Elfenzeit 2: Schattendrache. Verena Themsen
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Читать онлайн книгу Elfenzeit 2: Schattendrache - Verena Themsen страница 7
Rian seufzte. »Und wo können wir mehr darüber erfahren, wo der echte sein könnte? Oder der, der am ältesten ist?«
»Am ehesten in der Touristeninformation am Markt, würde ich sagen. Da können Sie dann auch gleich unseren Wormser Siegfriedbrunnen bewundern, der steht nämlich auch dort. Und sie sollten unbedingt den Dom anschauen, das Schmuckstück unserer Stadt. Der ist ebenfalls nur wenige Meter weit weg davon.«
Der Mann nahm etwas aus einem Fach und legte es auf den Tresen. »Das hier ist ein Stadtplan. Da finden Sie die Touristeninformation eingetragen, und auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten unserer schönen Stadt. Legen Sie sich nicht zu sehr auf diesen Brunnen fest – Worms hat viel Schönes zu bieten. Dies ist eine der ältesten Städte Deutschlands und ist Ort vieler historisch bedeutender Ereignisse gewesen, von den sagenhaften mal ganz abgesehen. Und nicht umsonst wird es zudem als eines der romantischsten Städtchen Deutschlands bezeichnet. Hier lebt die Geschichte eben noch.«
»Romantisch?« Rian lächelte wieder, und der Mann erwiderte das Lächeln unwillkürlich. »Ja, vielleicht sehe ich mich wirklich noch etwas mehr um. Also sagen wir zwei Nächte. Oder …« Sie sah erneut kurz zu ihrem Bruder, doch dieser studierte die Flaschenreihen im Regal der Bar, und Rian wandte sich wieder dem Rezeptionisten zu. »Nehmen wir drei.«
»Gut. Wenn Sie mir Ihren Ausweis dalassen, fülle ich den Meldeschein für Sie aus. Es sind nur Sie und …« Sein Blick wanderte zu David.
»Mein Bruder David. Ja, nur wir beide.« Rian zupfte ein Blatt von einer Pflanze neben dem Empfangstresen, schüttelte es kurz und reichte es dann dem Mann. »Hier mein Ausweis.«
»Danke schön. Sie erhalten ihn morgen früh zurück.« Der Mann legte das Blatt neben seine Tastatur, kam dann hinter dem Empfangstisch hervor und suchte mit seinem Blick den Boden ab.
»Kein Gepäck?« Er sah Rian fragend an.
»Oh, ja …« Erst jetzt fiel der Elfe auf, dass sie die beiden in Paris gepackten Reisetaschen im Zug vergessen hatten. »Ähm … das Gepäck kommt nach. Hoffentlich.«
»Ah. Auf dem Flug verloren gegangen?«
»Ja. Genau so ist es.«
»So etwas kommt leider häufig vor. Sollten Sie etwas brauchen – Kosmetikartikel oder ähnliches –, sagen Sie mir Bescheid, ich kümmere mich darum.«
»Nein danke, alles was wir heute Abend brauchen, haben wir, und morgen werden wir uns einfach neue Sachen kaufen, falls das Gepäck nicht rechtzeitig ankommt.«
»Gut.« Der Mann nickte und reichte Rian eine Schlüsselkarte und erklärte die Nutzung. »Ich wünsche eine gute Nacht.«
»Danke. Ich denke, die werden wir haben.«
Rian ließ den Stadtplan und die Schlüsselkarte in ihre Umhängetasche fallen und drehte sich zu David um. In diesem Moment kreischte die junge Frau an der Bar auf und ließ ihr Glas fallen. Blass deutete sie auf die Flasche auf der Theke.
»Der … der Wurm … er hat sich bewegt! Er ist rumgeschwommen! Da, schau!«
»Aber Mausi, das kann doch nicht sein, der ist tot!« Der junge Mann lachte auf.
Der Mann vom Empfang murmelte eine Entschuldigung und hastete zur Bar, um die Scherben aufzusammeln.
»Pirx, lass das!« zischte Rian dem Pixie zu.
