David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens

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von dem ich wenig oder nichts weiß. Ich vertrete hier die Angelegenheit meiner Brüder. Ich begann meine Tätigkeit als parlamentarischer Berichterstatter als achtzehnjähriger Knabe und gab sie – ich kann kaum an die unerbittliche Wahrheit glauben – vor ungefähr 30 Jahren auf! Und ich bin meinem Berufe unter Umständen nachgekommen, von denen sich meine hier anwesenden Brüder schwerlich eine hinreichende Vorstellung machen können. Oft habe ich wichtige öffentliche Reden, bei denen die peinlichste Genauigkeit erforderlich war und bei denen ein Versehen für einen jungen Mann äußerst bloßstellend gewesen sein würde, nach meinen stenographischen Skizzen für den Druck übertragen in der flachen Hand, bei dem Licht einer Laterne, in einer mit vier Pferden bespannten schaukelnden Postkutsche, die mit der damals erstaunlichen Geschwindigkeit von fünfzehn Meilen die Stunde in tiefer Nacht durch eine wilde Gegend dahingaloppierte. Als ich das letztemal in Exeter war, besuchte ich den dortigen Schloßhof, um einem Freunde zu Gefallen die Stelle zu identifizieren, wo ich einmal während des Wahlkampfes in Devonshire eine Rede Lord John Russels »aufnahm«, wie wir es nannten, inmitten eines von sämtlichen Vagabunden jener Gegend unterhaltenen lebhaften Handgemenges und in einem solchen Platzregen, daß zwei gutmütige Kollegen, die gerade nichts zu tun hatten, mir ein Taschentuch nach Art eines Thronhimmels bei geistlichen Prozessionen, schützend über mein Notizbuch hielten. Ich habe mir die Knie wundgeschrieben auf der alten Hinterbank der alten Galerie des alten Unterhauses, und ich habe mir die Füße wundgestanden in einem abgeschmackten Pferch im alten Oberhause, wo man uns wie ebensoviele zusammengedrängte Hammel warten ließ, bis etwa der Wollsack einer neuen Stopfung bedürfe. Bei der Rückkehr von aufgeregten politischen Meetings auf dem Lande zu den wartenden Londoner Druckern bin ich, wie ich glaube, in fast allen in England bekannten Arten von Fuhrwerken umhergeworfen worden. Auf schlammigen Landwegen wurde ich in der Nacht, vierzig bis fünfzig Meilen vor London, in alten Rumpelkästen, mit erschöpften Gäulen und betrunkenen Postillionen aufgehalten und kam doch noch vor Ausgabe der Zeitungen an Ort und Stelle rechtzeitig an, um von Mr. Black, dem verstorbenen Redakteur des Morning Chronicle in dem breitesten Schottisch, das aus dem weitesten aller Herzen kam, die ich je kannte, mit nie vergessenen Komplimenten empfangen zu werden. Ich erwähne diese kleinen Umstände zum Beweise, daß ich den Zauber jener alten Berufstätigkeit nie vergessen habe. Das Vergnügen, das ich über die Geschwindigkeit und das Geschick in der Ausübung zu empfinden pflegte, ist nie in meiner Brust erloschen. Von der Gewandtheit, die ich damals darin erwarb, ist mir noch soviel geblieben, daß ich fest überzeugt bin, ich könnte morgen wieder damit beginnen. Bis auf den heutigen Tag vertreibe ich mir, wenn ich (was mitunter vorkommt) eine langweilige Rede anhören muß, gelegentlich die Zeit damit, daß ich dem Redner in der alten, alten Weise folge, und manchmal ertappe ich mich sogar dabei, wie meine Hand, mit imaginären Aufzeichnungen beschäftigt, auf dem Tischtuch hin und her geht.«

      Soviel von der Darstellung seiner Laufbahn in der »Galerie«. Inzwischen hatte er seine andere Beschäftigung nicht aus den Augen verloren. Seit dem Erscheinen der ersten Skizze im Monthly Magazine hatten schon neun andere die Seiten der späteren Nummern dieser Zeitschrift bereichert, die letzte im Februar 1835 und jene, die im August 1834 erschienen war, hatte zuerst die Unterschrift »Boz« getragen. Dies war der Spitzname seines von ihm zärtlich geliebten jüngeren Bruders Augustus, den er zu Ehren des Vicars von Wakefield Moses getauft hatte, was (scherzhaft durch die Nase gesprochen) zu Böses wurde, woraus dann die Abkürzung Boz entstand. »Boz war mir ein wohlbekannter Familienname, lange ehe ich mich der Schriftstellerei widmete, und so kam es, daß ich dies Pseudonym annahm.«

      Zwei entscheidende Ereignisse im Leben von Dickens fallen fast gleichzeitig. Der Anfang des Jahres 1836 fand ihn noch damit beschäftigt, die erste Reihe der »Skizzen von Boz« gegen ein Honorar von etwa 3000 Mark in zwei Bänden herauszugeben. Aber schon am 31. März 1836 erschien das erste Schillings-Heft seines in Lieferungen veröffentlichten Romans der »Pickwickier«, nachdem es die Times vom 26. März angekündigt hatte, und am 2. April meldete dasselbe Blatt, daß sich Charles Dickens verheiratet habe mit Katharine, der ältesten Tochter George Hogarths, seines Freundes und Kollegen am Morning Chronicle. Die Flitterwochen verlebte der 24jährige Ehemann in der Gegend, zu der er in allen bedeutungsvollen Epochen seines Lebens mit einer sich seltsam erneuernden Vorliebe zurückkehrte, in dem ruhigen kleinen Dorfe Chalk an der Straße zwischen Gravesend und Rochester.

