Wasserschloss zu vererben. Usch Hollmann

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Wasserschloss zu vererben - Usch Hollmann cabrio

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braucht – und weil ich ohne ‚Schmetterlinge im Bauch‘ niemanden heiraten wollte, bin ich ledig geblieben und eure Dahlmann und deine Dahma geworden – und das habe ich nie bereut. Besonders nicht deinetwegen, denn dadurch, dass deine Mutter andere Aufgaben übernehmen musste, bist du meine Laudi geworden. Du konntest lange keinen K-Laut sprechen. ‚Dahma, Dahma, Laudi Arm!‘ Das war immer so süß, wenn du nach mir gerufen hast.“

      „Das möchte ich noch heute manchmal rufen“, murmelt Claudia und drängt sich in die Arme der Haushälterin.

      „Du hast diesen Richard also nicht einmal geküsst … willst du damit sagen, dass du nie … also du hast nie … Dahma, bist du womöglich noch – Jungfrau?“

      „Aber Claudia, so etwas fragt man doch nicht … so etwas würde ich dich bei all unserer Vertrautheit nie fragen.“

      Agnes Dahlmann ist rot geworden. Sie schiebt Claudias von sich und streicht wieder mit fahrigen Händen über die längst tadellos geglättete Tischdecke.

      „Aber du dürftest mich so etwas ruhig fragen“, wendet Claudia lebhaft ein, „Denn du kennst mich, seitdem ich lebe, also immerhin seit fast 19 Jahren. Du kennst mich besser, als meine eigene Mutter mich kennt – ich habe ‚Dahma‘ gebrabbelt, noch bevor ich „Mama“ sagen konnte, und deshalb verrate ich es dir ungefragt: Ich bin keine Jungfrau mehr. Setz dich hin, bevor du vor Schreck umfällst.“

      Dahlmann lässt sich sichtlich erschüttert auf den nächsten Stuhl fallen. „Aber Claudia, ich …“

      „Dahma, ich war die letzte Jungfrau in unserer Abiturklasse, alle konnten irgendwann von ihren erotischen Ersterfahrungen berichten, nur ich nicht – das war ja schon fast peinlich.“

      „So etwas erzählt ihr euch gegenseitig? In meiner Jugend … Laudi, du machst mich sprachlos.“

      „Ach, Dahma.“ Claudia verfällt immer wieder in den Kosenamen aus längst vergangenen Kindertagen.

      „Diesbezüglich stand ich nicht wirklich unter dem Druck meiner Klassenkameradinnen – ich hätte mir jederzeit einen Liebhaber ausdenken können, um mich damit zu brüsten. Wer weiß, ob die anderen nicht auch dann und wann geflunkert haben. Notfalls hätte ich auch fröhlich gelogen. Nein, den eigentlichen Druck hat Vater ausgeübt.

      ‚Ist mit dir und Michael in jeder Beziehung alles in Ordnung?‘, fragte er manchmal. Anfangs wusste ich gar nicht, was genau er meinte, dann hakte Vater nach. ‚Ich meine – ist Michael ein richtiger Mann?‘ Wenn er sich getraut hätte, würde er wohl gefragt haben: ‚Ist dein Zukünftiger gut im Bett? Ist er imstande, der Vater meiner Enkel zu werden?‘ Dann hätte ich ihm wahrscheinlich ins Gesicht gesagt: ‚Ja, Vater, deine Sorgen sind unbegründet – er ist imstande, aber er bringt mein Blut nicht zum Kochen und er benutzt Kondome, weil wir erst nach seinem Examen heiraten und Kinder haben wollen – wir tun alles, damit ihr nicht wegen einer vorzeitigen Schwangerschaft eurer Tochter in den Schlagzeilen der bunten Blätter auftaucht und euer tadelloser Ruf einen Knacks bekommt – zufrieden?‘ Natürlich habe ich nie so reagiert, wohlerzogen und artig wie ich im Grunde bin, aber dass Michael mein Blut nicht zum Kochen bringt, dass ich mich nicht nach ihm ‚verzehre‘, das stimmt leider.“

      „Oh, mein Schätzchen, mein Herzenskind.“ Agnes Dahlmann wiegt ihre „Laudi“ in den Armen wie in längst verflossenen Kindertagen.

