Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt
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Und nun ab mit dir! Grüß mir all die schönen Frauen da unten im Süden. Vielleicht finde ich mich auch bald ein, um mich wieder einmal an ihrem Anblick zu berauschen.«
»Trutz, was bist du doch für ein prachtvoller Kerl«, sagte Gisbert leise. »Denn so viel Verständnis bringt wohl kaum ein anderer Mann auf. Hauptsächlich dann nicht, wenn es um die – eigene Frau geht.«
»Mein lieber Gisbert, es kommt immer ganz darauf an, wie der Fall liegt. Einem Schurken würde ich gewiß kein Verständnis entgegenbringen, aber bei einem anständigen Menschen, der sich spontan zu einer unüberlegten Handlung hinreißen ließ, da ist es einfache Menschenpflicht, ihm helfend die Hand entgegenzustrecken. Hier hast du sie – dann geh mit Gott und kehre uns als das ›kreuzfidele Haus‹ wieder, als das wir dich bis dahin in Erinnerung behalten werden.«
Seine Hand wurde mit festem Druck umspannt, noch ein langer, schmerzvoller Blick auf Ragnilt – und dann stürmte der junge Mann in langen Sätzen dem Schloß zu.
»Armer Kerl«, sprach Trutz ihm mitleidig nach. »In seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken. Ich kann mir denken, wie ihm zumute ist.
Ja, ja, meine liebe Ragnilt, das da ist dein Werk«, wandte er sich der Gattin zu, dabei auf den Enteilenden zeigend. »Nun weide dich daran.«
»Trutz – aber, Trutz!« fuhr sie aus der Erstarrung auf, in der sie bisher verharrte. »Du glaubst doch nicht etwa, daß ich schuld an dem allen bin?«
»Wenn auch nicht direkt, so doch indirekt«, kam es hart zurück. »Du bist von einer entwaffnenden Unbekümmertheit, das will ich ohne weiteres zugeben – und auch naiv. Aber so naiv kann kaum das jüngste Mädchen sein, um nichts von der Verliebtheit eines Mannes zu spüren. Und du zählst einundzwanzig Jahre, hast sogar schon ein Kind, das ja nicht vom Himmel gefallen ist«, setzte er sarkastisch hinzu. »Also müßtest du immerhin mehr Erfahrung haben als ein ganz unberührtes Mädchen.«
»Schweig – um Himmels willen, schweig!« Ragnilt hielt sich verzweifelt die Ohren zu. Wie in Purpur getaucht erschien ihr Gesicht, der Blick flirrte an dem Mann vorbei. »Ob du es glaubst oder nicht, ich hab’ von Gisberts Verliebtheit nichts gemerkt. Er ist mir ja auch noch nie so unbeherrscht begegnet wie heute, noch nicht einmal plump vertraulich, immer nur als fairer Kamerad. Ach, was soll ich da noch länger reden«, sprach sie mutlos weiter. »Du glaubst mir ja doch nicht. Das sehe ich deinen Augen an, in denen die verflixte Ironie glitzert. Denk von mir, was du willst – Hauptsache, daß ich mich vor mir selbst nicht zu schämen brauche.«
Die Stimme brach ihr vor Erregung. Brüsk wandte sie sich ab und lief davon, durch den weiten Park, über die Terrasse und dann immer weiter, rannte so gehetzt wie um ihr Leben. In ihrem Schlafzimmer warf sie sich auf den Diwan und ließ den Tränen freien Lauf. Weinte wie ein Mensch, der Weg und Steg verlor, der sich in der Verirrung nicht mehr zu helfen weiß.
Was ist denn nur mit den Männern los? dachte sie verzweifelt. Der eine schüttelt mich ab wie ein lästiges Insekt, der andere wiederum verliebt sich in mich. Und ich will doch weder von dem einen noch von dem anderen was wissen – schon gar nichts von der vielgepriesenen Liebe. Lieber Gott, sei barmherzig und beschütze mich vor allen Männern der Welt.
*
Als Trutz auf der Terrasse anlangte, und zwar gemächlichen Schrittes, schaute er in zwei verstörte Gesichter.
