Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

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Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

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die Ungarn

       1251/61

      Přemysl Otakar II. von Böhmen übernimmt die Herrschaft in Österreich und in der Steiermark.

       1258–1295

      Graf Meinhard II. von Görz-Tirol

       1273

      Wahl Rudolfs I. von Habsburg zum römischen König

       1278

      Tod Přemysl Otakars II. in der Schlacht von Dürnkrut und Jedenspeigen

      Das Werden der Länder ist das bedeutendste Phänomen in der mittelalterlichen Geschichte des Ostalpenraums. Hier wurzelt die föderale Struktur der Republik Österreich der Gegenwart. Tatsächlich entstanden die meisten Länder des heutigen Österreich, nämlich Nieder- und Oberösterreich, die Steiermark, Kärnten, Tirol und Salzburg, in einem mehrstufigen Prozess, in welchem die Zeit von der Mitte des 11. bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts entscheidend war. Am Ende dieser hochmittelalterlichen Formationsphase treten die Länder bereits in annähernd der Gestalt entgegen, die sie noch heute besitzen. Die Länderidentitäten erwiesen sich als derart gefestigt, dass sie den verschiedenen schon am Ende des 12. Jahrhunderts einsetzenden territorialen Konzentrationsvorgängen erfolgreich widerstehen konnten. Durch dynastische Politik herbeigeführte Länderverbindungen nahmen in der Folge die Form einer Personalunion an – man hatte ein und denselben Landesfürsten –, ohne indes an der Eigenständigkeit der einzelnen Länder, die die Länderunion bildeten, zu rühren. Das Land gab weithin den Rahmen ab, innerhalb dessen sich das Leben der Menschen in rechtlicher, politischer und sozialer Hinsicht bewegte. Land in diesem Sinne ist nicht so sehr ein geographischer Begriff denn eine politisch-verfassungsrechtliche Kategorie. Besonders in den Anfängen der Neugestaltung darf man das werdende Land wohl als Personenverband, als Gemeinschaft des jeweiligen Herrn mit seinen Vasallen, Getreuen und Amtsträgern, verstehen. Im Zusammenwirken des Landesfürsten mit dem das Land bildenden Adel ist das Land entstanden. Die seit dem 13. Jahrhundert einsetzende stärkere Normierung und Juridifizierung des gesamten Herrschaftsgefüges hat dann zu einer Verrechtlichung auch des Landesbegriffs geführt. Das territoriale Prinzip, die Zuordnung zum Recht eines Landes, löste in den Quellen immer mehr die Nennung des personenbezogenen Stammesrechtes ab, so dass das voll ausgebildete Land schließlich als ein Gebiet einheitlichen Rechts erscheinen konnte. Wesensmerkmal dieses spätmittelalterlichen Landes ist nach Otto Brunner die adelige Landesgemeinde, die nach Landrecht lebt. »Land, Landrecht und die im obersten Gericht handelnde adelige Landgemeinde bilden […] eine Einheit […]. Das Bekenntnis zum Landrecht (war) Ausdruck der Landeszugehörigkeit und -einheit« (Othmar Hageneder ).

      Dass der Prozess der Landesbildung im frühen 12. Jahrhundert erstmals deutlicher fassbar wird, hat mit der schweren Erschütterung der alten Ordnungen, welche der sogenannte Investiturstreit mit sich gebracht hatte, zu tun. Nicht mehr das Reich, sondern kleinere Herrschaftsgewalten – Herzöge, Markgrafen und Grafen – übernahmen die Verantwortung für die Friedenswahrung und das Recht. Und diese mittleren Gewalten übernahmen auch die Führung bei der hochmittelalterlichen Herrschaftsverdichtung, zu deren wichtigsten Gewinnern sie in der Folge zählten. Das einsetzende Bevölkerungswachstum machte Binnenkolonisation in großem Stil möglich. Tatsächlich schufen die großen Rodungsvorgänge des 12. und 13. Jahrhunderts dann erst jene weithin durchgehenden Landschaften, die das werdende Land ausmachten.