»Tut mir leid«, piepste er. »Manchmal geht es einfach mit mir durch …«
»Tunichtgut«, brummte Grog leise und packte den Pixie mit geübtem Griff durch die Mütze hindurch an den Kopfstacheln, um ihn hinter David und Rian her zum Aufzug zu ziehen. »Man weiß manchmal wirklich nicht, was man mit dir anfangen soll.«
Am nächsten Morgen standen die Elfen bei Sonnenaufgang auf und bedienten sich am Frühstücksbuffet an Früchtesalat und süßen Brotaufstrichen. Grog und Pirx bekamen ebenfalls unauffällig ein paar Früchte zugesteckt mit der geflüsterten Anweisung, sich aufs Zimmer zurückzuziehen. Durch die Fenster des Frühstücksraums konnte man sehen, dass die Regenwolken des Vortags zum Großteil vom Wind davongetrieben worden waren, und als die Elfen später auf die Straße traten, spiegelten sich die Strahlen der Morgensonne in den verbliebenen Pfützen und tauchten das Städtchen in ein angenehmes goldgelbes Licht.
»Es ist schön hier, wenn es nicht gerade regnet«, sagte Rian, während ihr Blick an einer stuckverzierten Hausfront ein Stück weit die Straße hinunter hängenblieb. Die Verzierungen zeigten ineinander verschlungene Blumenranken und Blüten, die in Rian erneut die Erinnerung an ihr Heimweh vom Vortag weckten.
»Wie du meinst«, meinte David. »Aber das hilft uns nicht weiter. Wo ist dieser Stadtplan?«
Rian zog den Plan aus ihrer Tasche und entfaltete ihn. Gemeinsam mit ihrem Bruder enträtselte sie die Einträge darauf, bis sie schließlich einigermaßen einig waren, welchen Weg sie wählen mussten. Rian steckte den Plan wieder weg und eine zweistündige Odyssee durch die Straßen von Worms begann.
Als sie schließlich zum fünften Mal auf den alles überragenden gotischen Dom zuhielten, um sich von dort aus neu zu orientieren, fanden sie sich unvermittelt an einer Kreuzung wieder, auf deren anderer Seite neben einer zurzeit geschlossenen Eisdiele einige Marktstände und -wagen aufgebaut waren. Erfreut stopfte sich Rian einen von den Nougattrüffeln in den Mund, die sie umgehend erworben hatte, und zeigte auf die Kirche, die sich darüber erhob.
»Das muss diese Heilig-Geist-Kirche sein«, rief sie. »Dahinter ist es!«
»Wenn du nicht an jedem Laden mit Süßigkeiten oder Glitzerzeug angehalten hättest, könnten wir schon längst da sein«, bemerkte David lakonisch. »Also gehen wir.«
Sie warteten nicht bis zur nächsten Grünphase, sondern eilten schnell über die ohnehin leere Straße. Die Aufregung ließ Rian wie ein junges Reh weiterrennen, zwischen den wenigen Marktbesuchern hindurch und zur Ecke der Kirche. Dort erhob sich ein zweistöckiger Brunnen, auf dessen Spitze ein steinerner Krieger sein Schwert in einen schlangenartigen Drachen trieb. Erstaunt blieb sie stehen und starrte hinauf, bis sie Davids Schritte neben sich hörte.
»Schau mal!«, rief sie aus und wandte sich ihm zu. »Glaubst du, dieser Siegfried hat tatsächlich einen der Drachen getötet?«
»Ist mir einerlei«, antwortete David gereizt. »Aber da drüben ist das große I für Information, und da gehe ich jetzt hin!«
»Oh.« Rian warf einen letzten Blick auf die Statue, ehe sie David folgte. Als Grog keuchend zu ihr aufschloss, Pirx hinter sich im Schlepptau herziehend, sah sie zu ihm hinunter und lächelte. »Sag mal, Grog, hast du welche von den alten Drachen gekannt?«
»Uff«, antwortete der Kobold und versuchte, wieder zu Atem zu kommen, während er neben ihr in einen gleichmäßigen Trott fiel, um ihren langen Schritten zu folgen. »Schon. Ich habe den einen oder anderen von ihnen getroffen. Ist aber eine ganze Weile her. Ich schätze, die sind noch seltener geworden als die Riesen.« Grog blinzelte leicht, und Rian musste schlucken, als sie an ihren Vater dachte.
In diesem Moment erklang vor ihr die leise Glocke der Eingangstür zur Touristeninformation, und Rian beeilte sich, die Tür für Grog und Pirx aufzuhalten, ehe sie selbst eintrat. Eine Viertelstunde später kamen sie wieder heraus, um einige Karten und Broschüren zu Worms, dem Nibelungenlied und der Siegfriedstraße