Grünröcke erzählen .... Группа авторов

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nicht übel, wenn du den Bock selber geschossen hättest!“ versetzte hämisch der Bruder.

      „Mein Gott! Nimmst es du denn genau? Von dem großen Fuchsfell, das in deinem Zimmer unter dem Rauchtischchen liegt, erzählst du doch jedem, der es hören will, du hättest dasselbe erbeutet, obgleich diesen Fuchs ebenso unser Oberjäger erlegte wie den heutigen Bock.“

      Der Hieb saß vortrefflich; Fritzchen muckte nicht mehr, sondern holte aus seiner Jagdtasche die Kodak hervor, während Otto hinter dem erlegten Bock Aufstellung nahm und neben sich den Oberjäger postierte – in theatralischer Pose, wie er, eine Art Kniebeuge machend, mit abgebogenem Arm seinem Herrn und Gebieter einen Eichenbruch überreicht.

      „So, fertig!“ kommandierte Otto. Er und der Oberjäger standen unbeweglich wie Säulen; Fritzchen machte „klapp“, und die Aufnahme war vorüber, allem Anscheine nach ganz gelungen. Dann brannten sich die beiden „Waidmänner“ je eine echte Havanna an und schnürten mit ihren Hunden von dannen, während dem Oberjäger noch das Aufbrechen und Zerwirken des Bockes oblag.

      Ungefähr sechs oder sieben Wochen danach erschien in einer illustrierten Revue ein uns wohlbekanntes Tableau: den berühmten Nimrod Otto „Strohkleien“ darstellend, mit einem kapitalen Sechserbock zu Füßen, über welchen ihm der „Oberjäger“ ehrehrbietigst einen Eichenbruch überreicht. Und unter dem Bild erzählt Otto „Strohkleien“ selbst über sein gewaltiges Waidwerken in der Saison, weitläufig und bombastisch, so bandwurmartig in die Länge gezogener Satzgefüge und Satzwendungen sich bedienend, dass man bei dieser Lektüre nicht nur St. Hubertus anrufen musste, sondern auch den heiligen Ulrich, welcher bekanntermaßen der Schutzpatron aller von Übligkeiten (Anmerkung: Übelkeiten) befallenen Sterblichen ist.

      Zum Schluss sei nur gesagt, dass das originelle brüderliche Jagdherrenpaar im bayerischen Hochgebirge noch heutzutage sein jagdliches Unwesen treibt und in der dortigen Gegend bereits eine gewisse „Berühmtheit“ erlangt hat, da es in jener schlichten, ursprünglichen Bergwelt eine daselbst bisher unbekannt gewesene Neuheit eingeführt hat: „Das Jagdfexentum!“

       Nun ist es aber nicht nur so, dass sogenannte „Prestigejäger“ unangenehm auffallen können. Die nachfolgende Geschichte beweist, dass auch gestandene Jäger, die ihrer Passion mit Leib und Seele nachgehen, vor Peinlichkeiten nicht gefeit sind. Hans Schischka schrieb eine solche Begebenheit im Jahre 1924 in der Zeitschrift „Der deutsche Jäger“. Er nannte sie:

       Der Pratzengirgl

      Wäre es nach der Größe seiner Hände gegangen, so hätte der Girgl eigentlich Claqueur werden müssen, denn diese Hände hatten die Größe türkischer Tschinellen und baumelten an zwei langen Armen so, dass Girgl, ohne sich bücken zu müssen, das Knie kratzen konnte, wenn er aufrecht stand.

      Da ihm der Beruf eines Claqueurs unbekannt war, trat er in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Jäger im Hochgebirge. Seine Füße standen mit den Händen im proportionalen Verhältnis, und Girgls Dackel schlief ganz bequem in den Schuhen seines Herrn. Trotz der Größe seiner Extremitäten war Girgl eine gute Seele. Friedfertig und mit einem Naturhumor ausgestattet, duldete er, dass ihn Groß und Klein mit dem Rufnamen „Pratzengirgl“ anredeten, und wenn er ausnahmsweise einmal mit „Girgl“ gerufen wurde, so glaubte er, dieser Ruf gelte einem Namenskollegen, und hörte nicht darauf.

      Als Jäger war Girgl eine Perle. Er liebte Wald und Wild und hasste die Raubschützen wie ein Foxterrier die Katzen. Erstere wichen ihm aus wie dem leibhaftigen Gottseibeiuns, seit er einen besonders verwegenen Wilderer, der auf ihn geschossen, aber nur leicht verwundet hatte, mit einem Hieb seiner Tatze ins Moos legte, dann wie einen Gamsbock schränkte und den Geknebelten zum Gericht trug, das zwei Stunden vom Kampfplatz entfernt war. Dort musste der Mann erst massiert werden, damit er seine Glieder wieder gebrauchen konnte, während Girgl sich nicht einmal verbinden lassen wollte, weil ihn der Durst plagte.

