Die Tochter des Granden. Karl May

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Die Tochter des Granden - Karl May

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mächtigen Brust hervor, und seine Augen schossen dabei einen so unwiderstehlichen Blick auf seinen Gegner, daß dieser unwillkürlich zurückwich, als Sternau sich an die Gräfin wandte und sagte: »Señorita, ich bitte, mich diesem Herrn vorzustellen, der jedenfalls ein Kollege von mir ist.«

      Er deutete dabei mit einem unverbindlichen Lächeln auf den spanischen Arzt, der sich während des heftiger werdenden Wortwechsels vorsichtig in eine Fensternische zurückgezogen hatte. Die Condesa nickte zustimmend mit dem Kopf and folgte seinem Wunsch mit den Worten:

      »Señor Doktor Carlos Sternau, Oberarzt in der berühmten Klinik des Professors Letourbier in Paris – Doktor Francas aus Madrid – ah, da treten auch die anderen Herren herbei. Doktor Milanos aus Cordova – Cordoba – und Doktor Cielli aus Manresa.«

      Wirklich traten jetzt die beiden anderen Ärzte langsam aus dem Nebenzimmer, herbeigerufen durch den überlauten Wortwechsel und die so ungewöhnliche Störung ihrer Vorbereitungen. Sie verbeugten sich mit großer Kälte vor dem Deutschen, und der zuerst anwesende Arzt, Doktor Francas aus Madrid, wechselte sogar die Farbe. Er war wohl der Begabteste und Unterrichtetste der drei und kannte jedenfalls den Namen des Professors Letourbier in Paris zu gut, um nicht zu wissen, daß er jetzt so ganz unerwartet und plötzlich einen Fachmann vor sich habe, dem vielleicht keiner von ihnen gewachsen sei. Er sah augenscheinlich ein, daß hierin eine ebenso große Gefahr für sie selbst, wie für ihr finsteres Unternehmen liege, der man nur durch die strenge und stolzeste Abwehr des Fremden begegnen konnte; darum erklärte er mit seiner harten, schnarrenden Stimme:

      »Dieser Señor ist mir unbekannt. Unsere Vorbereitungen sind bereits beendet, wir bedürfen keiner anderen Beihilfe. Wir sind von unserem hohen Patienten beauftragt worden, die Operation an ihm vorzunehmen, und wenn ich zu derselben nicht sofort und ohne weitere unberufene Einmischung schreiten kann, so stehe ich für nichts.« – »Hörst du?« sagte Graf Alfonzo zu seiner Schwester. »Entferne dich augenblicklich und befreie uns zugleich von dem Anblick eines Menschen, dem ich nicht erlauben werde, auch nur eine Minute länger auf Rodriganda zu verweilen!«

      Sie wollte antworten, aber Sternau winkte ihr zu schweigen.

      »Bitte, verehrteste Condesa«, sagte er, »gestatten Sie mir das Wort! Es ist meine Gegenwart, um die es sich handelt und darum will ich auch derjenige sein, der die Antwort gibt. Ich bin Arzt und zugleich Ihr Gast Condesa, und darum würde es von seiten Ihres Herrn Bruders die einfachste Höflichkeit und Rücksicht von seiten der anderen Herren aber die gewöhnlichste Kollegialität gebieten, Ihren Wünschen Folge zu leisten. Man tut das aber nicht. So stehe ich also hier nicht als ein höflich Bittender, sondern als der Beauftragte und ärztlich Bevollmächtigte der Gräfin Rosa de Rodriganda-Sevilla und erkläre folgendes: Da man eine so hochgefährliche Operation unter so verdächtigen Umständen vorzunehmen beabsichtigt, so habe ich den triftigsten Grund, zu glauben, daß man damit eine Absicht verfolgt, die das Licht des Tages und das Auge ehrlicher Zeugen zu scheuen hat. Darum erhebe ich mein Veto dagegen. Ich erkläre einen jeden, der den Schnitt unternehmen sollte, ehe ich den Patienten gesehen und gesprochen habe, für einen leichtsinnigen oder gar vorbedachten Mörder und werde, falls man darauf besteht, mich mit Gewalt zu entfernen, sofort polizeiliche Unterstützung herbeirufen, die den Wünschen der Gräfin sicher den nötigen Nachdruck geben wird.«

      Wie ein Fürst, wie ein König stand Sternau vor den Ärzten, mit hocherhobenem, stolzem Nacken und einem solchen machtvollen Blick in seinen Augen, als sei er nicht ein unbekannter Fremder, sondern der Besitzer des Schlosses.

