Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

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Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

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verzahnt.

      Aus dieser Gemengelage von weltlichen und geistlichen Herrschaftsträgern innerhalb einer Generation ein einheitliches Land geformt zu haben, ist das Verdienst von Alberts III. Enkel Meinhard II. von Görz. Der mit der Witwe des Stauferkönigs Konrad IV. verheiratete Görzer profilierte sich rasch als die führende Persönlichkeit unter den Erben Graf Alberts III. von Tirol. Miterben aus dem Grafengeschlecht der Hirschberger konnte er Zug um Zug verdrängen bzw. auskaufen. Mit dem eigenen jüngeren Bruder Albert einigte er sich 1271 auf eine Herrschaftsteilung. Als Grenze zwischen der Meinhard vorbehaltenen, hier erstmals so benannten Grafschaft und Herrschaft Tirol und der Albert zugesprochenen Grafschaft Görz wurde die Mühlbacher Klause am westlichen Eingang des Pustertales festgelegt.

      Der Aufstieg Meinhards zum Tiroler Landesfürsten führte über die Bischöfe von Brixen und Trient. Sie zu entmachten galt dem Grafen von Anfang an als wichtigstes Ziel. Dabei war Meinhard in der Wahl seiner Mittel nicht eben zimperlich. Die gewaltsame Entfremdung von bischöflichen Burgen und Ministerialen stand auf der Tagesordnung, und der Graf, der große Teile seines Lebens im Kirchenbann zubrachte, scheute auch vor schweren Konflikten mit dem Papsttum nicht zurück. Beim Tode Meinhards im Jahre 1295 war alles zugunsten des Landesfürstentums entschieden, und zwar endgültig und unumkehrbar. Die Hochstifte Brixen und Trient wurden in das entstehende Land Tirol integriert, ohne in diesem allerdings gänzlich aufzugehen.

      Zu einem guten Teil gründeten die Erfolge von Meinhards Tiroler Landesfürstentum auf einem soliden Finanzwesen und einer modernen Verwaltung. In beidem empfing der Graf wertvolle Anregungen aus dem Süden. Die vorteilhafte finanzielle Lage Meinhards verdankte sich einerseits der Saline Hall und andererseits den Einnahmen aus den Zöllen, die der stetig ansteigende Handelsverkehr zwischen Deutschland und Italien an den Zollstätten des Landes abwarf. Italiener waren dem Tiroler Landesfürsten wertvolle Helfer in Geldsachen. Aus dem Süden kamen die ersten Münzmeister, die für die Prägung der sogenannten Adlergroschen verantwortlich zeichneten. Meinhard ließ in Meran Mehrfachpfennigmünzen prägen, die dank ihres hohen Feingehalts weithin geschätzt wurden. Sein eigenes Geld veranlagte der Graf u. a. bei dem Florentiner Bankhaus Frescobaldi. Der fortschrittliche Grundzug von Meinhards Herrschaft äußert sich namentlich in der fürstlichen Verwaltung, die zu den modernsten ihrer Zeit zählte. Fast alle Verwaltungsabläufe fanden einen schriftlichen Niederschlag und ließen neue Formen des Schriftgutes entstehen. Erwähnt seien nur die berühmten Tiroler Raitbücher, landesfürstliche Rechnungsbücher, die seit 1288 in einer geschlossenen Reihe erhalten sind. Zur Wahrnehmung des Rechts überzog Meinhard sein gesamtes Herrschaftsgebiet mit einem Netz von regionalen Einheiten, den Gerichten, die gleichzeitig als Verwaltungssprengel genutzt wurden. Neue Wege beschritt der Tiroler Landesfürst auch beim Verwaltungspersonal, wo vielfach an die Stelle adeliger Lehensleute absetzbare Amtsträger traten.

      Die alte Zugehörigkeit des Tiroler Raums zu Bayern verblasste in diesen Jahrzehnten der Regierung Meinhards zusehends. Versuche der Wittelsbacher Herzöge, die endgültige Ablösung Tirols von Bayern zu verhindern, konnte Graf Meinhard mit Hilfe König Rudolfs I. parieren. 1282 bezeugte der Bischof von Chur vor dem Reichshofgericht, dass der im Gebirge (intra montana) ansässige Graf von Tirol niemals zum Herzogtum Bayern oder Schwaben gehört habe. Wenn überhaupt, so bestünden Abhängigkeiten nach Italien. Die Grafen von Tirol besäßen ihre Grafschaft Vinschgau als Lehen des Hochstifts Trient, das bekanntlich zu Italien gehöre. Bald nach diesem sogenannten »Churer Weistum« werden die ersten Spuren eines Tiroler Landrechts fassbar. Als dessen »Erfinder« galt späteren Generationen Meinhard II. Und auch die Frage des Landesnamens klärte sich in den achtziger Jahren des 13. Jahrhunderts. Tirol nannte man nun üblicherweise das neu entstandene Land, wenngleich noch im 14. Jahrhundert ab und an alle Bestandteile des Landes (Grafschaft Tirol, Land an der Etsch und im Inntal und im Gebirge) einzeln aufgezählt wurden. Von den alten Grafen von Tirol leitete sich im übrigen nicht nur der Landesname ab, auch das Wappentier, der Adler, rührte von dort her.

