Mansfield Park. Jane Austen
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Lady Bertram kümmerte sich überhaupt nicht um die Erziehung ihrer Töchter. Dazu hatte sie keine Zeit. Sie verbrachte den Tag hübsch angezogen auf ihrem Sofa über einer endlosen Handarbeit, die weder nützlich noch schön war, und interessierte sich mehr für Mops als für ihre Kinder, zeigte sich aber diesen gegenüber sehr duldsam, solange sie nicht ihre Bequemlichkeit störten. In allen wichtigen Angelegenheiten ließ sie sich von Sir Thomas, in den minder bedeutenden Fragen des Alltags von ihrer Schwester leiten. Auch wenn sie mehr Zeit gefunden hätte, sich ihren Töchtern zu widmen, wäre ihr dies überflüssig erschienen. Sie waren der Obhut einer Gouvernante und den richtigen Lehrern anvertraut, und mehr brauchten sie ja nicht. Was Fannys vermeintliche Dummheit beim Unterricht betraf, konnte Lady Bertram nur sagen, das sei schade, aber manche Menschen wären eben dumm, und Fanny müsse sich mehr Mühe geben; sie wüßte nicht, was man sonst tun könnte; und abgesehen von ihrer Dummheit könne sie dem armen, kleinen Ding nichts vorwerfen – im Gegenteil, sie fände sie sogar sehr flink und anstellig, wenn sie ihr etwas auszurichten oder zu holen auftrüge.
So lebte sich Fanny mit allen ihren Fehlern, als da sind Unwissenheit und Schüchternheit, in Mansfield Park ein, lernte ein gut Teil ihrer Anhänglichkeit an das Elternhaus auf ihr neues Heim zu übertragen und wuchs nicht gerade unglücklich neben ihren Cousinen auf. Maria und Julia waren nicht bösartig, und wenn sie Fanny auch oft überheblich behandelten, so dachte diese doch zu gering von sich, um sich beleidigt zu fühlen.
Etwa um die Zeit, als Fanny in die Familie eintrat, fühlte sich Lady Bertram durch leichte Kränklichkeit und große Trägheit bewogen, das Haus in London aufzugeben, wo sie bisher jedes Jahr einige Frühlingsmonate verbracht hatten. Sie blieb nun ständig auf dem Land und überließ es Sir Thomas, seine Pflichten im Parlament zu erfüllen, ohne sich viel den Kopf zu zerbrechen, ob ihre Abwesenheit zu seinem Behagen beitrug oder es schmälerte. Auf dem Lande fuhren die jungen Damen also fort, ihr Gedächtnis und ihre Duette zu üben und dabei unversehens zu großen, stattlichen Mädchen heranzuwachsen. Ihr Vater sah mit Befriedigung, daß ihr Aussehen, ihr Benehmen und ihre Bildung durchaus seine Erwartungen erfüllten. Sein ältester Sohn war leichtsinnig und verschwenderisch und hatte ihm schon viele Sorgen gemacht, doch von seinen anderen Kindern durfte er sich das Allerbeste versprechen. Solange seine Töchter den Namen Bertram trugen, würden sie ihm neuen Glanz verleihen, und wenn sie ihn einmal ablegten, durfte er hoffen, daß sie standesgemäße Verbindungen eingingen. Edmunds Charakter, sein ausgezeichneter Verstand und sein aufrechter Sinn sprachen dafür, daß er ein nützliches, geachtetes und glückliches Dasein führen würde. Er war zum Geistlichen bestimmt.
Über allen Sorgen und Freuden, die ihm seine eigenen Sprößlinge bereiteten, vergaß Sir Thomas die Kinder seiner armen Schwägerin nicht. Er unterstützte sie großzügig bei der Erziehung und Versorgung ihrer Söhne, sobald diese alt genug waren, einen Beruf zu wählen. Obwohl Fanny von ihrer eigenen Familie fast völlig abgeschnitten war, empfand sie jedesmal tiefste Befriedigung, wenn sie von der Güte ihres Onkels gegenüber ihren Brüdern oder von einer günstigen Wendung in deren Leben hörte. Ein Mal, ein einziges Mal in all den Jahren, ward ihr das Glück zuteil, mit William zusammenzukommen. Die übrigen bekam sie nie zu Gesicht; niemandem schien es in den Sinn zu kommen, daß sie einmal die Ihrigen besuchen könnte, und daheim schien niemand nach ihr zu verlangen. Doch William, der sich bald nach ihrer Übersiedlung entschlossen hatte, zur See zu gehen, wurde eingeladen, eine Woche bei seiner Schwester zu verbringen, ehe er seinen Dienst antrat. Man kann sich die Zärtlichkeit des Wiedersehens, die Seligkeit des Beisammenseins, die Stunden übermütiger Fröhlichkeit und die Augenblicke ernsthafter Beratung, die es mit sich brachte, lebhaft ausmalen – die zuversichtliche Zukunftsfreude und strahlende Laune des Bruders bis zum letzten Augenblick und den Schmerz der Schwester, als er endgültig gegangen war. Zum Glück fiel der Besuch in die Weihnachtsferien, so daß sie sich wenigstens bei ihrem Vetter Edmund Trost holen konnte; und er erzählte ihr so bezaubernd von Williams künftigen Taten und Ehren, daß sie nach und nach einzusehen begann, daß die Trennung auch ihre guten Seiten haben könnte. Edmunds Freundschaft versagte nie. Auch als er Eton verließ, um nach Oxford zu gehen, änderte sich nichts an seiner Zuneigung, und er fand eher noch häufiger Gelegenheit, sie zu beweisen. Ohne je zu betonen, daß er mehr für sie tat als die übrigen Familienmitglieder, oder zu befürchten, daß er zuviel tun könnte, trat er stets treulich und mit großer Feinfühligkeit für Fanny ein. Er bemühte sich, die anderen von ihren wertvollen Eigenschaften zu überzeugen und gleichzeitig Fannys Schüchternheit zu überwinden, die das Zutagetreten dieser guten Eigenschaften erschwerte. Ihm verdankte sie Rat, Trost und Ermutigung.