      Doktor Francas entfärbte sich zum zweiten Mal, und zwar noch tiefer als bisher, und seine beiden Kollegen senkten ihren Blick unter verlegenem Erröten zur Erde nieder. Auch der Graf fühlte sich wie von einem Keulenhieb getroffen, aber er war nicht der Mann, ein bereits begonnenes Spiel wieder aufzugeben. Er versuchte sich zu beherrschen, zuckte wie mitleidig mit der Schulter und meinte:

      »Ein Wahnsinniger! Bei Gott, er ist nicht unverschämt, sondern nur wahnsinnig! Ich werde ihn den Dienern übergeben, damit sie ihn in das Irrenhaus bringen.«

      Schnell trat er zum Glockenzug und klingelte.

      »Das wirst du nicht tun!« rief die Gräfin, seine Hand erfassend.

      Aber schon erschallte der laute Klang des Signals durch den Korridor, und da das ungewöhnliche Ereignis die Dienerschaft bereits vorher bis an die Tür des Vorzimmers herbeigezogen hatte, so stand diese jetzt sofort und zahlreich zur Verfügung.

      »Schafft den Menschen fort!« gebot der Graf. »Er ist verrückt.«

      Statt aller Antwort drehte sich Sternau nach den Domestiken um und schritt auf dieselben zu. Sie konnten nicht einmal dem bloßen Eindruck seiner Gestalt und seiner Augen widerstehen, sie wichen vor ihm zurück bis hinaus auf den Korridor, worauf er hinter ihnen die Tür verschloß, den Schlüssel zu sich steckte und lächelnd zu den Gegnern zurückkehrte.

      »Graf, Ihre Leute versagen Ihnen den Gehorsam«, bemerkte er sehr gleichmütig. »Verlangen Sie es nicht anders von einem Fremden, den Sie ohne Grund zu beleidigen trachten, obgleich er nur in Ihrem eigenen Interesse an dieser Stelle steht und stets gewohnt gewesen ist, selbst von den höchsten Herrschaften mit Achtung behandelt zu werden.« – »Ich frage Sie, ob Sie mir gehorchen werden«, rief der Angeredete jetzt außer sich. »Geben Sie augenblicklich den Schlüssel heraus.« – »Gemach, er gehört einstweilen mir, denn ich bin gegenwärtig Herr der Situation.« – »Mensch, ich ohrfeige dich!« schrie Alfonzo da wütend.

      Dabei sprang er auf den Arzt zu und hob die Hand zum Schlag, stieß aber sofort einen gräßlichen Schrei des Schmerzes aus, denn Sternau hatte diese Hand ergriffen und mit einer so fürchterlichen Kraft zusammengepreßt, daß die Knochen prasselten und das Blut hervorspritzte.

      Auf diesen Schrei öffnete sich langsam die Stubentür, und es erschien eine Gestalt, die ganz wohl geeignet war, der Situation einen anderen Stempel aufzudrücken und Achtung und Mitleid zu erregen.

      3. Kapitel.

      Der Eintretende war blind, das sah man auf den ersten Blick, aber seine lichtlosen Augen schienen dennoch das Vermögen zu besitzen, die Umgebung zu beherrschen. Seine lange, jetzt durch Leiden abgemagerte Gestalt war in ein weißes Tuch gehüllt, das wie ein Grabgewand von den Schultern bis auf den Boden herniederwallte. Sein edel gezeichnetes Angesicht war totenbleich, und seine an den Schläfen ergrauten Haare hingen wie gefesselte Schlangen in dichten Strähnen bis in den Nacken hernieder.

      Es war, als sei ein Geist aus der Gruft gestiegen, um den ruhestörenden Streit der Sterblichen zu bannen.

      Dieser Mann war der Graf Emanuel de Rodriganda-Sevilla. Die Chloroformierung war noch nicht vollendet gewesen.

      Er hatte das Bewußtsein wiedererlangt und den Streit vernommen, darum war er, sich fest in das Tuch hüllend, vom Operationstisch herabgeglitten und hier eingetreten.

      »Was gibt es da? Wer redet hier? Warum beginnt man nicht mit dem Werk?« fragte er, indem er seine toten Augen im Halbkreis herumgehen ließ. Rosa eilte auf ihn zu und schlang in überströmender Zärtlichkeit die Arme um ihn.

      »Mein Vater, mein teurer, lieber Vater!« rief sie. »Der heiligen Jungfrau sei Dank, daß man noch nicht begonnen hat. Nun darf man dich nicht töten.« – »Töten? Wer wollte es denn tun, mein Kind?« – »Oh, du wärest gestorben, sicher und gewiß, ich weiß es, ich ahne es, ich fühle es.« – »Die kindliche Liebe und die Angst sprechen aus dir, meine liebe Tochter. Du hättest uns nicht stören sollen.« – »Recht so, Vater!« fiel hier der junge Graf ein. »Sie hat uns unterbrochen und zwar in welch unglaublich auffälliger

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