppen verhaftet. Am 6. Oktober desselben Jahres wurden die 13 höchsten Offiziere – also auch Ernö von Kiss – auf der Festung Arad durch den Strang hingerichtet. Dieser Tag ist übrigens heute noch ungarischer Nationalfeiertag.

      Alle Welt – insbesondere die Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien – hatten damals gegen die Hinrichtungen schärfstens protestiert. Franz Joseph war zu diesem Zeitpunkt erst ein Jahr lang Kaiser gewesen und mit seinen 19 Jahren praktisch noch nicht der wahre Regent des Reiches. Die Staatsführung lag vielmehr in den Händen seiner herrschsüchtigen Mutter Sophie und des Ministerpräsidenten Felix Fürst zu Schwarzenberg. War Franz Joseph, der den Befehl zur Hinrichtung von sich aus kaum gegeben hätte, moralisch unschuldig, so drückte ihn doch sein Leben lang ein Schuldgefühl, weil 13 Generäle – bereits während seiner Regentschaft – exekutiert worden waren. Zu Kaiserin Elisabeth sagte er mehrmals, daß ihn der Tod der Revolutionsoffiziere besonders bedrücke: »Wenn ich könnte, würde ich sie mit meinen eigenen zehn Fingern wieder ausgraben.«

      Revolutionsgeneral Ernö von Kiss, bereits seit 34 Jahren tot, war also Anlaß für eine weitere Begegnung zwischen Katharina Schratt und Kaiser Franz Joseph. Der Monarch hatte sich nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich im Jahre 1867 – zu diesem Zeitpunkt wurden die beiden Reichshälften zu gleichberechtigten, selbständigen Staatsgebilden – bemüht, die eingezogenen Vermögen der hingerichteten Offiziere an deren Erben zurückzugeben. So war es auch im Falle Kiss gewesen. Doch die in finanziellen Fragen äußerst leichtfertige Familie Kiss hatte den Nachlaß, der aus den beachtlichen Gütern entstanden war, längst wieder verloren, ja die meisten von ihnen – darunter auch Frau Schratt und ihr Mann – waren dank ihrer aufwendigen Lebensweise zutiefst verschuldet.

      Die Familie Kiss brauchte also dringend Geld. Und das war der Grund für Katharinas zweite Audienz beim Kaiser. Es ging um die Erträge, die der Familie zwischen Beschlagnahme der Güter im Jahre 1848 und deren Retournierung 1867 entgangen waren.

      Der Kaiser hörte sich ruhig an, was Katharina Schratt ihm vortrug, mußte sie aber in dieser Angelegenheit an den ungarischen Ministerpräsidenten Kolomán von Tisza verweisen. Das fehlende Geld sollte die Familie Kiss übrigens nie erhalten, weil Tisza der Meinung war, daß es »unstatthaft wäre, eine Familie, die infolge Leichtsinns zugrunde gegangen war, aus Staatsmitteln wieder aufzurichten.«

      Noch fehlte die schützende Hand des Kaisers …

      »DER KAISER HAT SICH BESONDERS LANG

      MIT IHR UNTERHALTEN«

       Elisabeth wird aktiv

      Franz Joseph war alles andere als ein begeisterter Ballbesucher. Kaiserin Elisabeth hatte sich – wir schreiben das Jahr 1885 – von ihrem Mann bereits stark entfremdet, sie selbst besuchte offizielle Feste äußerst selten. Der Kaiser jedoch, sein Leben lang der Inbegriff der Pflichterfüllung und des Traditionsbewußseins, ließ Cercles, Abendgesellschaften und Bälle jeder Art über sich ergehen. »Er verneigte sich«, wie es in einem Bericht aus der Zeit heißt, »bei solchen Gelegenheiten vor den Damen, denen er auch häufiger als den Herren die Hand reichte und die er wie niemand zu entzücken verstand.«.