      „Aber wenn wir schon beim Thema sind, dann verrate ich dir noch etwas: Seit vorgestern weiß ich, wie es sein kann, wenn ein Mann nicht wie Michael pflichtgemäß, aber unbeholfen ‚den Druck aus dem Kessel lässt‘, sondern wenn jemand es schafft, echte Leidenschaft in einem zu wecken. Welches Gefühl dich überkommt, dass du nahe daran bist, den Verstand zu verlieren. Wenn du nicht nur Schmetterlinge im Bauch hast, sondern … ach, ich will dir nicht verspätet den Mund wässerig machen, arme Dahma, die du so etwas nie erlebt hast. Ich habe es erlebt – ob es aber ein Glück oder ein Segen ist, wird sich zeigen. Nur – wer der ‚Bösewicht‘ war, der mir den Pulsschlag lustvoll erhöht und die Blutzufuhr zum Herzen so beschleunigt hat, dass ich befürchtete, ohnmächtig zu werden – das werde ich niemandem erzählen, nicht meinen besten Schulfreundinnen und auch nicht meiner lieben treuen Dahma.“

      Die Haushälterin schweigt zunächst, fast peinlich berührt und zögert, ehe sie ihre Scheu überwindet und eine Frage stellte, die ihr auf der Zunge brennt:

      „War der ‚Bösewicht‘ wenigstens standesgemäß?“

      Claudia lächelt. „Keine Auskunft!“

      „Aber – wirst du Michael zu Lauenstein trotzdem heiraten?“

      „Ja, ich bin eine brave, folgsame Tochter, eine von Wallburg, die ihr einmal gegebenes Versprechen halten wird, aber vorher will ich noch ein wenig von der Welt sehen, auch wenn …“

      Die rufende Stimme der Fürstin unterbricht das Gespräch der beiden.

      „Dahlmann, könntest du bitte kommen?. Ich muss Dr. Mittmann anrufen und möchte nicht, dass mein Mann in der Zwischenzeit alleine ist.“

      Dahlmann windet sich aus Claudias Armen.

      „Ich komme, Fürstin, bin sofort bei Ihnen.“

      „Mutter, ich könnte auch …“

      Die Fürstin reagiert abweisend.

      „Meine liebe Claudia, deine Gesellschaft ist Vater in seiner momentanen gesundheitlichen Verfassung nicht anzuraten, wie du dir unschwer denken kannst, besonders nicht nach der Standpauke, die du uns eben überflüssigerweise gehalten hast. Nein, nein, Dahlmanns Obhut ist ihm auf jeden Fall zuträglicher.“

      Claudia liegt eine bissige Antwort auf der Zunge, aber Dahlmann bedeutet ihr zu schweigen.

      „Lass es gut sein, Laudi,“ murmelt sie halblaut. „Und was unser voriges Gespräch betrifft …“ Sie legt den rechten Zeigefinger auf ihre geschlossenen Lippen und flüstert im Vorbeihuschen: „Ich werde schweigen wie ein Grab.“

      „Ich weiß es zu schätzen, liebe, liebe Dahma.“

      Unwillig wendet Claudia sich an ihre Mutter.

      „Wenn ich hier also unerwünscht und überflüssig bin, dann gehe ich in den Stall zu Avra und ihrem Fohlen. Die Pferde freuen sich über meine Anwesenheit und sind dankbar für ein paar Streicheleinheiten – im Gegensatz zu manchen Menschen.“

      Die Miene der Fürstin verfinstert sich.

      „Du kannst dir deinen schnippischen Unterton sparen. Im Übrigen würde auch Vater sich über ein paar Streicheleinheiten seiner einzigen Tochter freuen, aber diese …“ Sie vollendet den Satz nicht, sondern bedeutet Dahlmann, ihr ins Schlafzimmer des Fürsten zu folgen.

      Claudia beherrscht sich nur mühsam. Sie schließt die Augen für einen kurzen Moment und atmet tief durch.

      „Dann muss ich mir wohl schon wieder reumütig an die Brust schlagen: Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa …“, murmelt sie halblaut, schluckt aber eine bissige Antwort herunter, um weiteren Unfrieden zu vermeiden. Dann geht sie entschlossenen Schrittes durch den Garten zu den Hofgebäuden, in denen auch der Reitstall untergebracht ist. Ihr Pferd Avra begrüßt seine Herrin schon von Weitem mit einem sanften, aber hörbaren Schnobern.

       2

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