Und über uns die Ewigkeit. F. John-Ferrer
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Читать онлайн книгу Und über uns die Ewigkeit - F. John-Ferrer страница 5
»Noch nischt zu sehen, Herr Leutnant.«
»Schöner, was hat die Seenotstelle geantwortet?«
»Maschine startet sofort.«
»Dann kann sie in frühestens fünfzehn Minuten da sein«, sagte Semmler und starrt aufs Wasser hinunter.
Weit drüben sieht man einen dunklen Punkt, einen Menschenkopf aus dem Wasser ragen.
Hanke fliegt noch einmal an Rudolf vorbei, streckt eine Hand durch das Schiebefenster und winkt.
»Na ja, ich kann nichts dafür«, grunzt Rudolf und hebt ebenfalls grüßend eine Hand aus dem Wasser. »Hauptsache, ich bin nicht hopsgegangen dabei …«
Nein, das ist er diesmal noch nicht. Er hat seinen ersten Luftsieg errungen. Jemand wird es bestimmt gesehen haben. Und dann … Was dann, denkt Rudolf, während er langsame Tempi macht, um das Blut zirkulieren zu lassen. Das passiert doch jedem Dritten mal, dass er eins draufgebrannt kriegt. Fürs EK II reicht’s bestimmt … Und hätte ich besser aufgepasst, hätte ich den Tommy auch noch erwischt … War ein tüchtiger Bursche! Schade, dass er doch noch runtergeholt wurde. Wäre mir beinahe auf den Kopf gefallen! … Hätte mir ebenso ergehen können. Was maule ich also? Hatte doch Glück! Riesenmassel, wie man so schön sagt!
Das sind die Gedanken, mit denen Rudolf im Wasser hängt und mit langsamen Armstößen schwimmt. Wie eine besorgte Glucke kurvt indessen die Ju um den in Seenot geratenen Flieger herum.
Hanke lässt keinen Blick von Rudolf, passt auf ihn auf, wünscht sich, Schwimmer anstelle eines Fahrgestells zu haben. Immerhin – Rudolf ist nicht draufgegangen! Dort drüben schwimmt er! Armer Kerl! Wenn man ihn herausfischt, wird er fluchen und mindestens vier Glas Glühwein oder Grog trinken.
Die fünfzehn Minuten sind um. Hanke schaut besorgt auf die Treibstoffuhren. Höchste Zeit, dass man den Heimflug antritt! Auch Feldwebel Semmler nickt, als er mit Hanke einen Blick tauscht.
Hanke fliegt eine letzte Runde.
»Flugzeug in Sicht!«, meldet Schöller von rückwärts. Der Himmel ist leergefegt von Wolken. Die Sonne scheint hell und klar.
Von der französischen Küste her nähert sich eine Maschine. Eine Heinkel He 59 ist es, ein Wasserflugzeug für den Seenot-Rettungsdienst. Sie hat schon etliche aus dem Kanal gefischt.
Die Ju kurvt noch in halber Höhe über dem schwimmenden Punkt und dreht etwas ab, als auch die Heinkel einfliegt und um Rudolf zu kreisen beginnt. Dann hat sie ihn ausgemacht.
Hanke wartet noch, bis die Seenotmaschine auf der leicht bewegten See aufgesetzt hat, sich an Rudolf heranschiebt und ihn aus dem Wasser holt.
»Hat wieder mal einer Schwein gehabt«, lässt sich Semmler vernehmen.
Hanke nickt. Dann zieht er die Ju hoch und braust Richtung Heimat ab. Tschüss, Casanova, denkt er. Wir sehen uns ja bald wieder.
Rudolf Brechtmann hockt unterdessen in der Rettungsmaschine und schnattert mit den Zähnen.
»Wir sind gleich da«, ruft ihm ein Unteroffizier zu. »Sind Sie verwundet?«
Rudolf schüttelt den Kopf.
Erst jetzt kommt es ihm zu Bewusstsein, dass er unverschämtes Glück hatte. Nicht jedem gelingt es, auszusteigen und anschließend von den eigenen Leuten aufgefischt zu werden. Denn auch die Engländer machten sich nur zu gerne erbötig, einen deutschen Flieger aufzufischen; Verhöre, Zigaretten und freundliche Fragen leiten dann die Gefangenschaft ein.