      Fast zwei Jahre nach der Audienz »in Sachen Ernö von Kiss« sollten Franz Joseph und Katharina Schratt einander auf einem Ball wiedersehen. Als prominentes Mitglied des Hofburgtheaters war die Schratt natürlich zu allen großen Festen Wiens geladen.

      So auch alljährlich beim »Ball der Industriellen«, der in den Räumlichkeiten des Musikvereins stattfand und zu den nobelsten Festen des Wiener Faschings zählte. Die Einladungskarte des für ihre Verbindung mit dem Kaiser so wichtigen Industriellenballes des Jahres 1885 hat sie nicht aufbewahrt, die Originaleinladung des Industriellenballes, der sechs Jahre zuvor gefeiert wurde, fand sich jedoch in ihrem Nachlaß.

      Nora Fürstin Fugger, eine wichtige Zeugin gesellschaftlicher Veranstaltungen der damaligen Zeit, hinterließ in ihren Aufzeichnungen, daß die Schratt beim Industriellenball 1885, als sie Franz Joseph zum dritten Mal in ihrem Leben persönlich traf, »besonders hübsch ausgesehen und der Kaiser sich besonders lange mit ihr unterhalten« hätte. Das Gespräch fand auf der Estrade des Ballsaales statt und dürfte den Ausschlag für die nächste und vermutlich entscheidende Zusammenkunft dieser dann jahrzehntelang anhaltenden Verbindung gegeben haben.

      Als im Sommer desselben Jahres Kaiser Franz Joseph den russischen Zaren Alexander III. zu einer freundschaftlichen Zusammenkunft auf dem mährischen Schloß Kremsier traf – Gesprächsthema Nummer eins sollte die Balkanpolitik sein – war Frau Schratt wieder dabei. Als künstlerischer Höhepunkt des an und für sich hochpolitischen Treffens war ein Abend mit namhaften Wiener Künstlern vorgesehen. Das Illustrierte Wiener Extrablatt berichtet in seiner Ausgabe vom 26. August 1885 über »Die Kaiser-Entrevue in Kremsier«:

      »Selten hat eine Theater-Vorstellung einen so glänzenden Verlauf gehabt, als das théâtre paré, welches gestern Abends im Lehensaale des erzbischöflichen Schlosses stattfand. Vor Ankunft des Hofes lenkte sich das Interesse den russischen Würdenträgern zu, deren hohe Gestalten und ausdrucksvolle Mienen ihnen ein besonderes Gepräge geben … Nach einem kurzen Harfen-Präludium begann die Vorstellung. Frau Wolter und Frl. Wessely waren auf der Scene und führten den Schluß des ersten Actes der ›Sappho‹ auf. Das hoheitsvolle Spiel der großen Tragödin übte mächtigen Eindruck. Nachdem die Scene beendet, gab der Czar selbst das Signal zum Beifall, doch applaudirten nur die Allerhöchsten Persönlichkeiten, wie es der Hofsitte entspricht, und nicht nur mit Händeklatschen, sondern auch mit Zurufen: ›Sehr schön!‹, ›Bravo!‹, ›Ausgezeichnet!‹ gaben die Majestäten ihr Urtheil ab … Die frohe Stimmung steigerte sich beim Lustspiel ›Er experimentiert‹. Die Herrschaften lachten herzlich über Sonnenthal’s und Baumeister’s flottes Spiel, insbesondere über die vollendete Darstellung der Frau Schratt, die einen wirklichen Triumph feierte.«

      Als die Vorstellung beendet war, bat der Kaiser – allen höfischen Gepflogenheiten zum Trotz – auch die anwesenden Künstler zum Souper. Die Ehefrauen der Monarchen waren ebenfalls zugegen, und so lernte Kaiserin Elisabeth an diesem Abend Frau Schratt kennen, die ihr als Schauspielerin schon längst ein Begriff war.

      Kronprinz Rudolf, der ebenfalls

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