      Hand in Hand mit der Entstehung der Länder ging eine gesellschaftliche Entwicklung, die zur Ausbildung eines rechtlich einheitlichen Landesadels führte. Die hochmittelalterliche Adelsherrschaft, die zur Landesherrschaft strebt, bedient sich einer neuen Gruppe von Helfern, der Ministerialen. Sie kamen aus dem Kreis der Grundholden eines Adeligen oder eines Bischofs, waren also eigentlich Unfreie, die durch die Heranziehung für qualifizierte militärische oder administrative Dienste gesellschaftlich aufsteigen und eine adelige Lebensform annehmen konnten. Merkmale der ursprünglichen Unfreiheit hafteten ihnen ungeachtet einer faktisch oftmals potenten Position noch lange an. So unterlagen die persönliche Freizügigkeit in Hinblick auf den Wechsel des Herrn und die Wahl des Ehepartners oder das Verfügungsrecht über den Besitz gewissen Einschränkungen. Familien wie die Kuenringer verfügten als babenbergische Ministerialen freilich schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts über ein wirtschaftliches Potential, das ihnen selbst eine Klostergründung (Zwettl) erlaubte. Diese besitzmächtigen Ministerialengeschlechter verschmolzen im 13. Jahrhundert mit den wenigen verbliebenen Grafen und Freien, die keine eigene Landesherrschaft auszubilden in der Lage gewesen waren, zu einem weitgehend einheitlichen Landesadel. An der Konsolidierung der werdenden Länder hat diese Schicht maßgeblichen Anteil.

      Nach der Art ihrer Entstehung lassen sich die Länder des gegenwärtigen Österreich in vier Gruppen unterteilen. Die Länder (Nieder-)Österreich und die Steiermark entstanden auf der Grundlage ottonischer Marken des 10. Jahrhunderts. Davon heben sich Tirol und Salzburg ab, wo jeweils mehrere Grafschaften zu einer größeren Einheit zusammenwuchsen. Bei Kärnten ist die Entwicklung genau entgegengesetzt, indem von einer ursprünglich großen Einheit, dem Herzogtum des 10. Jahrhunderts, ein territorial sehr begrenztes Land übrig blieb. Diesen drei Typen der Landesbildung kann man noch den Fall des Landes ob der Enns (Oberösterreich) als vierten anfügen. Dieses Land stellt sich als durch einen Verwaltungsakt des Königs Přemysl Otakar II. von Böhmen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden dar.

      Österreich

      Die Mark der Babenberger, für welche 1147 zum ersten Mal der lateinische Name Austria in einem königlichen Diplom gebraucht wird, nahm im 12. Jahrhundert einen eindrucksvollen Aufschwung. Aus dem Pionierland, das die Mark nach der Jahrtausendwende noch weithin gewesen war, entstand eine blühende Landschaft, die die benachbarten Gebiete im Südosten des Reichs entwicklungsmäßig zu überflügeln begann. Wenn der Verfasser der Lebensbeschreibung des Salzburger Erzbischofs Konrad I. nach der Mitte des 12. Jahrhunderts den Reichtum einer Landschaft beschreiben möchte, so weiß er das nicht anders zu tun, als durch einen Vergleich mit Österreich (Austria), das ihm als das Maß der Dinge erscheint. Und für den bedeutendsten französischen Dichter des 12. Jahrhunderts Chrétien de Troyes reimt sich (altfranz.) riche (dt. ›reich‹) auf Osteriche. Als so kostbar scheint ihm eine Textilie, »dass selbst der Herzog von Österreich nie eine solche hätte sein eigen nennen können«. Die Grundlagen der dynamischen Entwicklung der Mark an der Donau dürften in das ausgehende 11. Jahrhundert zurückreichen. Sehr früh setzte tatsächlich im Machtbereich der Babenberger an der Donau ein Prozess der Landwerdung ein. Die kurz vor 1140 verfasste Vita des Passauer Reformbischofs Altmann zeugt bereits von einem ausgeprägten eigenständigen Bewusstsein der Markbevölkerung, von einer Identität, die nicht mehr die bayerische ist, sondern die des Ostlandes, für welches der Altmann-Biograph den provinzialrömischen Namen Noricum ripense (Ufernorikum) benutzt.

      Recht spärlich sind die zeitgenössischen Quellen zum Babenberger Leopold III. (reg. 1095–1136). Selbst dessen eigener Sohn, der berühmte Geschichtsschreiber Bischof Otto von Freising, überlieferte der Nachwelt wenig über den markgräflichen Vater. Leben und Wirken des 1485 zur Ehre der Altäre erhobenen Babenbergers erscheint uns heute im Gewand einer über viele Jahrhunderte gewachsenen hagiographischen und landespatriotischen Traditionsbildung. Hinter den von Spätmittelalter und Barock geschaffenen wirkmächtigen Bildern lassen sich die Konturen der historischen Persönlichkeit des Markgrafen kaum noch ausmachen. Das erste, was von Leopold III. berichtet wird, ist der spektakuläre Frontwechsel am Fluss Regen in der Oberpfalz im September 1105 angesichts der unausweichlich scheinenden Schlacht zwischen Kaiser Heinrich IV. und seinem Sohn. Buchstäblich in letzter Minute soll der junge König Heinrich (V.) den Babenberger und dessen Schwager, den Böhmenherzog Bořivoj, zum Verlassen des kaiserlichen Lagers bewogen haben. Den Ausschlag für den Markgrafen gab – Otto von Freising scheut sich nicht, dies

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