Und über uns die Ewigkeit. F. John-Ferrer

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Und über uns die Ewigkeit - F. John-Ferrer

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Rudolf zu seiner Staffel zurückkommt, ruft auch schon Hanke an.

      »Menschenskind, wie geht es dir?«, will er wissen.

      »Prima«, sagt Rudolf. »Vielen Dank für die Behütung. Das Wasser hat leider keine Badetemperatur.«

      Man lacht, man quatscht, dann fragt Hanke: »Ist dein Abschuss anerkannt worden?«

      »Ist er, jawohl!«

      »Gratuliere!«

      »Danke!«

      »Und wann sehen wir uns wieder?«, fragt Hanke. »Demnächst bei mir, wenn wir Schlechtwetter haben.«

      »Bis dann also, Casanova.«

      »Mach’s gut, Jockey.«

      Kein Wort von Doris. Rudolf hat ihm das Zusammentreffen verschwiegen. Er weiß selbst nicht, warum. Vielleicht weil er Horst die Ruhe nicht rauben will, vielleicht auch, weil Doris einen nachhaltigen Eindruck auf ihn selbst gemacht hat. Als Rudolf sich von ihr verabschiedet und noch einmal gefragte hat, ob er Horst etwas sagen solle, hat sie weder ja noch nein gesagt, ihm nur lächelnd die Hand gereicht und »Leben Sie wohl« gerufen. Rudolf aber glaubt, in ihrem Blick das Gegenteil von »Lebewohl« gesehen zu haben. Er ist abgefahren in dem sicheren Bewusstsein, dass er mit Doris noch einmal zusammentreffen würde. Ganz sicher sogar.

      Aber die nächsten Ereignisse verwischen die Episode. Pausenlose Einsätze folgen. Das Wetter ist sehr günstig. Einsatzbefehl auf Einsatzbefehl schickt Bomber- und Jägerstaffeln über den Kanal. Über London donnern Schwärme von deutschen Bombern. Ganze Straßenzüge werden in Schutt und Asche gelegt. Fabriken fliegen in die Luft. Industrieanlagen brennen. Das Kommuniqué von London muss zugeben, dass die deutschen Luftangriffe große Schäden und Verluste verursachen.

      In der englischen Hauptstadt rennen Zivilisten um ihr Leben, drücken Mütter ihre Kinder an die Brust und wimmern in den Schutzkellern, hören die Bomben bersten und spüren die Erde beben. Der Krieg tobt in seiner ganzen Grausamkeit und Brutalität, zerstört, reißt Wunden, schafft Leid und Not – auf beiden Seiten.

      Leutnant Rudolf Brechtmann hat bereits seinen vierten Abschuss zu verbuchen, malt vier weithin leuchtende Striche auf das Leitwerk seiner Me 109. Längst hängt das EK I an der linken Uniformseite. Bald soll die nächste Auszeichnung folgen.

      Wie ein Fieber ist es über Rudolf gekommen. Er denkt weder an die blonde Krankenschwester noch an den Freund, mit dem er fast täglich Seite an Seite fliegt. Die beiden haben keine Zeit mehr, um sich zusammenzusetzen und die jahrelange Freundschaft mit einem ausgiebigen Umtrunk zu vertiefen. Im Rummel der Zeit hat man sich ein bisschen aus den Augen verloren, obwohl beider Einsatzflugfelder nur wenige Kilometer auseinanderliegen.

      Der November geht zu Ende. Stürme lösen einander ab und peitschen Schnee und Regen über die vereinsamt daliegenden Flugplätze. Die abgestellten Maschinen ruhen unter den getarnten Überdachungen. Die Besatzungen vertreiben sich die Zeit in den Unterkünften oder Kameradschaftsräumen.

      Bei der 6. Jagdstaffel ist der große Raum mit Tabakwolken verhangen. In den Ecken sitzen Offiziere und Mannschaftsdienstgrade beisammen, rauchen, trinken und vertreiben sich die Zeit mit Gesprächen, Spiel oder einem Buch aus der Feldbibliothek.

