Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt
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»Jetzt essen Sie, alles Weitere wird sich finden.«
Gewichtigen Schrittes ging sie, von Grete gefolgt, hinaus, und die beiden Mädchen machten sich über das Frühstück her, obwohl es ihnen nicht gerade freundlich gereicht worden war. Sie hätten es gewiß abgelehnt, wenn sie nicht so hungrig gewesen wären; denn sie hatten seit gestern mittag nichts mehr gegessen. Also ging der Hunger über ihren Stolz, und sie ließen sich das ländliche Frühstück gut munden.
*
Bevor Karola nach unten ging, sah sie sich hier oben erst einmal um und bemerkte einen langen, breiten Korridor, der rechts eine Anzahl Flügeltüren und links Nischen mit Fenstern aufwies. Obwohl das alles dringender Reparatur bedurfte, machte es dennoch irgendwie einen feudalen Eindruck, wie man diesen nur in alten Herrenhäusern findet. Ein Duft umwehte sie wie von Rosen und Lavendel.
Langsam stieg Karola die breite, kunstvoll geschnitzte Treppe hinab, deren Läufer immer noch dick und weich war, obwohl er abgetretene Stellen aufwies.
Und dann die Halle mit ihrem Mosaikboden, den altertümlichen Truhen und Schränken, den wuchtigen Sesseln vor dem Marmorkamin, den nachgedunkelten Bildern in schweren Goldrahmen, den Fellen, altertümlichen Waffen – das alles machte Karola Arnhöft, die als Pflegekind der reichen Wiederbachs an allerlei Pracht gewöhnt war, nun doch beklommen. Wo war sie hier nur hingeraten!
Zögernd stand sie da, nicht wissend, welche der vielen hohen und reichgeschnitzten Türen sie öffnen sollte, bis sie hinter einer Stimmen hörte, da gab sie sich einen Ruck, klopfte.
Und stand gleich darauf in dem Wohngemach, wo Familie Hörgisholm vollzählig versammelt war. Mollig warm war es darin und ungemein traulich. An dem Sekretär, ein Prunkstück alter solider Wertarbeit, saß die Hausherrin und machte Eintragungen ins Wirtschaftsbuch. Ermenia strickte, und die beiden Herren lasen landwirtschaftliche Berichte. In einer Ecke tickte die Standuhr, auch ein altes Prachtstück mit gemütlichem Brummton, in der Ofenröhre summte das Wasser. Die einzigen Geräusche in dieser friedlichen Stille, die dann der Eintritt des Fremdlings unterbrach. Die beiden Herren sprangen auf, Rupert von Bärlitz trat auf sie zu – und als Karola in das hagere Aristokratengesicht mit dem Monokel sah, da festigte sich die Vermutung, die sie auf dem Weg hierher hatte.
»Oha, da haben wir ja schon eines unserer Schneevöglein, die uns die eisige Silvesternacht ins Haus wehte«, klang seine tiefe Stimme auf. »Darf ich nachholen, was wir angesichts Ihrer gestrigen Erschöpfung unterlassen mußten, und Sie willkommen heißen? Gestatten: Rupert Bärlitz, und die andern, meine Schwester mit ihrem Sohn und ihrer Schwägerin, nennen sich Hörgisholm.«
Nachdem die allgemeine Begrüßung erfolgt war, nahm man Platz, und Erdmuthe sagte nach einem prüfenden Blick in das Gesicht des Gastes:
»Angegriffen sehen Sie schon noch aus, Fräulein Arnhöft. Schließlich auch kein Wunder nach der entsetzlichen Strapaze.«
»Die ich jedoch ganz gut überstanden habe«, entgegnete Karola verlegen. »Es ist mir nur so schrecklich peinlich, daß ich Ihnen hier die Silvesterfeier störte.«
»Nun, nun«, wehrte die Hausherrin liebenswürdig ab. »Es braucht Ihnen gewiß nicht peinlich zu sein, was wir als Selbstverständlichkeit erachten. Wie geht es Fräulein Wiederbach?«
»Auch sie hat alles ganz gut überstanden – bis auf das Knie. Wohl ist die Geschwulst erheblich zurückgegangen, aber vielleicht ist es doch besser, wenn meine Verwandte in ärztliche Behandlung kommt. Daher werde ich zu Hause anrufen und den Wagen bestellen, ich müßte nur wissen, welchen Weg der Chauffeur einschlagen muß. Wollen Sie mir bitte den Weg erklären?«
»Gern«, gab Rupert Antwort. »Aber ich fürchte, daß der Wagen nicht durch die Schneemassen kommt, die vom scharfen Nordost stellenweise zu Schanzen aufgeweht sind. Wohl könnten wir Ihnen einen Schlitten zur Verfügung stellen, aber ob er es schafft, ist gleichfalls fraglich. Die einzige Möglichkeit, von hier wegzukommen, wäre die Kleinbahn – wenn nicht auch sie wegen Schneeverwehungen die Fahrt einstellen muß.«
»Aber es gibt doch Schneepflüge, um die Straßen frei zu machen.«
»Was einer Danaidenarbeit gleichkäme«, warf Bärlitz trocken ein. »Schauen Sie doch mal nach draußen, wie es da lustig weiterschneit. Diese weißen Massen decken im Nu wieder zu, was die Pflüge wegschafften. Die müssen sowieso schon Tag und Nacht auf Tour sein, um wenigstens die Hauptstraßen einigermaßen befahrbar zu halten, wir jedoch liegen drei Kilometer von der Chaussee entfernt.