Pfui Deibl, denkt Rudolf, das hätte mir gerade noch gefehlt.
Eine Viertelstunde später landet die Heinkel in einem kleinen Hafen. Auf der Kimme des ansteigenden Ufers glaubt Rudolf, eine Küstenbatterie in Stellung zu erkennen. Im Hafen selbst liegen nur ein paar französische Fischerkähne und drei deutsche Schnellboote. Etwa hundert Schritt weiter rechts steht ein barackenähnliches Gebäude, mit Tarnanstrich versehen und mit einem Funkmast ausgestattet.
Rudolf bedankt sich bei der Heinkel-Besatzung. Dann geht er über einen wippenden Laufsteg an Land, gefolgt von dem Unteroffizier. Von den Schnellbooten herüber gucken ein paar Matrosen. Rudolf beeilt sich. Ihm ist nicht ganz wohl zumute; er schämt sich fast. Sieht ja auch nicht gerade heroisch aus, so mit quatschenden Filzstiefeln und triefender Kombination von einem Feindflug heimzukehren.
»Ich muss meine Staffel benachrichtigen«, erklärt er dem Unteroffizier. »Wo kann ich telefonieren?«
»Das machen wir schon«, lautet die Antwort. »Kommen Sie nur, Herr Leutnant, ich bringe Sie erst mal in eine warme Stube. Sie holen sich sonst eine Erkältung!«
Wie zur Bestätigung muss Rudolf heftig niesen, und er niest noch etliche Male, ehe er eine molligwarme Stube betritt, in der ein weiß überzogenes Bett, ein Nachttisch, ein Spind und ein Tisch mit zwei Hockern stehen.
Der Unteroffizier macht den Spind auf und holt einen Bademantel und eine Garnitur Unterwäsche heraus.
»Ihre Klamotten trocknen wir ganz schnell«, sagte er. »In drei Stunden kriegen Sie sie wieder zurück und können heimfahren.«
Rudolf schält sich aus der triefenden Bekleidung.
»Haben Sie schon viele rausgefischt?«
Der Unteroffizier reicht ihm ein großes Frottiertuch. »Eine Menge schon, Herr Leutnant. Allein in den letzten acht Tagen waren es sechse. Zwei Engländer und viere von uns.«
Rudolf frottiert sich ab. Inzwischen sammelt der Unteroffizier die nassen Klamotten auf und geht zur Tür. »Ruhen Sie sich erst mal aus, Herr Leutnant. Ich werde Ihnen gleich jemanden herschicken, der Ihnen was Warmes bringt. ’n Grog tut’s meistens.«
»Einen Grog, ja, den könnte ich gebrauchen! Eh, Unteroffizier, haben Sie ’ne Zigarette für mich?«
Der Unteroffizier lässt ihm eine Packung Juno und Streichhölzer da, dann geht er. Rudolf steckt sich einen Glimmstengel an, setzt sich im Bademantel auf die Bettkante und genießt den Tabak.
Ich kann wirklich froh sein, dass es noch so gut abgegangen ist, denkt er. Man stirbt eigentlich schnell den Heldentod.
Rauchend vergegenwärtigt er sich nochmals den Luftkampf. Aber so richtig froh ist er trotz des ersten Sieges nicht. Immer wieder muss Rudolf daran denken, was die Kameraden sagen werden, wenn er sich zurückmeldet. Na ja, gleich beim ersten Feindflug abgeschossen zu werden, ist bestimmt keine schöne Sache. Diesmal ist es noch gut gegangen. Und das nächste Mal?
Rudolf legt sich auf das Bett, schiebt die Arme unter den Nacken und schließt die Augen. Er ist müde. Ein bleiernes Schlafbedürfnis stellt sich ein. Es ist still und warm im Zimmer. Man ist in Sicherheit. Aber die Gedanken kreisen langsam weiter.
Mein erster Abschuss … er wird sicher anerkannt werden. EK II ist fällig. Die erste Auszeichnung. Mama und Paps … na, die werden sich freuen. Und erst wenn mir das EK I angehängt wird. Sicher. man braucht dazu nur ein bisschen Glück. Heute war Pech dabei, morgen kommt’s anders. Ich weiß jetzt, wie man’s machen muss. Noch ein paar Feindflüge, und ich bin genau so routiniert wie die alten Hasen … etwa wie der Greiner. … Der Engländer, hm … War