      Daß in der jungen Ehe ein Mißverhältnis bestanden hätte, wird von keiner Seite aus berichtet. Freilich nahm er von vornherein noch eine jüngere Schwester seiner Frau, Mary, mit ins Haus, zu der er bald, wenn man seinen eigenen Worten Glauben schenken darf, eine leidenschaftliche Zuneigung faßte. Und als sie schon im nächsten Jahre sehr plötzlich starb, war er gänzlich niedergeschmettert. Er wollte sein Grab neben dem ihrigen haben, und noch fünf Jahre später, als über den Raum anders verfügt werden sollte, geriet er fast in Verzweiflung. »Die Sehnsucht, einst neben ihr begraben zu werden, ist bei mir noch so stark wie vor fünf Jahren, und ich weiß jetzt – denn ich glaube nicht, daß es jemals eine so starke Liebe gab wie die meinige zu ihr – daß sich diese Sehnsucht niemals vermindern wird. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, von ihrem Staube ausgeschlossen zu sein. Es schiene mir, daß ich sie zum zweiten Male verliere.« Auch während seiner zweiten amerikanischen Reise glaubte er, daß ihr Geist ihn immer umschwebe.

      Wenn man dies nun alles wortwörtlich nähme, so würde die arme Katharine von Anfang an einen schweren Stand neben ihrem Manne gehabt haben. Aber Dickens war Dichter, und wie es innerlich mit seinen Liebesneigungen stand, hat er im Copperfield in seinem Verhältnis zu Klein-Emily, Dora und Agnes geschildert: es wird wohl etwas Übertreibung und etwas Einbildung seine Hand dabei mit im Spiele gehabt haben. Marys Grabschrift, von ihm geschrieben, ist auf einem Grabstein des Kirchhofs in Kensal-Green zu lesen:

      »Jung, schön und gut, zählte sie Gott in seiner Gnade in dem frühen Alter von siebenzehn Jahren seinen Engeln zu.«

      Es ist hier der Ort, darauf hinzuweisen, daß Käthe nicht in der Dora porträtiert ist, die wir aus dem Copperfield so liebgewonnen haben. Eine Bostoner Gesellschaft von Bücherliebhabern veröffentlichte vor kurzem die Liebesbriefe des Dichters an Maria Beadnell. Diese Publikation beweist nun wiederum die Tatsache, daß Dickens David Copperfield selbst ist und daß Maria Dora ist. Der letzte Brief des 22jährigen an die, einem reichen Mann angeheiratete, schloß: »Ich habe nie jemand vor Dir geliebt und kann auch kein menschliches Wesen außer Dir lieben! Und die Liebe, die ich jetzt zu Dir hege, ist so rein und so ewig wie zu irgend einer Zeit unseres Briefwechsels. Meine Gefühle wurden früh auf ein einziges Ziel gerichtet, und sie waren stark und werden ewig dauern.«

      Nach 23 Jahren, nachdem Maria von den Fittichen des Schicksals hart geschlagen worden war, schrieben sich die beiden wieder. Einer der rührendsten Briefe von Dickens an Mrs. Winter lautet:

      »Was ich heute an Einbildungskraft, Erzählungstalent, Energie, Leidenschaft, Streben und Entschlossenheit besitze habe ich nie getrennt und werde ich nie trennen von der hartherzigen kleinen Frau ... von Ihnen ... für die ich buchstäblich mit der größten Bereitwilligkeit gestorben wäre. Mir ist vollständig klar, daß ich meinen Weg aus der Armut und der Verborgenheit zu erkämpfen anfing mit dem beständigen Gedanken an Sie .... Meine große Hingebung und meine unnütze Zärtlichkeit in jenen harten Jahren, derer ich mich seitdem teils mit Freude, teils mit Grauen erinnere, haben auf mich einen solchen Einfluß ausgeübt, daß ich auf diese Zeit der Unterdrückung meiner Gefühle meine jetzige Zurückhaltung zurückführen muß, die sicherlich nicht ein Teil meiner ursprünglichen Natur ist, aber die mich jetzt abhält, meine Gefühle zu zeigen, selbst meinen Kindern gegenüber, außer wenn sie noch ganz klein sind ... Dies alles sind Dinge, die ich in meiner Brust verschlossen hielt und von denen ich nie glaubte, daß ich sie einmal sehen lassen würde. Aber jetzt, wo ich wieder an Sie schreibe, ... an Sie ganz allein ... wie könnte ich es unterlassen, Sie in mich hineinsehen zu lassen, um Ihnen zu zeigen, daß sie immer noch da sind. Wenn die reinsten, die glühendsten und die selbstlosesten Tage meines Lebens Sie als Sonne hatten ... und es war wirklich so ... und wenn ich weiß, daß der Traum, in dem ich damals lebte, mir gut tat, mein Herz läuterte und mich geduldig und standhaft machte, und wenn der Traum

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