Wasserschloss zu vererben. Usch Hollmann

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Wasserschloss zu vererben - Usch Hollmann cabrio

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das einzige Kind meiner Eltern bin leider nur eine Tochter geworden – so ein Pech aber auch! Aber weil es bei den beiden nicht zu einem Sohn aus eigenem Fleisch und blauem Blut gereicht hat, muss wenigstens ein Schwiegersohn her, und zwar ein standesgemäßer. Ja, ich habe versprochen, ihn zu heiraten, aber sie haben mir auch etwas versprochen. Als ich vor Wochen mit meinem durchaus akzeptablen Abiturzeugnis nach Hause kam, hatte ich mir gewünscht, dass ich zur Belohnung für ein Jahr in die USA darf, um mein Englisch zu verbessern. Und wenn ich mein Versprechen halte, kann ich erwarten, dass sie ihres auch halten. Sie müssen mich vor der Hochzeit noch für ein Jahr von der Leine lassen, aber nun kämpfe ich schon seit einer halben Ewigkeit darum, dass ich mich endlich um einen Flug kümmern darf, weil …“

      Den Blick in den sonnigen Garten gerichtet, atmet sie tief durch.

      „Dahlmann, du hast es eben sicher gehört, was Mama gesagt hat: ‚Eine von Wallburg hält, was sie verspricht‘. Aber bei ihnen ist seit Monaten von ihrem Versprechen überhaupt nicht mehr die Rede. Jetzt sind sie wieder beleidigt abgezogen und nach oben gegangen. Ja, ja, ja, ich weiß, dass Mama sei Jahren schwer depressiv ist, ich nehme so gut ich kann auch Rücksicht darauf, auch wenn ich manchmal Zweifel habe, ob sie sich nicht – aus mir natürlich unbekannten Gründen – in diese Krankheit flüchtet. Und auch daran habe ich mich gewöhnen müssen, dass Papa immer mal wieder kurz vor dem Herzstillstand steht und keine noch so geringe Belastung überleben würde.“

      Agnes Dahlmann will etwas einwenden, aber Claudia ist nicht zu bremsen.

      „Und deshalb darf ich gar keinen Gedanken mehr äußern, der seiner Denkweise auch nur im Mindesten widerspricht. Wann immer es ihnen geboten scheint, ziehen sie sich kurz vor dem „Ende“ zurück, nehmen übel und lassen mich mit schlechten Gewissen sitzen. Dahma, wenn du wüsstest, wie sehr ich mich danach sehne, diesen Zwängen wenigstens für ein Jahr zu entkommen – bevor ich in den nächsten goldenen Käfig gesperrt werde. Am liebsten würde ich gleich morgen in den Flieger in die USA steigen.“ Sie ergreift einen Zipfel des Tischtuches und wischt sich mit ungeduldiger Geste ein paar Tränen aus dem Gesicht.

      „Und sie bringen mich immer wieder zum Heulen, auch wenn ich gar nicht heulen will. Das muss auch mal aufhören.“

      Die Haushälterin hat begonnen, das benutzte Geschirr aufeinanderzustapeln. Doch ehe sie damit in die Küche geht, stellt sie es noch einmal ab und nimmt Claudia in den Arm.

      „Laudi, mein kleines Mädchen.“ Unversehens sind beide in die Anrede aus Claudias Kindertagen verfallen: Dahma und Laudi. Sie streicht der weinenden Prinzessin liebevoll übers Haar.

      „Vielleicht solltest du versuchen, einen etwas weniger rebellischen Tonfall anzuschlagen, wenn du mit deinen Eltern sprichst. Dein Vater ist in der Tat schwer herzkrank und deine Mutter hat es nicht gerade einfach mit ihm. Was ihre zeitweiligen Anfälle von Depressionen betrifft, so finde ich, dass sie sich dennoch sehr tapfer hält.“

      Das „kleine Mädchen“ schlägt die Hände vors Gesicht.

      „Jajaja, und deshalb brauchen sie unentwegt Schonung und Nachsicht und müssen wie rohe Eier behandelt werden … Dahma, ich brauche auch manchmal Schonung und Rücksichtnahme, aber daran denkt niemand, und ich …“

      Claudia beginnt hemmungslos zu schluchzen.

      „Ich kann hier doch nicht ein ganzes Jahr untätig herumsitzen oder womöglich Monogramme in die Aussteuerwäsche sticken, bis Michael sein zweites Staatsexamen gemacht hat. Denn ehe er das nicht in der Tasche hat, denkt er nicht ans Heiraten. Und überhaupt – ich versteh ihn manchmal nicht – er ist so ehrgeizig, hat nur sein Studium und seinen zukünftigen Beruf im Kopf, träumt von einer glanzvollen Anwaltskarriere, von interessanten Fällen und …“

      Agnes Dahlmann unterbricht sie.

