Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises. Frank Berger

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Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises - Frank Berger

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Mandronhütte zurück. Am 11. September gelangten die Bergsteiger bei günstigem Wetter auf das große Plateau der Cima del Cigolon (3048 m). Dann kamen Wolken auf, die Payer aber nicht daran hinderten, über ein steiles Eisfeld im Nebel den Felsgipfel Croz Val Cigola, die heutige Cima Presena (3066 m), zu besteigen. Ein Rückweg nach Bedole über den Passo dei Segni misslang, daher stiegen sie über die Scharte des Passo della Ronchina durch das Val Ronchina zur Malga Bedole ab.

      Am 12. September begann ein für die Südalpen und Italien verheerendes Unwetter, das Überschwemmungen und Zerstörungen mit sich brachte. Bei ununterbrochenem Regen harrte Payer bis zum 9. Oktober in Pinzolo aus. Denn zur Beendigung der Vermessung dieses Gebiets bedurfte es noch der Besteigung einiger Gipfel. Die einmonatige Regenzeit stellte Payers ohnehin nicht sehr ausgeprägte Geduld auf eine harte Probe, wie er selbst einräumte. Zu seinem Überdruss meldete sich auch noch das Magenleiden zurück.

      Erst am 11. Oktober klarte es auf und Payer konnte das „Gemsenleben“ wieder aufnehmen. Die Gruppe ging das Cercental aufwärts zum Cercenpass und wandte sich nach Westen zum Monte Cercen (3280 m). Am 13. Oktober stiegen die Männer nochmals das Cercental aufwärts über den Cercenpass, um den imposanten Monte Gabbiolo (3458 m) zu besteigen. Die tiefen Temperaturen von bis zu minus 15 Grad ließen die Steigeisen an den Schuhen festfrieren, dennoch arbeitete Payer fünf Stunden an Theodolit und Messtisch. Der gutherzige Haller schleppte ihn fast mit Gewalt zum wärmenden Feuer. Um 17.30 Uhr waren sie zurück in Bedole. Die letzte Besteigung im Presanellagebiet, überhaupt die letzte Unternehmung Payers in Welschtirol, erfolgte am 15. Oktober. Es ging um das Folgoridagebiet. In den drei Stunden von 5 bis 8 Uhr morgens bestiegen Payers Männer den Crozzon di Folgorida (3079 m). Zähneklappernd und zu leicht gekleidet in der Kälte konnte Payer die Metallgeräte kaum noch anfassen. Es war höchste Zeit, die Bergbesteigungen für dieses Jahr einzustellen. Am nächsten Tag beendete Payer oberhalb der Malga Muta seine topografischen Arbeiten. Am 17. Oktober erfolgte der Abmarsch von Pinzolo nach Tione. Einen Tag später in Trient entließ Payer Coronna in seine Heimat Primiero. In Bozen verabschiedete er sich von Griesmayer und Haller, beide ausgestattet mit sehr empfehlenden Dienstzeugnissen.

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      Johann Haller, Bergsteiger aus St. Leonhard im Passeier, Foto 1872 (Höbenreich 2007)

      In den Jahren 1864 und 1868 bestieg Payer insgesamt 36 Gipfel im Adamello-Presanella-Gebiet. Dabei handelte es sich 21-mal um Erstbesteigungen. Die beiden Unternehmungen des Jahres 1868 erschienen unter dem Titel: „Die Aufnahme der centralen Ortler-Alpen. (Gebiete: Martell, Laas und Saent); nebst einem Anhange zu den Adamello-Presanella-Alpen des Ergänzungsheftes 19“, erschien als Ergänzungsheft 31 der „Geographischen Mittheilungen“, Gotha 1872, 36 Seiten mit einer Karte 1:56.000 und einer Ansicht. Mit diesen beiden Besteigungs- und Kartierungsunternehmungen wurde Julius Payer zum Pionier der Alpinistik in dieser wunderbaren italienischen Gebirgsregion.

      KAPITEL 4

      PAYERS ZWEITE HEIMAT: DER ORTLER

       SULDEN-GEBIET (1865)

      Im Sommer 1865 lenkte Julius Payer seine Aufmerksamkeit auf die Ortler-Alpen, vor allem auf das Tal von Sulden mit dem sich im Süden anschließenden Gebirgsstock des Monte Cevedale. Der Hauptgrund für seine Besteigungen war die Verbesserung der Karten dieses Gebietes, da alle vorliegenden Blätter in den Einzelheiten der Nomenklatur und der Gebirgsformationen unzureichend waren. Die Maßstäbe der Karten waren alle zu klein, so hatte die Tiroler Generalstabskarte nur einen Maßstab von 1:144.000 (1 Zoll = 2000 Klafter). Zur Zeit ihrer Anlage im frühen 19. Jahrhundert fanden die Hochlagen der Gebirge kaum Berücksichtigung im Kartenbild. In dieser Hinsicht bedeutete Payers Karte mit 1:48.000 einen gewaltigen Fortschritt. Die Ortler-Alpen waren das höchste Gebirgsmassiv der Monarchie. Sie bilden eine gewaltige Felsmasse mit scharf ausgezackten Kronen und wilden Gebirgsspitzen, drapiert von ansehnlichen Gletschern in den oberen Bereichen, die teilweise bis zu den Talsohlen herabreich(t)en. Die Einfassung des Gebirgsstocks erfolgt im Norden durch den Taleinschnitt von Trafoi und im Osten durch den von Sulden. Das Suldental wurde zum Ausgangspunkt der Erkundungen im ersten Jahr. Die Bevölkerung des gesamten Tales betrug 180 Seelen mit St. Gertraud als größter Ansiedlung. Hier kam Julius Payer am 23. August 1865, aus Wien kommend, an.