      Vor dem offenen Kamin, in dem ein mächtiges Holzfeuer prasselt und einen Schwall Wärme in den großen, niedrigen Raum schickt, sitzt ein Leutnant und demonstriert seinen letzten Luftsieg.

      »… ich ziehe hoch, kriege ihn von unten herauf ins Visier und … ratatata … Peng! Schon stinkt er ab und segelt runter.«

      In einer andern Ecke sitzen ein Oberleutnant und ein Unteroffizier über den Schachtisch gebeugt. »Noch vier Züge, dann sind Sie matt, Herr Oberleutnant.«

      Der Oberleutnant zerknautscht mit der aufgestützten Hand sein Kinn, murmelt: »Nicht so vorlaut, Schramm, immer schön langsam mit die Pferde. Jetzt sage ich erst mal – Schach!«

      »Dann verlieren Sie die Dame, Herr Oberleutnant.« »Au Backe! Richtig! Damen zu verlieren schmerzt.« Drei Züge später muss sich der Oberleutnant geschlagen geben. Darüber herrscht kein Unmut.

      »Los, noch ein Spielchen, Schramm.«

      »Gern, Herr Oberleutnant.«

      In der Nähe des Fensters, durch das man ein jämmerliches Schneetreiben sehen kann, sitzt Rudolf mit einem Oberfeldwebel. Der zeigt ihm Bilder von daheim. »Das ist meine Braut, hübsch, nicht wahr?«

      »Hm, sehr hübsch, Strotmann. Wie alt?«

      Der Oberfeldwebel grinst glücklich: »Neunzehn.«

      »Sehr jung noch. Hoffentlich … ja ja, Sie wissen schon.«

      »Da hab’ ich keine Bange, Herr Leutnant. Die Uschi ist nur an mich gewöhnt.«

      Aus dem Billardzimmer blökt einer herüber: »Spielpartner gesucht!«

      Der Oberfeldwebel erhebt sich und geht hinüber. Rudolf sitzt allein da und kaut auf seiner Zigarette herum, muss an das Bild denken, das ihm der Oberfeldwebel vor die Nase gehalten hat – das Mädchen.

      19 Jahre – wunderschönes Alter, denkt Rudolf träge und etwas sehnsuchtsvoll. Schade, dass in dem Kaff hier weiter nichts los ist. Aber halt! Wie wär’s, wenn ich mich mal bei Doris in Erinnerung brächte? Horst, der Lümmel, lässt ja auch nichts von sich hören. Könnte getrost mal anklingeln. Übrigens – anklingeln.

      Rudolf schwingt sich aus dem verschlissenen Plüschsessel hoch und geht hinaus. In der Schreibstube sitzt ein Gefreiter und springt auf.

      »Sagen Sie mal, Schmidt, könnte ich von hier aus mit der Seenotdienst-Staffel telefonieren?«

      »Det jeht schon, Herr Leutnant«, meint der Gefreite.

      Ein paar Augenblicke später hat er die Verbindung hergestellt und reicht Rudolf den Hörer.

      »Leutnant Brechtmann«, meldet er sich. »Ich möchte gerne mit Schwester Doris Brandorff sprechen. Ist das möglich?«

      Die Stimme am anderen Ende sagt: »Ich verbinde Sie mit dem Krankenrevier. Augenblick, bitte.«

      Eine flirrende Unruhe überkommt Rudolf. Sein Herz pumpt schneller. Gespannt lauscht er in den Hörer.

      Jetzt! Eine helle Frauenstimme. Doris Brandorff ist am Apparat.

      »Tag, Doris«, sagt Rudolf. »Wie geht’s?«

      Hinter dem Schreibtisch grinst der Gefreite.

      »Danke – den Umständen entsprechend«, kommt die Antwort.

      »Ich mopse mich«, sagt Rudolf. »Und weil ich dachte, dass es Ihnen ebenso gehen könnte, hab ich mich an die Strippe gehängt.«

      »Nett von Ihnen, Rudolf.«

      Diese Antwort verleiht im Auftrieb und Schneid. »Wie wär’s, Doris – ich meine, was würden Sie sagen, wenn ich noch heute bei Ihnen antanzen würde?«

      »Ich würde mich fragen, was das für einen Zweck haben sollte?«

      Er

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