      Als die Tochter seines Jagdherm, die in dem schönen Gebirgsdorf auf Sommerfrische war, sich einst im Wald erging und, angeregt von den Naturschönheiten, ein Frühlingsgedicht machen wollte, konnte sie die ihr eingefallenen Reime nicht festhalten, weil es ihr an Notizpapier fehlte. Da stand wie aus dem Boden gewachsen plötzlich der Pratzengirgl vor ihr, und das Komtesschen wendete sich sogleich mit der Frage an ihn, ob er ein Stück Papier bei sich habe.

      „Noa“, meinte Girgl; „i hab oa müass’n vorhin a Hand voll Gros nehma, ’s ischt a so guat wia a Papier.“

      Ganz verwundert schaute er der Komtesse nach, die mit hochroten Wangen, ob dieser prompten Antwort, das Weite suchte. An seinen Wiener Aufenthalt knüpfen sich für Girgl reiche Erinnerungen. Sein Herr ließ ihn einmal kommen, um ihm die Möglichkeit zu geben, die Großstadt kennen zu lernen. Da gab es ein Schauen und Stehenbleiben! Girgl vergaß ganz den Mund zuzuklappen und lief mit dem Schädel gegen ein Auto, dass dieses aus dem Gleichgewicht kam. Der Kammerdiener seines Herrn hatte als Cicerone Girgls die schwersten Stunden seines Lebens mitzumachen.

      An der Ecke der Eichenbachgasse ist eine Umsteigstelle der Straßenbahn. Ein Arbeiter, der den Ringwagen noch erreichen wollte, lief diesem nach; hinter dem Arbeiter in derselben Absicht ein Wachmann außer Dienst. Girgl sah den laufenden Arbeiter, und in der irrigen Meinung, einen verfolgten Verbrecher vor sich zu haben, gab er ihm einen Klaps ins Genick, der den armen Menschen roullierte (Anmerkung: umwarf). Dann hob er den armen Teufel auf und überreichte ihn dem Wachmann, der sich zum Einschreiten bewogen fühlte, mit den Worten: „So, da hast den Lumpen!“

      Menschenansammlung, Versöhnung nach Erklärung des Missverständnisses mit nachfolgendem Händedruck, der den armen Teufel für einige Tage arbeitsunfähig machte.

      Das Abspringen von der Straßenbahn nicht gewohnt, sprang Girgl in der Nähe des Pratersterns verkehrt ab und landete mit großem Gepolter auf der Sitzfläche seiner Ledernen. Der Schaffner gab das Notsignal, näherte sich dem Gestürzten und machte ihm Vorwürfe:

      „Sehen Sie, das haben Sie davon, weil Sie sich rückwärts angehalten haben. Warum halten Sie sich nicht an der vorderen Griffstange fest?“

      „Do war i auf die Pappen g’fallen“, erwiderte Girgl mit größter Gemütsruhe, erhob sich und ging unter dem Gelächter der Zuschauer seines Weges.

      Die Krone seiner Anwesenheit in Wien war Girgls Theaterbesuch. Schon beim Eintritt in den Logengang grüßte er den goldbordierten Logenschließer wie einen fremden Fürsten mit einer Verbeugung, wobei Girgls Hinterteil mit einem befrackten Herrn in Kollision geriet, der zwischen dasselbe und die Mauer des Logenganges eingeklemmt wurde, dass seine Knochen krachten. Ein Händedruck entschädigte den Unglücklichen für diese Lebensgefahr.

      Endlich saß Girgl in der ihm von seinem Herrn beigestellten Loge, und der Kammerdiener musste ihm auf hundert Fragen Auskunft geben. Die „Musibanda“ fand den ungeteilten Beifall Girgls, und er wollte sich durchaus einen Schuhplattler aufspielen lassen, von welchem Vorhaben ihn nur der Aufgang des Vorhanges abhielt. Mit dem Vorhang öffnete sich der Äser Girgls, der sich während des ganzen Aktes nicht mehr schloss.

      Im zweiten Akt erreichte das Stück seinen Höhepunkt. Die Primadonna des Theaters wurde von einem ungestümen Liebhaber arg bedrängt. Weinend lag sie vor dem Rasenden auf den Knien, und als er den Dolch gegen sie zückte, tönte ein markerschütternder Schrei durch den Zuschauerraum. Dieser Schrei bildete die Sensation des Stückes, verlor aber diesmal seine Wirkung vollkommen, denn Girgls Herz hatte Feuer gefangen und er wollte sich zum Retter des schönen Weibes aufspielen. Wie ein Rachegott stand er an der Logenbrüstung, im Begriffe, sich über diese auf die Bühne zu schwingen, und wie Donnergrollen tönte es

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