Geschichte Österreichs. Walter Pohl L.

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. страница 22

Geschichte Österreichs - Walter Pohl L. Reclams Ländergeschichten

Скачать книгу

eben erst mündig gewordenen Markgrafen Otakar IV. Die zeitgenössische Historiographie berichtet, ohne die Hintergründe zu beleuchten, Markgraf Otakar von Steyr habe »den Namen eines Herzogs erlangt«. Eine formelle Erhebung der Steiermark zum Herzogtum durch Diplom und Siegel fand offenkundig nicht statt. Zum Unterschied von den Babenbergern 1156 erhielt Otakar IV. 1180 keine neuen Rechte. Die Rangerhöhung bedeutete aber, dass der neue Herzog von allen noch bestehenden lehensrechtlichen Bindungen an Bayern gelöst war. Bayerische Herzöge würden zukünftig nicht mehr, wie dies noch 1176 Heinrich der Löwe als Herzog von Bayern demonstrativ getan hatte, im otakarischen Enns (heute Oberösterreich) einen Gerichtstag abhalten können.

      Die politische Sprache zeigt hinsichtlich des neuen Herzogtums noch längere Zeit Unsicherheit. Vom »Land des steirischen Herzogs« ist in einem kaiserlichen Diplom Friedrichs I. für das Kloster Admont im Jahre 1184 die Rede. Erst allmählich, gefördert durch die analoge Bildung ducatus Austrie (Herzogtum Österreich), dringt die Bezeichnung ducatus Stirie (Herzogtum Steier) durch.

      Kärnten

      Das Herzogtum Kärnten erhielt 1077 mit den Eppensteinern erstmals in seiner Geschichte ein länger regierendes Herzogsgeschlecht. Dynastische Kontinuität bedeuteten die etwas mehr als vier Jahrzehnte eppensteinischer Herrschaft indes wohl noch nicht. Eine solche erreichten erst die Spanheimer, die ohne Unterbrechung von 1122 bis 1269 die Kärntner Herzöge stellten. War damit durch diese Familie eine wichtige Voraussetzung für die Ausbildung eines Landesfürstentums gegeben, so fehlten fast alle anderen, weshalb der Prozess der Landwerdung Kärntens vergleichsweise spät einsetzte und sich überaus schwierig gestaltete. Das Fürstentum der Kärntner Herzöge des 12. Jahrhunderts war noch ein altes, das von der im Hochmittelalter rasch voranschreitenden Territorialisierung kaum profitieren konnte. Als Geschlecht mit weitgespannten Interessen und Beziehungen suchten die Spanheimer ihre Heiratspartner im gesamten europäischen Hochadel. Mathilde, eine Tochter Herzog Engelberts (II.), heiratete den Grafen Thibaut (IV.) von der Champagne. Der französische König Philipp II. August war ihr Enkel. Diese französischen Verbindungen brachten Kärnten 1142 das erste Zisterzienserkloster in Viktring (bei Klagenfurt), dessen Mönche aus dem lothringischen Weiler-Bettnach/Villers kamen, wo ein Bruder Mathildes, Heinrich, nachmals Bischof von Troyes, Abt war. Engelbert III., ein weiterer Bruder Mathildes, versuchte sich einige Jahre ziemlich glücklos als Markgraf in der Toskana. Im Herzogtum Kärnten selbst waren den Spanheimern enge Grenzen gesetzt. Es fehlte der Dynastie an Eigenbesitz. Den geistlichen Konkurrenten waren die Herzöge hoffnungslos unterlegen. Vor allem die großen Besitzungen der Erzbischöfe von Salzburg – Zentrum war Friesach, die älteste städtische Siedlung in Kärnten – schnürten den Handlungsspielraum der Spanheimer ein. Noch der letzte Eppensteiner Herzog Heinrich III. hatte sich 1121 auf ein Kräftemessen mit dem Salzburger Erzbischof Konrad I. eingelassen und dies mit einem Canossagang gebüßt. Ähnlich erging es dem Spanheimer Herzog Bernhard (reg. 1202–1256) ein Jahrhundert später bei dem Versuch, die Machtposition der Bamberger Bischöfe in Kärnten um Villach zu brechen. Das Unternehmen scheiterte politisch und militärisch kläglich. Dennoch ist es Herzog Bernhard, der vielleicht am ehesten den Namen »Gründer des Kärntner Landesfürstentums« verdient. Ohne Zweifel war er die bedeutendste Persönlichkeit aus dem Geschlecht der Spanheimer. Bernhard arbeitete zielstrebig am Ausbau der Landesherrschaft, gründete Städte, scharte eine Ministerialität um sich, kam mit seinen Anstrengungen aber dennoch nicht über ein kleinräumiges Unterkärntner Gebiet, das mit dem Städtedreieck St. Veit – Völkermarkt – Klagenfurt umschrieben ist, hinaus. Den Anspruch auf ein größeres Herzogtum Kärnten gaben die Spanheimer indessen niemals auf. Sicherlich ist es kein Zufall, dass der zu 1239 überlieferte früheste Beleg für Herzog Bernhard als Landesfürst (princeps terre) eine Sache außerhalb des engeren Unterkärntner Herrschaftsbereichs der Spanheimer betrifft. Der Kärntner Herzog vermittelte damals wegen mehrerer Güter im heute Salzburger Lungau, und Streitparteien waren zwei gräfliche Geschlechter, Ortenburger und Heunburger, beide mit schwacher Anbindung an das Kärntner Herzogtum.

