Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

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Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

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in Österreich durch die Trennung von der Babenbergerin Margarethe erheblich beschädigt. Obwohl noch mit dieser verheiratet, vereinbarte Otakar im Wiener Friedensvertrag von 1261 eine Eheschließung mit Kunigunde, einer Enkelin des ungarischen Königs Bela IV., die ihm den von der Babenbergerin nicht mehr zu erhoffenden Erben schenken sollte. Die Ehe mit Margarethe ließ Otakar daraufhin annullieren.

      Freilich erst die Wahl des Grafen Rudolf von Habsburg zum römisch-deutschen König am 1. Oktober 1273 veränderte alles. Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten gab es wieder ein handlungsfähiges Reichsoberhaupt, das sich nicht nur als Zuflucht für sämtliche oppositionellen Kräfte im Herrschaftskomplex des böhmischen Königs anbot, sondern auch die unzureichende reichsrechtliche Legitimation der außerböhmischen Herrschaft Otakars offenbar werden ließ. Tatsächlich besaß der böhmische König nur eine schriftliche und ohne die erforderliche Zustimmung der Reichsfürsten ausgesprochene Belehnung mit Österreich und der Steiermark durch Richard von Cornwall aus dem Jahre 1262. So dürfte sich der Přemyslide schon bald mit Revindikationsforderungen König Rudolfs konfrontiert gesehen haben. Doch erst, als Rudolf die formelle Anerkennung seines Königtums durch den Papst erreicht hatte und der böhmische König damit zusehends in politische Isolation geriet, setzte der Habsburger das reichsrechtliche Verfahren gegen Otakar 1274 in Gang. Die Klage lautete dann nicht mehr nur auf widerrechtliche Inbesitznahme der Herzogtümer Österreich, Steiermark und Kärnten, sondern auch auf unterlassene Lehensnahme im Falle Böhmens und Mährens. Da Přemysl Otakar im Vertrauen auf seine Machtstellung Rudolf weiterhin die Anerkennung verweigerte und alle Fristen des reichsrechtlichen Verfahrens verstreichen ließ, stand am Ende der Entwicklung schließlich 1276 die Verhängung der Aberacht und des Kirchenbanns über den Přemysliden. König Rudolf konnte den Reichskrieg beginnen. Fast kampflos fielen die Herzogtümer Kärnten und Steiermark dem Reichsoberhaupt zu, und auch im Herzogtum Österreich leistete nur die von Otakar privilegierte Stadt Wien Widerstand. Vom Tempo der Ereignisse offenkundig überrascht, musste der Přemyslide in Verhandlungen mit Rudolf einwilligen. Im Wiener Frieden vom 21. November 1276 verzichtete er auf Österreich, die Steiermark, Kärnten und Krain. König Rudolf erteilte ihm im Gegenzug die Belehnung mit Böhmen und Mähren. Eine habsburgisch-přemyslidische Doppelheirat sollte die Aussöhnung der beiden Dynastien verbürgen.

      Es scheint, dass der Wiener Frieden dennoch von beiden Seiten nicht als endgültig angesehen wurde. Immer weitergehende Forderungen des römisch-deutschen Königs ließen bei Otakar bald den Entschluss reifen, nochmals die Entscheidung auf dem Schlachtfeld zu suchen. Schon die Zeitgenossen haben den Feldzug Otakars nach Österreich im Sommer 1278 als missglückt angesehen. Der Přemyslide hielt sich mehrere Wochen mit der Belagerung kleiner Städte im nördlichen Niederösterreich auf und gab Rudolf so die Möglichkeit, seine Kräfte im Marchfeld zu sammeln und auf die große Auseinandersetzung vorzubereiten. Am 26. August 1278 trafen die beiden Heere bei Dürnkrut und Jedenspeigen aufeinander. Nicht zuletzt durch den Einsatz einer taktischen Reserve entschied Rudolf den gewaltigen Kampf für sich. Otakar wurde zu Ausgang der Schlacht von persönlichen Feinden, wohl aus dem österreichischen Adel, gestellt und ermordet. Nach Wien gebracht, wurde der Leichnam des böhmischen Königs im Kapitelsaal des Wiener Minoritenklosters fast dreißig Wochen lang öffentlich zur Schau gestellt, ehe Rudolf die Überführung nach Mähren gestattete.

      Gesellschaft im Aufbruch

      Schon seit dem späteren 11. Jahrhundert nahmen die Bevölkerungszahlen kontinuierlich zu, doch zwischen 1170 und 1250 erreichte die demographische Entwicklung eine bis dahin unbekannte Dynamik. Mit dem kräftigen Zuwachs der Bevölkerung gingen Rodung und Binnenkolonisation Hand in Hand. Das Gebiet des heutigen Österreich hatte maßgeblich Anteil an der epochalen hochmittelalterlichen Kolonisationsbewegung. Bis zum 13. Jahrhundert war die Siedlung in die entlegensten Teile des Waldviertels oder der Oststeiermark, aber auch im alpinen Tirol auf Höhen von über 2000 Metern vorgestoßen. Während die Siedler anfänglich überwiegend aus dem bayerischen Altsiedelland gekommen sein dürften – geistliche und adelige Grundherren förderten die Migration ihrer Untertanen –, machte die Bevölkerungszunahme schon bald Rodung durch Leute aus der näheren Umgebung möglich. Die ethnischen Verhältnisse haben durch den hochmittelalterlichen Rodungsvorgang namentlich in Kärnten und in der Steiermark erhebliche Veränderungen erfahren. Im 13. Jahrhundert überlagerte die bayerische Kolonisation die bis dahin überwiegend slawisch besiedelten Gebiete Oberkärntens und der Obersteiermark. Um dieselbe Zeit setzte im westlichen, noch kaum erschlossenen Grenzsaum des Königreichs Ungarn, jenem Gebiet, welches heute das österreichische Bundesland Burgenland bildet, die Einwanderung deutschsprachiger Siedler ein.

