Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises. Frank Berger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises - Frank Berger страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises - Frank Berger

Скачать книгу

sie um 16.45 Uhr in Trafoi und kamen um 22.15 Uhr abends in St. Gertraud an. Die Ortlerbesteigung, so schätzte Payer, war leichter als jene des Großglockners und ohne besondere Gefährlichkeit.

      Ein Tag war der Erholung gewidmet. Am 6. September brach Payer bereits um 3.15 Uhr in der Früh mit Pinggera und Joseph Rainstadler als Träger zur Königspitze auf. Um 4.30 Uhr waren sie schon an der Schönleitenhütte. Der Weg ging über den Suldenferner zum Fornopass (= Cedec-Pass zwischen Kreilspitze und Schrötterhorn). Ohne Reisepass standen sie an der Grenze zur italienischen Lombardei. Diese Formalität stellte jedoch kein Hindernis dar. Auf einem Schneefeld ließen sie Rainstadler zurück, der sechs Stunden auf die Rückkehr der Gefährten warten sollte. Die Ersteigung der Königspitze (3859 m) führte Payer und Pinggera über Passagen, die zu den gefährlichsten ihrer alpinen Unternehmungen zählten. „An der Grenze des Lebens“ balancierten sie auf der Gebirgsschneide. Um 14.25 Uhr standen sie auf dem geräumigen Gipfel der Königspitze und kamen nach einem „schauerlich gefährlichen“ Abstieg zum dritten Mann zurück. Dann passierten sie, nach Süden absteigend, den Lago di Zebru und kamen um 19 Uhr zur Alpe Forno (Malga di Forni), wo bei Feuer, Wein und Heulager eine prächtige Übernachtung anstand.

image

      Die „Ortler-Spitze“, Bleistiftskizze 1865 (Alpenvereinsjahrbuch 2003)

image

      Johann Pinggera im Alter (Steinitzer 1924)

image

      Der Monte Cevedale vom Martell-Tal aus, Holzschnitt von Edward Whymper nach einer Vorlage von Julius Payer (PGM Ergänzungsheft 29)

      Schon mitten in der Nacht wurden die Bergsteiger durch Eselsgeschrei, Flöhe, Kälte und laute Unterhaltung geweckt. Sie brachen am 7. September um 3.45 Uhr Richtung Cevedale-Spitzen auf. Schon um 7 Uhr waren sie am Cevedale-Pass. Die Besteigung des höchsten Cevedalegipfels (3762 m) beurteilte Payer als relativ mühelos. Sie erreichten den höchsten Punkt um 11.15 Uhr und verblieben eine Stunde oben. Bei einer zweiten Vesper vor dem Eisseepass um 14 Uhr mittags leerten sie das Fässchen Rotwein vollständig und gingen über den Suldenferner herab nach St. Gertraud, wo sie um 17.30 Uhr ankamen. Nach zwei Tagen, die der Ruhe und letzten Vermessungsarbeiten gewidmet waren, ging der Urlaub zu Ende. Am 10. September holte sein Freund Padilla Payer ab nach Wien.

      Die Aufnahme der Ortler-Alpen (Sulden-Gebiet und Monte Cevedale) durch Julius Payer erschien als Ergänzungsheft 18 der „Geographischen Mittheilungen“, Gotha 1867, im Umfang von 15 Seiten, einer Karte 1:48.000 und einer Ansicht im Farbdruck.

       DAS TRAFOIER GEBIET (1866)

      August Petermann war aufs Neue höchst angetan von der wissenschaftlichen und literarischen Qualität von Payers Arbeit. Ihm, dem nahezu tagtäglich Expeditionsberichte vorgelegt wurden, gefielen besonders die prächtig gezeichnete Spezialkarte und die künstlerisch ausgeführte Ansicht der Königspitze. Er rühmte Payer in seiner Zeitschrift wegen seines glühenden, alle Gefahren und Mühen verachtenden Enthusiasmus ebenso wie für die Gründlichkeit seiner Forschertätigkeit. Payer kündigte ihm bei der Übersendung des Manuskripts an, dass er heuer, also 1866, das Trafoier Gebiet des Ortlers durchforschen wolle. Doch im Juni stand der unselige, von Bismarck vom Zaun gebrochene, deutsche Bruderkrieg vor der Tür. Petermann, und nicht nur er, hielt diesen Krieg für verhängnisvoll und hatte Angst um das Leben Julius Payers: „Möge die gütige Vorsehung diesen eifrigen Beförderer der Spezial-Geografie vor dem Schicksal bewahren, ein Opfer der traurigen politischen Verhältnisse zu werden.“ (PGM 1866, S. 237f.)

