Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola Maybach
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Vorm Haus sprang Gunters Wagen an, Sandra kannte den Klang des Motors. Mit aufheulendem Motor raste der Fürst davon.
Gunter war außer sich. Er brachte es nicht fertig, ins Hotel zu gehen und dort Erläuterungen abzugeben. Er rief von einer Telefonzelle aus an, verlangte seinen Freund, den Schauspieler Alexander Karben, und teilte ihm mit, die Verlobung sei geplatzt.
Er gab keine Erklärungen ab.
»Feiert auf meine Kosten«, sagte er. »Amüsiert euch gut. Schickt die Reporter weg.«
»Gunter, Menschenskind, was ist denn passiert? Habt ihr euch gestritten? Das ist kein Grund, um alles hinzuwerfen, das kommt in den besten Familien vor. Soll ich mit Sandra reden?«
»Auf keinen Fall. Ich verbiete dir, auch nur ein Wort mit ihr zu sprechen. Wenn du mein Freund bist, stell jetzt keine Fragen. Ich will niemanden sehen.«
»Wo bist du jetzt, Gunter? Wohin gehst du?«
Aber der Fürst hatte schon eingehängt. Er fuhr in sein Jagdrevier im Taunus. Dort irrte er umher. Die Nacht, den darauffolgenden Tag und die nächste Nacht verbrachte er im Wald und in der Jagdhütte. Erst zu Anfang der Woche kehrte er nach Schloß Falkenau zurück.
*
»Ich habe es dir gleich gesagt, diese Bürgerliche ist nichts für dich. Sie hat dich zum Gespött gemacht, dich, den Fürsten von Falkenau! Was willst du jetzt unternehmen?«
Gunter sprach in der Bibliothek mit seiner Mutter. Er war erst vor einer halben Stunde aufs Schloß zurückgekommen. Natürlich wußte Fürstin Claudia längst von der geplatzten Verlobung. Gunter sah den Triumph in ihren Augen. In diesem Moment haßte er seine Mutter.
»Ich bleibe im Wohnhaus bei der Porzellanmanufaktur, dort werde ich mich für die nächste Zeit einrichten. Ich werde arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten.«
Gunter sprach voller Bitterkeit. »Wir brauchen einen neuen Brennofen im Werk. Die Produktion muß verbessert werden. Unsere französischen Geschäftsfreunde von der Firma Servan haben sich angesagt. In unseren Forstbetrieben gibt es viel zu tun. Ich will durchrechnen, ob es sich lohnt, unsere Sägemühle wieder in Gang zu setzen. Die Genehmigung für den Bau des Stalls für fünfzig Milchkühe mit Melkanlage und automatischer Fütterung und Entmistung läßt schon viel zu lange auf sich warten, ich muß mich mit den zuständigen Stellen in Verbindung setzen.«
»Das willst du alles allein erledigen?«
Es war eine Herkulesarbeit, die Gunter sich aufbürden wollte. Der verstorbene Fürst hatte die Tätigkeiten auf seinen Gütern und in den fürstlichen Porzellanmanufakturen meist den bezahlten Kräften überlassen. Wenn er sich dort einmal eingemischt hatte, hatte er nur Verwirrung gestiftet. Als Landtagsabgeordneter war er populärer und erfolgreicher gewesen.
Gunter zeigte bisher für die Politik keine Neigung, aber er hatte außer seinem Ingenieurstudium auch ein paar Semester Land- und Forstwirtschaft studiert. Er war immer sehr fleißig gewesen und kannte sich in allen Zweigen des Besitzes derer von Falkenau aus.
»Nicht allein«, beantwortete Gunter die Frage seiner Mutter. »Wir haben schließlich Mitarbeiter.«
»Warum ziehst du nicht wieder ins Schloß?« Gunter hatte es, nach einigen Meinungsverschiedenheiten wegen Sandra in der letzten Zeit, verlassen. »Die paar Kilometer zur Manufaktur kannst du mit dem Wagen fahren.«
»Ich fühle mich beim Betrieb wohler, dort bin ich auch gleich vor Ort.«
Der wahre Grund war, daß Gunter zu seiner Mutter Distanz halten wollte. Er wollte keine Bemerkungen wegen seiner gescheiterten Verlobung hören, auch nicht in mitleidsvollem Ton. Es war, nach dem bitteren Schmerz, den ihm Sandra zugefügt hatte, vollends erwachsen geworden und brauchte Freiraum.
