Und über uns die Ewigkeit. F. John-Ferrer
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Читать онлайн книгу Und über uns die Ewigkeit - F. John-Ferrer страница 11
Und dann, ebenso schlagartig wie alles begonnen hat, setzt der Feindbeschuss aus. Um so wütender aber schießt jetzt die Küstenbatterie. Weit draußen, im schmutzigen Grau, zwischen Pulverqualm und Nebel, drehen die feindlichen Schiffe ab und verschwinden.
In den Deckungsgräben regt sich Leben. Bleiche, ängstliche Gesichter schauen über den Erdwall.
»Ach du grüne Neune!«, stammelt jemand, als er einen Blick über das Hafengelände wirft.
Lichterloh brennt das Öllager. Granattrichter bedecken den Boden. Im Hafenwasser liegen die Trümmer der ehemaligen Fischerboote. Herumfliegende Granatsplitter haben das Kommandanturgebäude angefressen. Kein Fenster ist heil geblieben. Der große Funkmast ist umgeknickt und liegt auf dem Dach des Gebäudes.
Von überall her kommen Soldaten gelaufen. Heisere Kommandos erschallen. Auf der Mole liegen drei, vier Gestalten.
»Hilfe! Sanitäter!«
Dr. Kempf, der hier stationierte Truppenarzt, jagt mit einem schweren Beiwagen-Krad vom Dorf her, wo er ein paar Franzosen in den Häusern besucht hat. Einem normannischen Bauern hat er einen Brustabszess geöffnet, einer Frau bei der Geburt geholfen und einer alten Fischersfrau ein paar Baldriantropfen für das Herz geschenkt. Humane Kleinigkeiten im Feindesland. Gesten der Menschheit, die höchstens ein verlegenes »Merci« einbringen.
»Schwester Doris!«
Da kommt sie schon, mit fahlem Gesicht, verschmutzt, zerzaust. Neben ihr geht Rudolf; er weicht ihr nicht mehr von der Seite.
»Es gibt zu tun«, sagt der Arzt, ein beleibter, gutmütiger Endvierziger. »Zum Donnerwetter, wo ist das Sanitätspersonal! He, Kumpfmüller! Die Tragen her!«
Der Sanitätsunteroffizier und ein paar weitere Soldaten sammeln die Verwundeten auf. Auf der Mole wimmern drei. Der vierte ist tot. Mit einer fürchterlichen Stirnwunde liegt er auf dem Rücken und starrt mit glasigem Blick in den Himmel hinauf.
Wo kurz zuvor noch der Benzinkocher so friedlich gesummt hat, herrscht nun aufgeregte Betriebsamkeit. Der Behandlungstisch wird zum Operationstisch. Der Sterilisationsapparat zischt. Dr. Kempf wäscht sich die Hände. Doris bindet ihm den weißen Kittel zu.
»Was wollen Sie denn hier?«, fragt Dr. Kempf, als er eine Gestalt zwischen Tür und Angel des Nebenzimmers stehen sieht.
»Ein Bekannter von mir«, erklärt Doris. »Leutnant Brechtmann von der sechsten Jagdstaffel.« Und zu Rudolf: »Bitte gehen Sie jetzt, Rudolf, Sie sehen ja!« Sie eilt auf ihn zu und reicht ihm die Hand. »Wir hören noch voneinander und danke für Ihren Schutz!«
»Ich möchte helfen, irgendwie helfen«, stößt Rudolf hervor.
»Sind Sie etwa Arzt?«, fragt Dr. Kempf.
»Nein.«
Getrampel an der Tür. Man schleppt den ersten Schwerverwundeten herein. Er ist ohnmächtig und liegt verkrümmt auf der Bahre.
Dr. Kempf zieht die Gummihandschuhe über und dirigiert: »Auf den Tisch. Langsam! Vorsichtig!«
Doris eilt zum Instrumentenschrank. Sie hat jetzt keine Zeit mehr für den verdattert dastehenden Leutnant der sechsten Jagdstaffel. Doris’ Aufgabe beginnt. Es gilt zu helfen, Dr. Kempf zu assistieren. Die erste blutige Arbeit im neuen Dienstbereich! Schon beugt sich Dr. Kempf über den Schwerverwundeten. Ein Sanitäter schneidet blutige Uniformfetzen von den Beinen.
Als Doris einen Blick zur Verbindungstür wirft, ist Rudolf verschwunden. Er hilft mit, die Verwundeten einzusammeln. Über ein Dutzend hat es erwischt, teils schwer, teils leichter. Vier Tote findet man zwischen Trümmern und im Hafengelände verstreut.
Zusammen mit einem Sanitätsunteroffizier trägt Rudolf die Verwundeten in den Behandlungsraum. Die leichteren Fälle werden gleich abtransportiert, die schweren nimmt Dr. Kempf unters Messer. Trotz des scheinbaren Durcheinanders herrscht eine klare Linie in den Kommandos. Sankas brummen heran und übernehmen stöhnende Lasten, ein Feuerlöschzug ist plötzlich da und bekämpft den Lagerbrand, Aufräumungstrupps gehen der Trümmerlandschaft zu Leibe.
Als die Dunkelheit hereinbricht, erinnert sich Rudolf daran, dass er eigentlich gar nicht hierher gehört. Ganz anders ist der Besuch bei Doris verlaufen, als er sich das gedacht hat. Der Krieg hat sich ihm von einer anderen Seite gezeigt. Aber mitten im Chaos hat Rudolf einen bebenden Mädchenkörper beschützt. Doris Brandorff.
Sie hat keinen Blick mehr für den Mann im verschmutzten Uniformmantel, den dreckverschmierten Stiefeln und dem zerschrammten Gesicht. Hand in Hand arbeitet sie mit dem schwitzenden Arzt.
Rudolf Brechtmann sucht seinen Wagen. Ein Granatsplitter hat die Windschutzscheibe zerschlagen und ist durch das Dach wieder ausgetreten. Aber der Motor springt auf Anhieb an, und Rudolf verlässt den verwüsteten Ort.
»Wir hören noch voneinander …«, hat Doris gesagt. Und nun überlegt er, ob das eine Aufforderung zum Wiederkommen oder eine abwimmelnde Redensart war.
Als der Wagen am Rollfeld der Sechsten vorbeiackert, ist Rudolf fest entschlossen, Doris wiederzutreffen. Er muss sie wiedersehen! Er hat sich in das kühle Mädchen verliebt bis über beide Ohren!
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