      Payer überstand den Krieg unbeschadet. In Laibach konnte er am 1. September 1866 das Heer verlassen und, wie er sich ausdrückte, „das Schwert mit dem Alpenstock vertauschen“. Er reiste über Marburg, Villach, Lienz, Brixen, Bozen und Meran nach Prad, wo er am 8. September ankam. Hier traf er auf heimkehrende Heereseinheiten, das 2. Bataillon der Kaiserjäger, die Kompanien der Tiroler Landesschützen und die Armee Liechtensteins, welche das Stilfser Joch erfolgreich gegen überlegene italienische Kräfte verteidigt hatten. Während der Vorbereitungen in Prad kam sein bewährter Führer Johann Pinggera aus dem Suldental zu ihm und freute sich, den Herrn Leutnant unverletzt wiederzusehen. Pinggera war laut Payer der einzige verlässliche Führer des Ortlergebietes, von reger Sorge für den Reisenden und mit einer seltenen Orientierungsgabe versehen. Seine besondere Liebe galt dem Eis und steilen Schneewänden, wogegen er den Felsen eher mit misstrauischer Vorsicht begegnete. Payer schrieb über ihn: „Im Übrigen besitzt er eine überraschende Ähnlichkeit mit Pipin dem Kurzen.“

      Am 10. September stiegen Payer und Pinggera von Trafoi zur Franzenshöhe auf. Am 11. September gingen sie zum Stilfser Joch und trafen dort einen 30 Mann starken italienischen Vorposten an. Trotz der jüngsten Kriegsereignisse verkehrten die ehemaligen Kriegsgegner heiter und freundlich miteinander. Der Tag sah noch die Besteigung des Monte Scorluzzo (3111 m). Am 12. September erklommen Payer und Pinggera von der Franzenshöhe aus bei nebeligem Wetter die Tuckettspitze (3465 m). Die nächsten Tage war das Wetter schlecht. Zudem plagte Payer am 13. September eine Augenentzündung. Er wanderte herauf nach St. Gertraud. Hier erlebte er am 14. September die Rückkehr eines Engländers vom Ortlergipfel, den die Führer Joseph und Veit Reinstadler begleitet hatten. Payer begab sich zum Suldenferner und mit Pinggera zurück zur Franzenshöhe. Am 15. September hielt ihn schlechtes Wetter am Gletscherende bei den Heiligen Drei Brunnen zurück. Tags darauf war er im Regen mit Pinggera am unteren Ortlerferner. Nicht besser war es am 17. September, bei Regen waren sie am Madatschferner und übernachteten auf der Franzenshöhe. Am nächsten Tag gingen sie im Schneetreiben zurück nach Trafoi. An der Schwarzen Wand fertigte Payer am 19. September die Skizze für das Titelbild der gedruckten Ausgabe der an. Bis zu diesem Tag war das Wetter schlecht.

      Am 20. September bildete sich eine größere Bergsteigergruppe mit Leutnant Radinger vom Kaiserjägerregiment, dessen Bergführer Johann Thöni, Julius Payer und Johann Pinggera. Die beiden Ersteren erwiesen sich in den folgenden Tagen als erheblich schwächer als das bewährte Gespann. Alle verließen Trafoi um 4.45 Uhr, erreichten um 11.45 Uhr das Trafoier Joch und standen um 12.30 Uhr zu viert auf der Schneeglocke (3439 m). Die Wirtin von Trafoi konnte jeden Schritt der Gruppe mit dem Fernglas verfolgen, wie sie später erzählte. Das Weinfässchen, das sie den Männern mitgegeben hatte, wurde um 14 Uhr mittags geleert und gab den Bergsteigern neue Kraft („tat Wunder“).

      Der Abstieg ging in den Kessel des Val Marmotta. Am Abend schliefen sie auf den harten Brettern der Malga des Val Zebru. Am 21. September sollte der Monte Zebru erstiegen werden, wobei Radinger und Thöni darauf verzichteten, den Berg umgingen und am Ortlerpass warteten. Payer und Pinggera gerieten freilich in dichten Nebel, an unübersteigbare Felsen und glatte Eiswände, so dass sie sich gegen die Fortsetzung der Ersteigung entschieden. Auch der Abstieg erwies sich als Irrfahrt im wilden Chaos der Eisbarrieren. Sie trafen Radinger und Thöni um 13 Uhr am Ortlerpass, kamen gegen 17.30 Uhr zu den Heiligen Drei Brunnen und kehrten nach Trafoi zurück. Payer begab sich am 22. September nach Prad und ging zurück nach Gomagoi. Am folgenden Tag ging er hoch nach Trafoi und zum unteren Ortlerferner. Schlechtes Wetter verhinderte am 24. September jegliche Exkursion, so dass der Tag mit Kartierungsarbeiten ausgefüllt wurde.

image

      Ortler von der Schwarzen Wand aus, aquarellierte Zeichnung von Moritz Menzinger nach einer Zeichnung von Julius Payer 1866 (PGM Ergänzungsheft 23, 1868)

      Nach diesen drei Tagen schlechten Wetters stieg Payer am 25. September von seinem Trafoier Wirtshaus aus mit Georg Thöni vom Kaiserjägerregiment – denn Pinggera kam zu spät – über den Madatschferner auf die Vordere Madatschspitze

Скачать книгу