Und nun machen Sie nicht so ein unglückliches Gesicht, gnädiges Fräulein. Wenn Sie einige Tage hier ausharren müßten, wäre das denn so schlimm?«
»Ganz gewiß nicht, aber wir können Ihnen doch nicht noch länger zur Last fallen.«
»Na, so unleidlich werden Sie sich doch wohl nicht benehmen«, lachte Erdmuthe. »Am wichtigsten ist momentan, daß Sie sich zu Hause melden, wo man sich um Ihr und Fräulein Wiederbachs Ausbleiben Sorge machen wird, oder etwa nicht?«
»Nein, gnädige Frau. Man nimmt dort an, daß wir uns in der Schneeberger Skihütte befinden, wo wir mit anderen Mitgliedern des Skiklubs Silvester feiern wollten. Bei uns kann nämlich jeder nach seiner Fasson selig werden.«
»Auch die Tochter des Hauses?«
»Die ganz besonders, gnädige Frau. Gudrun bekam schon als Kind jeden Willen, weil die Eltern in sie vernarrt waren. Also kein Wunder, daß sie sich zu einer kleinen Tyrannin auswuchs, die nur einen Willen kennt: den eigenen.«
»Ach du liebes bißchen«, kratzte Rupert sich den Kopf. »Jetzt sagen Sie bloß noch, gnädiges Fräulein, daß die junge Dame schön und reich ist.«
»Stimmt«, lachte Karola. »Dazu verfügt sie noch über einen Charme, dem niemand sich entziehen kann – ich leider auch nicht immer. Damit macht sie mir meine Beschützerrolle bestimmt nicht leicht.
Ich habe nämlich ihrer Mutter, die vor vier Jahren an einer unheilbaren Krankheit langsam zugrundeging, versprechen müssen, Gudrun nie zu verlassen, was ich ohnehin nicht getan hätte. So kann ich wenigstens den Dank an die Tochter abstatten, zu dem ich der Mutter stets verpflichtet war. Denn sie nahm mich, als die meine starb und ich somit verwaiste – mein Vater war schon zwei Jahre früher gestorben – in ihr Haus, behandelte mich genauso liebevoll wie ihr eigenes Kind und hat mich im Testament auch noch mit einem guten Batzen bedacht. Und wenn ich nun noch sage, daß der Witwer nach Ablauf des Trauerjahres die Witwe seines Konkurrenten heiratete, dadurch die beiden Werke miteinander verschmelzend – und daß die Witwe einen Sohn mit in die Ehe brachte, so habe ich alles das gesagt, was Sie wissen müssen von Ihren Gästen – auch wenn es nur hereingeschneite sind.«
»Und wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen, Fräulein Arnhöft«, sagte Erdmuthe herzlich. »Darf ich nun noch fragen, wie das Verhältnis zwischen Stieftochter und Stiefmutter ist?«
»Die vertragen sich gut, weil sich einer um den andern nicht kümmert.«
»Und was sagt Herr Wiederbach dazu?«
»Der ist zufrieden, daß es keinen Streit gibt. Er gehört nämlich zu den Menschen, denen persönliche Ruhe heilig ist.
Im übrigen lebt es sich gut in dem großzügigen Hause, wo Geld gewiß keine Rolle spielt.