      Salzburg

      Eine ganz ähnliche Entwicklung wie Tirol hätte auch Salzburg nehmen können. Aus den schweren Verwerfungen des Investiturstreits ging zunächst ein machtvoll auftretendes Salzburger Erzstift hervor, das Konrad I. (reg. 1106–1147) zur Speerspitze der kirchlichen Reformbewegung im Südosten des Reiches machte. Der Erzbischof war aber nicht nur ein kirchlicher Erneuerer, er stellte auch die weltliche Herrschaft der Salzburger Metropoliten auf eine feste Grundlage, ließ Burgen wie die Hohensalzburg, Hohenwerfen oder Friesach (Kärnten) errichten. Doch dann folgten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts neuerlich Auseinandersetzungen zwischen Imperium und Sacerdotium mit verheerenden Auswirkungen auf das Erzstift, dessen Oberhirten unerschütterlich die päpstliche Sache verteidigten. Kaiser Friedrich I. nahm den Erzbischöfen zeitweilig ihre weltliche Herrschaft und machte sich die erzbischöflichen Ministerialen gefügig. Dass die Erzbischöfe letztlich dennoch die Herren im Gebiet des heutigen Landes Salzburg blieben und nicht wie in Tirol die Macht an adelige Vögte verloren, ist dem fast ein halbes Jahrhundert das Erzstift mit fester Hand regierenden Erzbischof Eberhard II. (reg. 1200–1246) zuzuschreiben. Dieser gab die traditionell päpstliche Politik seiner Amtsvorgänger zugunsten einer bedingungslosen Gefolgschaft gegenüber dem staufischen Kaiser Friedrich II. auf. Er konnte Grafschaftsrechte im Pinzgau, Pongau und Lungau erwerben. Wichtiger noch für die Geschichte Salzburgs war die Ausschaltung der Hochstiftsvögte. Als 1218 die Grafen von Peilstein ausstarben, zog Erzbischof Eberhard II. die Hochstiftsvogtei ein, um sie nie wieder auszugeben. So waren um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Weichen für die Zukunft Salzburgs als eines geistlichen Territoriums gestellt.

      Land ob der Enns (Oberösterreich)

      Das Gebiet zwischen Hausruck und Enns gehörte bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts zum Herzogtum Bayern. Weil hier die steirischen Otakare das bestimmende Geschlecht waren, kam dieser Raum seit 1180 mit dem Herzogtum Steiermark in Verbindung. Unter dem letzten Babenberger Herzog Friedrich II. begannen sich die Beziehungen zur Steiermark dann zu lockern, namentlich der zwischen Traun und Enns begüterte Ministerialenadel hatte an diesem Prozess wesentlichen Anteil. An die Stelle einer Ausrichtung auf die Steiermark trat bei diesem vermehrt eine solche auf das Herzogtum Österreich, was in der Grenzziehung des Jahres 1254 zwischen den Königen Přemysl Otakar II. von Böhmen und Bela IV. von Ungarn Ausdruck fand. Die Verbindung zur Steiermark wurde damals endgültig zerschnitten. Als westlicher Teil des Herzogtums Österreich erlangte Austria superior, das spätere Land ob der Enns, in der Folge durch Verwaltungsmaßnahmen Přemysl Otakars II. eine gewisse Eigenständigkeit. An spätbabenbergische Verhältnisse anknüpfend, setzte der König in Enns einen eigenen Verwalter des landesfürstlichen Kammergutes ein. Deutlich wird die verwaltungsmäßige Abtrennung des obderennsischen Gebietes allerdings erst, als Přemysl Otakar 1274 einen »Hauptmann des oberen Österreich« (capitaneus Austrie superioris) ernannte. Damit war eine Entwicklung angestoßen, die 1299 eine obderennsische Gerichtsordnung und seit den dreißiger Jahren des 14. Jahrhunderts ein eigenes Recht des Landes ob der Enns entstehen ließ.

      Ein Königreich für die Babenberger?

      Mitte August 1186 fanden auf dem Georgenberg nordöstlich von Enns – noch auf Gebiet des steirischen Herzogs, aber unmittelbar an der Grenze zu Österreich – Verhandlungen zwischen Leopold V. von Österreich und Otakar IV. von Steier statt. Der unheilbar kranke, kinderlose steirische Herzog entschied sich nach Beratung mit seinen Landleuten (meliores) – ein einzigartig frühes Zeugnis für die Einbindung des Landesadels in die Entscheidungsprozesse – für eine babenbergische Nachfolge in der Steiermark, worüber zwei Urkunden (die sogenannte »große« und »kleine« Georgenberger Handfeste) ausgefertigt wurden. Die beiden Dokumente sind kein Erbvertrag – einen solchen hat es ziemlich sicher nicht gegeben –, sondern eine Bestätigung der Rechte der steirischen Ministerialen und Klöster. Nicht die Verwandtschaft der Fürstenfamilien untereinander, sondern die geographische Nachbarschaft der beiden Länder, so gibt Herzog Otakar an, habe seine Entscheidung zugunsten der Babenberger bestimmt. Die Länderverbindung

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