Da sie von allen anderen zurückgesetzt wurde, reichte seine Unterstützung allein nicht aus, sie in die erste Reihe zu stellen, doch ansonsten waren seine Bemühungen von unschätzbarem Wert für die Ausbildung ihres Geistes. Er wußte, daß sie klug war und eine rasche Auffassung sowie Vernunft und Feingefühl besaß. Allein ihre Leseleidenschaft mußte, unter der richtigen Leitung, zu wahrer Bildung führen. Miss Lee lehrte sie Französisch und hörte ihr die tägliche Geschichtslektion ab, doch Edmund wies sie auf die Bücher hin, die ihre Mußestunden verzauberten; er bestärkte sie in ihrem Geschmack und gab ihr ein sicheres Urteil. Erst durch ihn wurde das Lesen zur nützlichen Beschäftigung, weil er mit ihr über das Gelesene sprach und die Schönheiten eines Buches ins rechte Licht setzte. Zum Dank dafür liebte sie ihn mehr als jeden anderen Menschen auf Erden, William ausgenommen. Ihr Herz war zwischen beiden geteilt.
3. Kapitel
Das erste wichtigere Familienereignis, das eintrat, als Fanny etwa fünfzehn Jahre zählte, war der Tod von Pastor Norris. Es brachte natürlich gewisse Veränderungen und Umstellungen mit sich. Mrs. Norris verließ das Pfarrhaus und übersiedelte zuerst ins Herrenhaus und später in ein kleines Haus im Dorf, das zu Sir Thomas’ Besitz gehörte. Über den Verlust ihres Gatten tröstete sie sich mit der Überlegung, daß sie eigentlich sehr gut ohne ihn auskam, und über die Verminderung ihres Einkommens mit der Einführung noch drastischerer Sparmaßnahmen.
Die Pfarre war von jeher für Edmund bestimmt; wäre sein Onkel einige Jahre früher gestorben, hätte man sie ordnungsmäßig durch irgendeinen befreundeten Geistlichen betreuen lassen, bis Edmund alt genug wäre, sein Amt anzutreten. Doch Tom hatte inzwischen bereits soviel Geld verschwendet, daß es sich als notwendig erwies, anderweitig über die Pfründe zu verfügen, und der jüngere Bruder mußte für den Leichtsinn des älteren büßen. Zum Familienbesitz gehörte noch eine zweite Pfarre, die auf Edmund wartete, und dieser Umstand erleichterte Sir Thomas’ Gewissen ein wenig. Doch er empfand diese Regelung als arge Ungerechtigkeit gegenüber seinem jüngeren Sohn und bemühte sich ernsthaft, dieses Gefühl auch dem älteren einzuprägen; davon erhoffte er sich einen nachhaltigeren Eindruck als von allem, was er sonst sagen oder tun könnte.
«Ich erröte für dich, Tom», sprach er mit seiner würdevollsten Miene. «Ich erröte, daß ich gezwungen bin, zu diesem Mittel zu greifen, und ich darf wohl annehmen, daß auch du tiefe Beschämung empfindest. Du hast deinen Bruder für zehn, zwanzig, dreißig Jahre, vielleicht für sein ganzes Leben, um mehr als die Hälfte der ihm zustehenden Einkünfte gebracht. In Zukunft mag es mir oder dir (wie ich hoffe) möglich sein, ihm das einträglichere Amt zurückzuerstatten, aber du darfst nie vergessen, daß damit nicht mehr als sein selbstverständlicher Rechtsanspruch erfüllt würde und daß ihn in Wirklichkeit nichts für das sichere Einkommen entschädigen kann, das er jetzt durch die Dringlichkeit deiner Schulden verliert.»
Tom hörte seinem Vater zwar mit einiger Zerknirschung zu, entschlüpfte ihm aber so rasch wie möglich und war in seinem erfreulichen Egoismus bald imstande, einige tröstliche Überlegungen anzustellen: erstens, daß er nicht halb soviel Schulden gemacht hätte wie einige seiner Freunde, zweitens, daß sein Vater sich doch gar zu langweilig über die Sache ausgelassen hätte, und drittens, daß der nächste Inhaber der Pfarre, wer immer er sein mochte, ja doch aller Wahrscheinlichkeit nach bald sterben würde.
Der