Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Box 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Box

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müde?« Sorge lag in seiner Stimme.

      »Es geht schon wieder.« Der Gedanke an das bevorstehende Gespräch machte sie nervös. Noch wusste sie nicht, wie sie das heikle Thema ansprechen sollte.

      Früher war sie geübter gewesen. Da hatte es solche Anlässe öfter gegeben. Noch heute musste Fee lachen, wenn sie an die Szenen dachte, die sie ihrem Mann als junge Frau gemacht hatte. Kein Wunder. Jeder Regisseur hätte ihm schon wegen seines Aussehens ohne mit der Wimper zu zucken die Hauptrolle in einer Arztserie angeboten. Seine Beliebtheit bei den weiblichen Patienten hatte der jungen Felicitas regelmäßig schlaflose Nächte beschert. Diese Zeiten gehörten glücklicherweise längst der Vergangenheit an. Ihre Ehe stand auf einem sicheren Fundament aus glücklichen Erinnerungen, gemeinsam bewältigten Krisen und bedingungsloser Liebe. Gemeinsam waren sie stark. Zumindest war es das, was Fee in den vergangenen Jahren immer gedacht hatte. Im Augenblick war sie sich allerdings nicht mehr so sicher. Hatte sie wie Lenni sämtliche Alarmsignale übersehen?

      »Erinnerst du dich an den Bericht über den archäologischen Senstationsfund neulich im Fernsehen?«, fragte Daniel in ihre Gedanken hinein.

      »Du meinst die Maske von Sakkara?« Es war erst das dritte Mal, dass eine solche Maske aus teilweise vergoldetem Silber in einem Privatgrab Ägyptens entdeckt worden war. Dementsprechend euphorisch wurde der Fund gefeiert. Zu Recht, wie Fee fand. Sie erinnerte sich gut an den Jahrtausende alten Blick aus den schwarzen Edelsteinaugen. Das war aber nicht das, was Daniel meinte.

      »Du hast mich vorhin genauso angesehen wie der Forscher in dem Bericht das Fundstück. Als wollte er ihm sein Geheimnis entlocken.«

      Felicitas sank zurück in die tiefen Kissen der Lümmelcouch.

      »Vielleicht verbirgst du ja auch etwas vor mir.«

      Daniel Norden runzelte die Stirn, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er angestrengt nachdachte.

      »Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«

      Fee spürte, dass er ehrlich war. Aber woher stammte dann das Bild, das Volker Lammers ihr gezeigt hatte? Eine Fotomontage? So viel technisches Verständnis traute sie ihm nicht zu. Wenn sie keine schlaflose Nacht verbringen wollte, gab es nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden.

      »Dann hast du heute keine Frau geküsst? Außer mir natürlich.«

      Endlich fiel der Groschen bei Daniel. »Ach, du meinst den Überfall von Dr. Paulsen.« Mit einem Schlag veränderte sich alles, seine Körperhaltung, seine Stimme, seine Miene. Alles an ihm war pure Empörung. »So eine Unverschämtheit ist mir noch nie untergekommen.« Er berichtete Fee von Andrea Sanders Missgeschick und vom Treffen mit der Schönheitschirurgin. Fee hörte schweigend zu. Nicht nur ein Stein, ein ganzes Geröllfeld löste sich von ihrem Herzen und stürzte in die Tiefe. Sie wunderte sich, dass draußen alles ruhig blieb.

      »Manche Frauen halten sich einfach für unwiderstehlich.« Sie schmiegte sich an ihren Mann.

      »Und diejenigen, die es wirklich sind, lassen an sich herumspritzen und -schnippeln.«

      »Glaubst du, du bekommst Andrea Sander wieder hin?«

      »Ehrlich? Ich habe keine Ahnung.« Daniel ließ den Wein im Glas kreisen.

      Eine Weile war es still im Zimmer. Schwer vorstellbar, dass sich die Menschen vor ein paar Wochen um diese Uhrzeit noch draußen getummelt hatten. Sie hatten gegrillt oder Feuer im Garten gemacht, sich unterhalten, gelacht und manchmal gesungen, um den Sommer und das Leben zu feiern. Nun zogen sich Natur und Mensch zurück, um sich auf die kühle Jahreszeit vorzubereiten. Doch nach dem Fest des Sommers war die herbstliche Stille durchaus erholsam und machte es einfacher, klare Gedanken zu fassen. »Woher weißt du das mit der Kollegin Paulsen überhaupt?«

      »Ihr hattet einen Beobachter.«

      In diesem Augenblick fiel Daniel die Begegnung vom frühen Abend ein.

