Mansfield Park. Jane Austen
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Lady Bertram lauschte diesen Ausbrüchen ohne großes Interesse. In die Entrüstung einer in ihrer Sparsamkeit gekränkten Hausfrau konnte sie sich nicht hineindenken, fühlte sich aber als anerkannte Schönheit durch den Umstand beleidigt, daß Mrs. Grant, die nicht einmal hübsch zu nennen war, sich so glänzend versorgt hatte. Sie drückte ihr Erstaunen über diesen Punkt fast ebensooft, wenn auch weniger weitläufig aus, wie Mrs. Norris ihrer Empörung über Mrs. Grants Verschwendungssucht Luft machte.
Diese Dinge hatten etwa ein Jahr lang einen willkommenen Gesprächsstoff abgegeben, als sich ein neues Ereignis ankündigte; und diesmal war es von solcher Bedeutung für die Familie, daß es wohl einigen Raum in den Gedanken und Unterhaltungen der beiden Damen beanspruchen durfte. Sir Thomas fand es notwendig, persönlich nach Antigua zu reisen, um seine dortigen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Er nahm seinen ältesten Sohn mit, den er auf diese Weise von einigen höchst unerwünschten Freunden loszumachen hoffte. Sie verließen England mit der Aussicht, fast ein Jahr lang fernzubleiben.
Die Unerläßlichkeit der Reise aus finanziellen Gründen und die Hoffnung, daß sie sich für seinen Sohn günstig auswirken würde, erleichterten Sir Thomas den schweren Entschluß, sich von seiner Familie zu trennen und insbesondere seine Töchter in diesem für sie so bedeutungsvollen Lebensabschnitt der Führung anderer zu überlassen. Er glaubte nicht, daß Lady Bertram ganz der Aufgabe gewachsen sei, ihnen gegenüber seine Stellung einzunehmen oder, besser gesagt, ihre eigene Stellung richtig auszufüllen; doch er hatte genügend Vertrauen in Mrs. Norris’ Wachsamkeit und Edmunds richtiges Urteil, um ohne Besorgnis um seine Töchter abzureisen.
Lady Bertram sah es gar nicht gern, daß ihr Mann sie verließ. Doch ihre Seelenruhe wurde durch keinerlei Angst um seine Sicherheit, keine Sorge um sein Wohlbefinden getrübt. Sie gehörte zu den Menschen, die sich nicht vorstellen können, daß irgend etwas gefährlich oder schwierig oder anstrengend sein könnte, was ihnen nicht selber zustößt.
Sehr waren bei diesem Anlaß die jungen Damen zu bedauern, nicht etwa wegen ihres Kummers, sondern weil sie nichts Derartiges empfanden. Sie brachten ihrem Vater, der ihren Vergnügungen niemals günstig gesinnt schien, keine Liebe entgegen, und seine Abwesenheit war ihnen betrüblicherweise höchst erwünscht. Sie fühlten sich von jedem Zwang befreit. Auch wenn sie im Augenblick nicht an irgendein bestimmtes Vergnügen dachten, das Sir Thomas ihnen vermutlich nicht gestattet hätte, empfanden sie ganz allgemein, daß sie jetzt ihre eigenen Herrinnen wären und niemand ihnen Schranken auferlegen würde. Fanny fühlte sich ebenso erleichtert wie ihre Cousinen und war sich dessen gleichfalls bewußt, doch ihrem zärtlicheren Gemüt erschien dieses Gefühl als Undank, und sie grämte sich aufrichtig darüber, daß sie nicht imstande war, sich zu grämen. Sir Thomas, der soviel für sie und ihre Brüder getan hatte, verreist – vielleicht auf Nimmerwiedersehen – und sie hatte ihn ohne Träne wegziehen gesehen! Welch schändliche Gefühllosigkeit! Obendrein hatte er ihr am allerletzten Morgen gesagt, er hoffe, daß sie William im Lauf des nächsten Winters wiedersehen werde, und hatte ihr aufgetragen, dem Bruder zu schreiben und ihn nach Mansfield einzuladen, sobald das Geschwader, zu dem er gehörte, nach England zurückkehrte. Wie lieb und fürsorglich war das gewesen! Und hätte er nur ein Lächeln für sie gefunden und sie «meine liebe, kleine Fanny» genannt, wäre alle seine frühere Kälte und Strenge augenblicklich vergessen gewesen. Doch wie es seine Art war, hatte er seine Rede mit einem Satz beendet, der sie aufs tiefste kränkte: «Wenn William nach Mansfield kommt, wirst du hoffentlich in der Lage sein, ihm zu beweisen, daß die vielen Jahre, die seit euerer Trennung verflossen sind, für dich nicht gänzlich ohne Nutzen waren – obwohl ich fürchte, daß er eine sechzehnjährige Schwester finden wird, die in vielen Punkten noch allzusehr einer zehnjährigen gleicht.» Als ihr Onkel davongefahren war, weinte Fanny bitterlich über diese Worte, und ihre Cousinen, die ihre geröteten Augen sahen, erklärten sie prompt zur Heuchlerin.