      Parallel zur Endphase der Kolonisationsbewegung erfolgte die große Welle der Städtegründungen, nach außen fassbar im planmäßigen Ausbau mit regelmäßigen Grundrissen und großen, meist rechteckigen Platzanlagen. Reine Gründungsstädte wie Wiener Neustadt waren eher die Ausnahme, zumeist gingen ältere Burg- oder Marktsiedlungen voraus, die planmäßig erweitert wurden. Endpunkt der um 1190 beginnenden Städtegründungsphase war die Herrschaft König Otakars von Böhmen, während der Stadtanlagen wie Marchegg, Leoben oder Bruck an der Mur entstanden. Kennzeichnend für die im Hochmittelalter ausgebildete österreichische Städtelandschaft ist das Vorherrschen kleiner Städte. Nur Wien, das in der späten Babenbergerzeit schon 10 000 Einwohner gezählt haben dürfte, ragt hier heraus. Insgesamt ist der Urbanisierungsgrad in den alpinen Regionen Tirols, Salzburgs, der Steiermark oder Kärntens als niedrig einzustufen, etwas höher war er im Donauraum. Für den Status einer urbanen Siedlung war die Stellung des Gründers entscheidend. Fürstliche Gründungen entwickelten sich fast immer zu Städten, Bürgersiedlungen in adeliger Hand blieben dagegen vorwiegend Märkte. Was die Ausbildung kommunaler Strukturen betrifft, tun sich bei den Bürgersiedlungen im Ostalpen- und Donauraum große Unterschiede auf. Die ältesten Stadtrechte von Enns (1212) und Wien (1221) lassen bereits ratsähnliche Führungsgremien als Organe einer rechtlich handlungsfähigen Bürgergemeinde erkennen. Vielfach erfolgte die Ausformung einer kommunal verfassten Bürgerstadt freilich erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts, und manchen Städten mit bischöflichem Stadtherrn blieben städtische Magistrate bis weit ins Spätmittelalter hinein überhaupt verwehrt.

      Auf die Landwirtschaft wirkten im Hochmittelalter verschiedene Veränderungen ein, von welchen die wichtigste die Zurückdrängung der sogenannten Villikationsverfassung (Meierhofwirtschaft) darstellte. An die Stelle der großen, durch unfreie Knechte und Mägde bewirtschafteten Fronhöfe traten kleine Wirtschaftseinheiten, Hufen oder Huben, die vom Grundherrn gegen jährliche Abgaben in Naturalien und/oder Geld an bäuerliche Hintersassen verliehen wurden. Dieser agrarstrukturelle Wandlungsprozess, der einen mehr oder minder einheitlichen Bauernstand entstehen ließ, zeichnet sich aus den wenigen verfügbaren zeitgenössischen Quellen freilich nur bruchstückhaft ab. Es hat den Anschein, dass das Villikationssystem beim Siedlungsausbau des 12. Jahrhunderts kaum noch angewandt wurde, zumal im alpinen Gelände, wo große Fronhöfe in Eigenregie des Herrn aufgrund der naturräumlichen Bedingungen unzweckmäßig erscheinen mussten. Nur im Altsiedelland lassen sich Villikationen vereinzelt noch bis ins 13. Jahrhundert nachweisen, ehe sie auch dort aufgegeben wurden. Dem allgemeinen Zug zur Grundherrschaft folgten selbst die Zisterzienser, die bei ihren ersten Niederlassungen im Ostalpenraum ihrer Ordenspraxis entsprechend auf große Eigenwirtschaften (Grangien) gesetzt hatten, bald aber zum grundherrschaftlichen System übergingen und ihre Gutsbetriebe in bäuerliche Hufen zerteilten. Die soziale und wirtschaftliche Situation des einzelnen Bauern im System »Grundherrschaft« hing ganz wesentlich von den Bedingungen ab, unter denen ihm ein Grundherr seine Hufe übertragen hatte. Schrittweise kommen im Hochmittelalter für den Bauern günstigere Leiheformen auf, wenngleich das Freistiftrecht, das es dem Grundherrn erlaubte, das Leiheverhältnis nach Jahresfrist aufzukündigen, noch weit verbreitet gewesen sein dürfte. Freiere Leiheformen (Bergrecht, Burgrecht) begünstigte insbesondere der Weinbau. Das zeigt ganz deutlich die seit dem 12. Jahrhundert entstehende »donauländische marktorientierte Weinbaulandschaft« (Roman Sandgruber ).

      Der Handel kam im Ostalpenraum seit dem 12. Jahrhundert erst langsam in Schwung. Zollstellen, aber auch Hospize für Reisende dokumentieren den wachsenden Nord-Süd-Verkehr über die Alpenpässe. Noch bleiben die Kontakte zwischen den babenbergischen

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