      »Oskar?«

      Fee musterte ihren Mann überrascht.

      »Was hat der denn damit zu tun?«

      »Wie es der Zufall wollte, war er heute auch im Seehaus.«

      »Allein?« Ihre Augen wurden schmal.

      »Mit einer sehr aparten Frau. Allerdings machte er keinen sehr glücklichen Eindruck«, schob Daniel schnell hinterher.

      »Wenn er so ausgesehen hat wie du auf Lammers’ Foto, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen«, kicherte Fee. »Aber um deine Frage von vorhin zu beantworten: Oskar hat dich nicht verraten. Es war Lammers. Er hat ein Beweisfoto geschossen und offenbar schon die Lästerschwestern ins Boot geholt.«

      »Jetzt verstehe ich.« Daniel erzählte seiner Frau, wie Josefa und Volker die Köpfe zusammengesteckt hatten. »Na, da habe ich ja einen Spießrutenlauf vor mir morgen.«

      Felicitas trieben noch ganz andere Sorgen um. Der Verwaltungsdirektor Dieter Fuchs wäre alles andere als amüsiert über eine augenscheinliche Affäre des Klinikchefs. Doch für diesen Tag war es genug.

      Sie drückte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange, leerte ihr Glas und gähnte.

      »Der Schreck hat mich ganz schön müde gemacht.« Seite an Seite stiegen sie die Treppe hinauf.

      »Nicht, dass du denkst, du kannst dich jetzt zurücklehnen und unsere Beziehung einfach so laufen lassen.« Daniel zwinkerte ihr zu. »Ein bisschen Mühe will schon sein.«

      »Wie gut, dass du mich daran erinnerst.« Felicitas blieb stehen und sah ihren Mann an. Selbst im Dämmerlicht sah er das Funkeln in ihren Augen. Das war noch nie ein gutes Zeichen gewesen. »Dann kannst du gleich den Anfang machen und mich hochtragen.« Sie schlang die Arme um seinen Hals und ließ sich fallen. Daniel stöhnte demonstrativ. Vergeblich. »Ein bisschen Mühe will schon sein«, wiederholte sie seine Worte. »Aber falls es dich tröstet: Du wirst es nicht bereuen.«

      *

      Der nächste Arbeitstag begann, wie der letzte geendet hatte. Mit Ärger.

      »Sie wollen mich nicht operieren?« Andrea Sanders Stimme klingelte in den Ohren ihres Chefs.

      Obwohl Dr. Norden mit dieser Reaktion gerechnet hatte, war er bis zuletzt guter Dinge gewesen. Voller Vertrauen hatte er auf die Wirkung selbsterfüllender Prophezeiung gesetzt. Er hatte fest daran geglaubt, dass seine positive Ausstrahlung Andreas’ Reaktion beeinflussen konnte. Leider half aller Optimismus nichts. Seine Hoffnung erfüllte sich nicht. Sie bebte am ganzen Körper, ihre Augen hinter der Sonnenbrille schwammen in Tränen. »Das können Sie mir doch nicht antun.«

      »Von ›antun‹ kann keine Rede sein. Ganz im Gegenteil. Ich will Ihnen etwas ersparen«, versicherte er. »Der Auslöser Ihrer Beschwerden lässt sich nicht mit letzter Sicherheit bestimmen. Möglich, dass wir die Sache mit einer Operation noch schlimmer machen.«

      »Welche Alternativen gibt es?«

      »Eine Behandlung mit entzündungshemmenden Mitteln. Eine gesunde Lebensweise. Und viel, viel Geduld.« Daniel konnte sich vorstellen, wie dieser Vorschlag in Andreas Ohren klang.

      Er sah ihr dabei zu, wie sie hinter dem Schreibtisch auf und ab ging. Plötzlich blieb sie stehen und sah ihn durch

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