4. Kapitel
Tom Bertram hatte in den letzten Jahren so wenig Zeit zu Hause verbracht, daß man ihn nur dem Namen nach vermissen konnte. Nun entdeckte Lady Bertram zu ihrem Erstaunen, wie gut es auch ohne seinen Vater ging. Edmund wußte ihn trefflich zu ersetzen: er tranchierte bei Tisch den Braten, verhandelte mit dem Verwalter, korrespondierte mit dem Anwalt, zahlte der Dienerschaft den Lohn aus und ersparte ihr jede nur denkbare Mühe oder Anstrengung, bis auf das Adressieren ihrer Briefe.
Die Nachricht von der glücklichen Überfahrt und guten Ankunft der beiden Reisenden traf mit der frühesten Post ein, doch nicht so früh, daß Mrs. Norris nicht Zeit gehabt hätte, in den gräßlichsten Befürchtungen zu schwelgen. Sie suchte auch Edmund damit anzustecken, sooft sie ihn allein erwischte. Da sie sich darauf verließ, daß eine allfällige Katastrophe ihr zuerst zu Ohren kommen würde, hatte sie sich schon zurechtgelegt, wie sie den anderen die furchtbare Kunde schonend beibringen wollte – bis Sir Thomas’ Mitteilung, daß er und sein Sohn lebend und gesund in Antigua angekommen waren, sie nötigte, ihre Aufregung und ihre zartfühlend vorbereitenden Reden bis auf weiteres zu unterdrücken.
Der Winter kam und verging, ohne daß sich dafür Verwendung bot. Die Berichte lauteten weiterhin durchaus günstig. Und Mrs. Norris hatte soviel damit zu tun, ihre Nichten zu verschiedenen Unterhaltungen zu begleiten, ihre Toiletten zu begutachten, ihre Talente zur Schau zu stellen und nach ihren künftigen Bräutigamen Ausschau zu halten, daß sie – da ihr ja obendrein noch die Sorge für ihren eigenen Haushalt, die Einmischung in den Haushalt ihrer Schwester und die Kontrolle über Mrs. Grants verschwenderisches Treiben oblag – nur sehr wenig Zeit fand, sich auch noch mit Befürchtungen um die Abwesenden zu befassen.
Die Fräulein Bertram nahmen nun den ihnen gebührenden Platz unter den jungen Damen der Nachbarschaft ein, und da sie Schönheit und glänzend ausgebildete Talente mit natürlicher Unbefangenheit und den liebenswürdigsten gesellschaftlichen Manieren verbanden, erwarben sie sich bald die allgemeine Gunst und Bewunderung. Ihre Eitelkeit war so befriedigt, daß sie ganz frei davon schienen und auf jede Vornehmtuerei verzichteten; und die Komplimente über ihr feines Benehmen, die von ihrer Tante eingeheimst und ihnen wiedererzählt wurden, bestärkten sie noch in der Überzeugung, keine Fehler zu besitzen.
Lady Bertram ging nicht mit ihren Töchtern in Gesellschaft. Sie war so träge, daß selbst die mütterliche Freude, sich an den Erfolgen und Vergnügungen ihrer Kinder zu weiden, ihr keiner persönlichen Unbequemlichkeit wert schien. Diese Pflicht trat sie an ihre Schwester ab, die sich nichts Besseres wünschte, als so ehrenvoll zu repräsentieren, und ausgiebig die Gelegenheit genoß, in Gesellschaft zu fahren, ohne auf eigene Kosten Pferde mieten zu müssen.
Fanny nahm nicht an den winterlichen Lustbarkeiten teil, aber es beglückte sie, daß sie sich jetzt als Gesellschafterin ihrer Tante anerkanntermaßen nützlich machte, wenn alle anderen ausgeflogen waren; da Miss Lee nicht mehr in Mansfield weilte, war sie Lady Bertram an solchen Abenden natürlich unentbehrlich. Sie plauderte mit ihr, hörte ihr zu, las ihr vor, und diese stillen Abende zu zweit, an denen sie keinen unfreundlichen Ton zu gewärtigen hatte, waren ihrem Gemüt, das sich sonst kaum jemals vor peinlichen Überraschungen sicher fühlte, eine unbeschreibliche Wohltat. Von den Vergnügungen ihrer Cousinen, besonders von den Bällen und mit wem Edmund getanzt hatte, ließ sie sich gar zu gern erzählen; sie dachte aber viel zu gering von ihrer eigenen Stellung, um sich einzubilden, sie könnte jemals daran teilnehmen, so daß sie ganz unbefangen