      Payers Wirt in St. Gertraud war Pfarrer Eller (1829–1901), der seit 1863 in Sulden als selbständiger Geistlicher mit dem Titel eines Curaten tätig war. In seinem Pfarrhaus neben der Kirche, „Widum“ genannt, hatte er drei Zimmer für sechs Gäste zur Verfügung. Eller empfahl Payer als einzigen tauglichen Führer des Suldentales den Holzarbeiter Johann Pinggera (1837–1916), später „der alte Honnesle“ genannt. Mit Pinggera sollte Payer auf seinen weiteren Exkursionen im Ortlergebiet einen idealen Partner für seine hochalpinen Unternehmungen gefunden haben. Er beschrieb ihn (Payer 1865, S. 7) als 29 Jahre alt, untersetzt, stark, von sicherer Kühnheit, munterem, bescheidenem Wesen und von mäßiger Intelligenz, die bei den vorgenannten Eigenschaften gerne in Kauf genommen werden konnte.

      Königspitze vom Eisseepass, aquarellierte Zeichnung 1865 (PGM Ergänzungsheft 18)

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      St. Gertraud (Sulden), Zeichnung um 1880 (Th. Christomannos, Sulden – Trafoi, Innsbruck 1895)

      Am 24. August erfolgte die Besteigung der Suldenspitze (3376 m). Da Pinggera den Aufbruch versäumt hatte, begleitete Veit Reinstadler den Bergsteiger. Gewohnheitsmäßig machte Payer an markanten Punkten im Gelände Halt, um seine Aufnahmen und Zeichnungen anzufertigen. Um 13.45 Uhr mittags standen sie auf dem steinlosen Gipfel bei prächtiger Aussicht, umgeben von drei großen Gletschern. Um 19.15 Uhr waren sie nach 12-stündiger Abwesenheit im Widum zurück. Es folgten zwei Tage schlechten Wetters. Am Nachmittag des 27. Augusts ging Payer mit Pinggera, Veit Reinstadler und einem Träger vom Gampenhof hinaus ins Rosimtal, um gegen 19 Uhr auf 2600 m Höhe unter einem Felsen zu übernachten. Der Träger kehrte heim. Die schlaflose Nacht verursachte einen Aufbruch bereits um 4.30 Uhr morgens, so dass die drei um 7.45 Uhr den Gipfel der Vertainspitze (3545 m) erreichten. Nach zweistündigem Aufenthalt stiegen sie ab und waren um 14.30 Uhr im Gampenhof.

      Zwei Versuche zur Besteigung des Ortlers scheiterten durch Hagel und Regen. In der Nacht vom 29. auf den 30. August übernachteten sie am Fuß der Tabarettaspitze, kehrten aber um 6 Uhr morgens zum Widum zurück. Der 30. August brachte Dauerregen. Der 1. September, Payers 24. Geburtstag, begann sonnig. Sie stiegen zum Tabarettafelsen an, wurden abends aber durch Regen und Hagel zur Umkehr gezwungen. Deshalb wandten sich Payer und Pinggera am 2. September der Hinteren Schöntaufspitze (3325 m) zu. Sie passierten den Halleitpass, überquerten den Ebenwandferner und erreichten um 13.15 Uhr den klippigen Felskamm des Madritschjoches. Von hier stiegen sie in 45 Minuten zum Gipfel der Schöntaufspitze, der nur 5 Fuß im Quadrat groß war. Nach raschem Abstieg waren sie um 16.30 Uhr im Tal zurück.

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      Curat Eller vor seinem Haus (Th. Christomannos, Sulden – Trafoi, Innsbruck 1895)

      Die Besteigung des Ortlers war Payers langjähriger Wunsch. Sie wurde erst am 4. September durch klares Wetter möglich. Der Aufbruch geschah im Dunkeln um 2.15 Uhr morgens. Die Männer kamen Richtung Tabarettaspitze gut voran. Pinggera hatte den Ehrgeiz, nun „ganz allein einen Herrn auf den Ortler zu bringen.“ Während des Anstiegs leerten beide im Laufe des Vormittags drei Flaschen Wein gegen den Durst. Um 10 Uhr standen Payer und Pinggera auf dem Gipfel des Ortlers (3905 m) und genossen das Bergpanorama. Zwei Stunden lang führte Payer bei gutem Wetter auf der Spitze seine

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