      Tirol

      Als »Schöpfer« des Landes Tirol gilt bis heute mit Recht Meinhard II. aus dem Geschlecht der Grafen von Görz (reg. 1258–1295). Fast ein Jahrhundert später als bei den Marken der Babenberger und Otakare setzten an Inn und Etsch Entwicklungen ein, die geeignet waren, ein Land entstehen zu lassen. Die bestimmenden Kräfte in diesem Raum stellten im 12. Jahrhundert noch die beiden Kirchenfürsten von Brixen und Trient dar. Nach dem Wormser Konkordat (1122) hatte unter dem Einfluss des mächtigen Salzburger Metropoliten Konrad I. auch in der bisherigen »kaiserlichen Hochburg« Brixen eine reformfreundliche Richtung Einzug gehalten. Dieser neuen Strömung verdankten die Klöster St. Georgenberg bei Schwaz und Wilten bei Innsbruck, die beide auf älteren am Ort bestehenden Klerikergemeinschaften gründeten, ihre reformkirchliche Ausrichtung. In der Person des aus der Gegend von Passau stammenden Hartmann (reg. 1140–1164), der sich schon als Dekan des Salzburger Domstifts und als Propst des Chorherrenstifts Klosterneuburg einen Namen unter den Kirchenreformern gemacht hatte, erhielt Brixen dann bald einen überaus energischen und organisationsbegabten Oberhirten. Dieser berief 1142 nach Neustift unweit von Brixen Regularkanoniker, die aus der früheren Wirkungsstätte Hartmanns, Klosterneuburg, kamen. Auch den weltlichen Herrschaftsaufgaben zeigte sich der Reformbischof hervorragend gewachsen. Wichtigste Stütze waren ihm bei der Güterverwaltung die Brixner Ministerialen. Weniger glücklich agierten Hartmanns Nachfolger, denen die umfangreichen weltlichen Herrschaftsrechte ihrer Kirche zu entgleiten begannen. Als folgenschwerste Handlung entpuppte sich die durch Bischof Otto von Brixen vor 1170 vorgenommene Übertragung der Hochstiftsvogtei an seinen Bruder Graf Berthold von Andechs. Die bayerischen Grafen von Andechs, seit 1173 Markgrafen von Istrien und seit 1180 Herzöge von Meranien – der Titel leitet sich von den Besitzungen des Geschlechts an der oberen Adria ab –, waren an sich schon das mächtigste Geschlecht an Inn und Eisack. Im mittleren Inntal verfügten sie seit dem 11. Jahrhundert über ausgedehnten Besitz. Dazu kam die Belehnung mit den Grafschaftsrechten des Hochstifts Brixen in diesem Raum. Die Andechser geboten über ein bedeutendes eigenes ministerialisches Gefolge (Rottenburger, Freundsberger), und es kennzeichnet die herausgehobene Position dieser Dynastenfamilie von europäischem Zuschnitt, dass sie als einziges Adelsgeschlecht im Tiroler Raum zu Ausgang des 12. Jahrhunderts einen städtischen Zentralort, nämlich Innsbruck, aufbauen konnten.

      Auch die Bischöfe von Trient büßten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts immer mehr von ihren weltlichen Herrschaftsrechten ein. Der gräfliche Adel baute seine Positionen zu Lasten der Kirche systematisch aus. Zwei Geschlechter standen dort in Konkurrenz. Einen deutlichen Vorsprung hatten zunächst die Grafen von Eppan. In deren Windschatten und möglicherweise von den Bischöfen von Trient als Gegengewicht gegen die Eppaner gefördert, stiegen die seit ca. 1140 als solche bezeugten Grafen von Tirol auf. Über die Herkunft dieser Familie geben die Quellen keine verlässlichen Informationen, jüngste bauarchäologische Untersuchungen an der namengebenden Burg Tirol bei Meran scheinen auf eine Errichtung der Anlage noch im späten 11. Jahrhundert hinzudeuten. Vom Hochstift Trient hatten die Grafen von Tirol die Grafschaft Vinschgau inne, und nach der Mitte des 12. Jahrhunderts erlangten sie auch die Vogtei über das Hochstift.

      Im Verdrängungswettbewerb der großen Dynasten blieb Graf Albert III. von Tirol (reg. ca. 1200–1253) am Schluss Sieger. Weil der Andechser Markgraf Heinrich von Istrien wegen angeblicher Mittäterschaft an der Ermordung König Philipps 1209 der Reichsacht verfiel und deshalb alle seine Lehen einbüßte, konnte der Tiroler Graf in die Brixner Positionen der Andechser, die Hochstiftvogtei und die Grafschaftsrechte im Inn- und Eisacktal, einrücken. Die neu erlangte Machtstellung verteidigte Albert III. auch, als die Andechser in den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts vom Kaiser rehabilitiert wurden. Es kam zu einem durch Konnubium besiegelten Ausgleich zwischen den beiden konkurrierenden Geschlechtern. Der Andechser Herzog Otto (II.) von Meranien heiratete eine der beiden Töchter des söhnelosen Tirolers. Dynastischer Zufall tat ein Übriges. Der Schwiegervater Graf Albert beerbte 1248 den Schwiegersohn Otto, mit dem das Haus der Andechser erlosch. Bei seinem Tod 1253 hinterließ Graf Albert III. ein buntes Konglomerat von Grafschafts-, Vogtei- und Herrschaftsrechten –

Скачать книгу