»Trutz, was um alles in der Welt, ist denn geschehen?« fragte die Großmutter erregt. »Zuerst lief Gisbert an uns vorüber, als ob er gejagt würde, bald darauf tat es Ragnilt. Sind die beiden etwa…?«
»Ja, sie sind«, kam die Antwort gelassen. Mit einer Ruhe, die andere rasend machen konnte, ließ Trutz sich in einem Korbsessel nieder, entnahm dem Etui eine Zigarette, steckte sie in Brand, lehnte sich zurück und schlug ein Bein über das andere.
»Junge, so sprich doch endlich!« herrschte die alte Dame ihn an. »Du hast manchmal eine ganz verflixte Art, erregte Menschen mit deiner philosophischen Gelassenheit auf die Folter zu spannen!«
Da ließ er sich endlich herab, Bericht zu erstatten. Als er beendet war, sagte Hermine betroffen:
»So war das also. Nun, da sind auch wir nicht schuldlos, weil wir wußten, daß Gisbert für Ragnilt mehr empfindet als seiner Herzensruhe dienlich ist. Ergo hätten wir nicht so vertrauensselig sein dürfen, sondern mehr auf die beiden achten müssen.«
»Was ich ja tat«, warf Trutz gelassen ein. »Sonst wäre ich wohl kaum zur Stelle gewesen, als das Herz mit dem Verliebten durchging. Der Junge ist weiß Gott ein anständiger Mensch, der bestimmt nicht skrupellos in eine Ehe einbrechen wird – aber er ist ein einundzwanzigjähriger Heißsporn – und Ragnilt eine Mensch gewordene Lorelei.«
»Welch ein abscheulicher Vergleich!« entrüstete Brunhild sich. »Von der männermordenden Sirene hat unsere Kleine doch wahrhaftig nichts an sich. Da sag schon lieber Circe.«
»Als ob das nicht dasselbe wäre«, lachte Trutz amüsiert. »Ob sie da so heißen oder so, gefährlich sind sie alle.«
»Du scheinst da so allerlei Erfahrungen gesammelt zu haben«, bemerkte die Großmutter trocken, und er schmunzelte.
»Kannst du mir das verdenken? Aber beruhige dich, ich habe mich stets aalglatt aus jeder Affäre gezogen.«
»Und dein Herz?«
»Das blieb von allen Scharmützeln unberührt.«
»Na, wenigstens ein Trost. Aber schweifen wir nicht von dem Nächstliegenden ab. Beraten wir lieber, was nun werden soll. Denn so kann deine Ehe doch unmöglich weitergehen.«
»Und warum nicht?«
»Weil sie ein Unding ist.«
»Liebe Großmama«, entgegnete er gelassen, dabei den Zigarettenrest in die Aschenschale drückend. »So manche Ehe ist ein Unding – und besteht doch. Wahrscheinlich darum, weil die Ehepartner zu gewissenhaft oder auch zu bequem sind, um ein Verhältnis, an das sie sich gewöhnt haben, zu lösen.«
»Na, wenn du kein Egoist bist, dann gibt es so was überhaupt nicht!« war Brunhild empört. »Du magst ja so bequem sein – aber deine Frau? Ich zittere direkt vor dem Augenblick, da ein Mann in ihr Leben tritt, der ihre Schönheit, ihren bezaubernden Charme genügend zu würdigen weiß… und…, und…«
»Ist doch bloß gut, daß du stotterst, Brunchen«, lachte er sie einfach aus, sich dabei eine Pfeife stopfend. »So bleibt das wenigstens unausgesprochen, was man beinahe befürchten könnte. Aber auch nur beinahe. Denn Ragnilt ist eine so gute Mutter, daß sie lieber auf persönliches Glück verzichten würde, als ihr Kind aufzugeben, das bei einer Scheidung mir zugesprochen würde – weil sie dann eben der schuldige Teil wäre. Denn was ich vor ungefähr drei Jahren tat, ist nicht mehr gültig, weil ich ja zu meiner Frau zurückkehrte und so eine Fortsetzung der Ehe wünschte. Aber falls sie sich einen Liebhaber anschafft…«
»Pfui, Trutz!«
»Aber was denn, Brunchen, ich sagte doch: falls. Im übrigen wollen wir uns über ungelegte Eier nicht den Kopf zerbrechen,