Die Fürstin sah, daß sie ihn jetzt nicht umstimmen konnte. Irgendwann würde er ins Schloß zurückkehren. Sie stellte die entscheidende Frage.
»Was ist mit dem Kind, das diese Dr. Richter erwartet? Wie du weißt, sind uneheliche Kinder heutzutage per Gesetz den ehelichen gleichgestellt und erbberechtigt. Deshalb sollten gerade Leute unseres Standes sich hüten, Bastarde in die Welt zu setzen.«
Gunter zuckte zusammen wie unter einer Ohrfeige.
Dann sagte er steif: »Du kannst unbesorgt sein, Mutter. Dr. Richter wird keine Ansprüche stellen, auch nicht für Alimente. Sie hat kein Recht dazu.«
»Was heißt das?« Erst allmählich ging der Fürstin der Sinn dieser Bemerkung auf. »Das Kind ist gar nicht von dir?«
Ohne Antwort, weiß im Gesicht, verließ Gunter die Bibliothek.
Die Fürstin mußte sich setzen. So eine Infamie, dachte sie. Dieses elende Weib. Aber wie hat Gunter das nur herausgefunden?
Sie klingelte, Marthe eilte herbei. Sie war die Gattin des steifen Schloßverwalters Hubert, gleichaltrig mit der Fürstin und mit ihr zusammen im Schloß aufgewachsen. Marthe Rosthal diente der Fürstin als Kammerzofe und hatte noch zahlreiche andere Funktionen auf Schloß Falkenau.
Fürstin Claudia vertraute ihr völlig.
»Gib mir einen Sherry, Marthe. Ja, jetzt schon, ich weiß selbst, daß es Vormittag ist.«
Als Marthe der Fürstin den Sherry brachte, teilte sie ihr mit, daß Fürst Gunter in seinen Räumen mit Packen beschäftigt war. Fürstin Claudia winkte nur ab. Marthe machte sich in der Bibliothek zu schaffen. Sie konnte ihre Neugierde wegen der gescheiterten Verlobung nicht bezähmen.
»Was ist mit dem Kind, das Fräulein Dr. Richter erwartet, Durchlaucht?«
»Marthe!« empörte sich die Fürstin. »Du hast wieder gehorcht!«
Die füllige Frau legte die Hand aus Herz.
»Tot umfallen will ich, wenn ich das getan habe. Ich hörte neulich zufällig einen Teil eines Telefonats mit, das Fürst Gunter mit, hmhm, diesem Fräulein führte. Ich konnte es nicht vermeiden. Selbstverständlich habe ich zu niemandem ein Wort darüber gesprochen, nicht einmal zu Hubert.«
»Wegen des Kindes ist nichts zu befürchten«, sagte die Fürstin spröde. »Gunter ist nicht der Vater, deswegen ist die Verlobung gelöst worden. Aber das behältst du streng für dich, Marthe. Weiß der Teufel, wo das Fräulein Doktor den Balg herhat.«
Marthe schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Ihr hessischer Dialekt klang noch stärker durch als sonst.
»Der arme Förscht! Totgeschlache gehört das Weibsstück! Und so eine wär’ fast auf Schloß Falkenau eingezogen. Nein, was ist die Welt so schlecht, es werd’ immer schlimmer.«
Fürstin Claudia war zornig und tief betroffen. Wenn sich das herumsprach, würde man in ganz Deutschland und auch beim ausländischen Hochadel über die Falkenaus lachen.
Die Fürstin ging verdrossen ins Eßzimmer, um zu frühstücken. Erbitterte Vorwürfe machte sie in Gedanken ihrem Sohn, weil er sich mit der Ärztin eingelassen hatte.
Mit einer Adligen wäre ihm das nicht passiert, dachte sie. Als ihr der Baron von Balsingen gemeldet wurde, wollte