      „Kind, sei nicht ungerecht. In der heutigen Zeit ehrgeizig zu sein, ist kein Fehler, sondern ein Muss. Auch ihm als Adeligem fällt nichts in den Schoß, das weißt du selbst. Und – ich dachte immer, du liebst ihn?“

      „Ach, Dahma – Liebe, das ist ein großes Wort. Ja, er ist nett, er ist anständig, er sieht gut aus, die Lauensteins sind reich, er ist ganz bestimmt das, was man eine gute Partie nennt. Alle Mütter mit Töchtern im heiratsfähigen Alter wünschen sich einen solchen Schwiegersohn – und ich mag ihn ja auch, aber …“ Sie stockt.

      „Was, aber?“

      „Ich verzehre mich nicht nach ihm, ich bekomme keine ‚Schmetterlinge im Bauch‘ in seiner Nähe – Mama sagt, das käme erst in der Ehe, aber ob Mama das jemals erlebt hat, das mit den Schmetterlingen im Bauch? Ob die Verbindung mit Papa nicht womöglich auch eine Ehe aus Standesgründen war? Dahma, warst du eigentlich mal verliebt?“

      Die so Angesprochene streicht nachdenklich die Tischdecke glatt.

      „Ja, war ich – und wie!“

      „Oh, erzähl mal – wer war das, wie hieß er? Und warum hast du ihn nicht geheiratet?“

      Claudia wischt mit dem Handrücken die letzten Tränen ab und sieht ihre „Dahma“ erwartungsvoll an.

      „Er hieß Richard und war der Sohn eines Professors – und ich war die Tochter eines Tischlermeisters. Solche Standesunterschiede waren in meiner Jugend nicht zu überbrücken. Das hat sich bis zum heutigen Tage doch etwas gelockert, aber …“

      „Das denkst du“, unterbricht Claudia. „Schön wär’s. In normalen, also in bürgerlichen Gesellschaftsschichten, hat es sich vielleicht etwas gelockert, aber in ‚unseren Kreisen‘, wie meine Mutter zu sagen beliebt, gibt es noch haufenweise Ewiggestrige, die der Ansicht sind, kostbares blaues und ordinäres rotes Blut dürfe man nicht mischen. ‚Lila Blut tut niemand gut‘, das ist doch einer ihrer Standardsätze.“

      Nach einer Pause fährt sie resigniert fort:

      „Deswegen sind meine Eltern auch so versessen darauf, dass ihre einzige Tochter einen Blaublütigen heiratet. Und Papa will endlich einen Sohn haben. Er hat es mich oft genug deutlich spüren lassen, wie sehr er es bedauert, dass ich nur ein Mädchen geworden bin. Ach, Dahma, du durftest nicht nach deinem Herzen heiraten, aber ich darf auch nicht frei entscheiden. Standesunterschiede und Standesdünkel gibt es auch heute noch, sonst müsste ich doch nicht diesen guten, lieben, ehrgeizigen und langweiligen Michael zu Lauenstein heiraten. Vater fiele tot vom Stuhl, wenn ich ihm eines Tages einen Bürgerlichen als künftigen Schwiegersohn präsentieren würde. Und Mutter würde mich enterben – sie hat ja bei uns das ganze Geld und die Ländereien, auf die Onkel Edwin, Mutters blöder Bruder, so erpicht ist. Das ist ja auch einer der Gründe, weswegen ich Michael heiraten soll: Dass unser Geld mit dem der Lauensteins verschmilzt, dass Michael und ich viele Kinder bekommen und dass Onkel Edwin, dieser Nichtsnutz mit seinen riskanten Finanzgeschäften, in die Röhre kuckt. Aber erzähl mir weiter von deinem Richard, in den du verliebt warst – war auch er in dich verliebt?“

      „Nein, nein, und er war auch nie mein Richard, denn er hat ja gar nicht wissen können, wie es in mir aussah. Wir haben nur ein einziges Mal eher zufällig zusammen getanzt und danach hat er mich geküsst, aber mehr so bussibussi-mäßig. Und seitdem habe ich mich nach ihm ‚verzehrt‘, wie du es nennst, monatelang, und ich hatte die von dir erwähnten ‚Schmetterlinge im Bauch‘, wenn ich ihn nur von Weitem gesehen habe.“

      „Arme Dahma, aber hättest du keinen anderen heiraten können? Du warst doch sicher hübsch früher. Bist es ja heute noch … du könntest noch heute einen Mann finden.“

      „Ach, Kind, mit 45 Jahren

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