Alexis. Karl Immermann
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Читать онлайн книгу Alexis - Karl Immermann страница 16
Ein Bube und ein Wolfsherz! Ward vom Zar
Gesetzt zum Hüter seines blöden Sohns.
Ein ungetreuer Knecht! Er goß dem Sohn
Gift in jedweder Stunde Trank, erniedernd
Höchst frevelhaft den Samen Romanows!
Riß Vaters Herz von Sohnes Herzen, tückisch
Begrub er seines Herren Kind in Schmach.
Ein Bau'r empörte sich ob solchen Drangs;
Was tut's dem Zarewitsch? Alexis, wisse,
Vernahm in seinem Geiste nie das Wort
Der Ehre. »Nur der Edle fühlt den Schimpf,
Und Schmerz hört auf, wo niedrer Sinn beginnt.«
Weißt noch? So steht's geschrieben in dem Buch,
Das du mir jüngst des Abends vorgelesen.
Alexis' Brust ist ein zerstörtes Schloß,
Worin ein Frevler hauste. Wüst Getier
Durchkriecht die Trümmer. Ja, der hätt' den Mut
Gehabt, dem mächt'gen Menzikof zu trotzen!
EUPHROSYNE.
Weh, warum schmäht Ihr Euch?
ALEXIS.
Muß ich's denn nicht?
Es sagt's der Zar, ich sag's dem Zaren nach,
Der Zar hat immer recht.
EUPHROSYNE
Ihr seid nicht so.
Ich war ein armes Mädchen, näht' und spann,
Den Schwächling hätt' ich nicht geliebt! Ja, wär' ich
An deinem Platz geboren, sollte mir
Die nächste Sonn' in meiner Feinde Blut
Rot untergehn! Hut in die Stirn gedrückt,
Schwert in der Hand ...
ALEXIS.
Du bist auch tapfer, Mädchen.
Mit mir ist's anders, armes Kind. Alexis
Ist feig!
EUPHROSYNE stampft mit dem Fuße.
Du sollst nicht lügen!
ALEXIS.
Kleine Bosheit!
Es sagt's der Zar, ich sag's dem Zaren nach,
Der Zar hat immer recht.
EUPHROSYNE.
Der Zar! Dein Feind!
ALEXIS.
Der Vater, der den Sohn doch kennen muß.
Ich will dir's auch beweisen. Sieh, den Zaren
Ergreift Gelüst, dem Türken was aufs Haupt
Zu geben, der in Stambul nickt und träumt,
Und gern in Ruhe wär'! Flugs wird getrommelt
Nach Osten zu. Fünfhundert Feuerschlünde
Sie donnern Schreck ins Herz dem Padischach.
Ist's dort vorbei, geht's an den Schweden, der
Uns auch wohl ließe, ließen wir ihn nur
Sein Haferbrot verzehren. Schuß um Schuß!
Der Schwede flieht, man nimmt ihm ein Stück Land.
So gibt es Schlacht auf Schlacht, und Sieg und Ruhm,
Und Orden für die Tapfern. Mich, mein Mädchen,
Sah nie der Batterien gekrauster Dampf.
Ich hab' mich krank gemacht, um wegzubleiben.
Lorbeern von ihm! O pfui! Bei St. Georg!
Riss' auch der Zar die große Gottessonne
Vom Himmel, sprach': »Die Sonne geb' ich dir
Als Ordensstern für deinen ersten Sieg!«
Mich reizt' es nicht. So bin ich nun. Gott helf mir!
Da frag' ich dich, ob das nicht Feigheit ist?
Ein Schuß fallt durch das Fenster. Euphrosyne fliegt mit einem Schrei an Alexis Brust.
Bist du verletzt?
EUPHROSYNE.
O Gott!
ALEXIS.
Doch nicht verletzt?
EUPHROSYNE.
Ach was war das?
ALEXIS.
Ein Schuß, der mir vermutlich
Beschieden war von einem Dienstbeflissnen,
Den Zar der fernem Sorge zu entheben.
Du bist doch wirklich nicht verletzt?
EUPHROSYNE.
Nein! Nein!
Ach, meine Glieder zittern!
ALEXIS lächelnd.
Zarte Heldin!
EUPHROSYNE sich in Alexis Arme aufrichtend.
Und du? Wie ist's mit dir?
ALEXIS.
Was meinst du?
EUPHROSYNE.
Gib
Mir deine Hand.
Alexis reicht ihr die Hand.