Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman. Viola Maybach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman - Viola Maybach страница 38
»Guck mal, wer da kommt!«, rief Anna.
Er stand auf und ging zu ihr ans Fenster. Soeben fuhr der Kombi von Dr. von Claven auf dem Schlosshof vor. Annas Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Da ist er schon wieder«, sagte sie. »Wollen wir runtergehen und ihn ein bisschen beobachten, wie er Julietta verliebte Blicke zuwirft?«
Christian hatte nichts dagegen. Alles war besser, als französische Vokabeln zu lernen, die sich mit aller Macht dagegen wehrten, behalten zu werden.
*
Julietta hätte Arndt von Claven beinahe umgerannt, als sie im Sturmschritt den Stall verließ.
»Hoppla«, sagte er. »Guten Tag, Frau von Barrentrop. Sie scheinen es immer eilig zu haben, wenn wir einander begegnen.«
Sie errötete flüchtig, ihre Augen blitzten, dann sagte sie: »Sie schon wieder!«
Er ließ sich seine Enttäuschung nicht anmerken. Bei jedem Besuch auf Sternberg hoffte er von neuem, sie werde ihre Schroffheit ihm gegenüber endlich aufgeben – und jedes Mal wurde er enttäuscht. Fast schien es so, als nähme sie es ihm übel, dass er nicht rechtzeitig vor Ort gewesen war, um Salvas Fohlen zu holen, dabei musste sie längst wissen, dass ihn keine Schuld traf. Schließlich war es dem Menschen nicht gegeben, an zwei Orten gleichzeitig anwesend zu sein. Aber das schien sie nicht zu kümmern: Sie behielt ihren spitzen Ton ihm gegenüber bei, als hätte er sich etwas zuschulden kommen lassen.
Allmählich ging ihm das auf die Nerven, und so fiel seine Erwiderung ein wenig heftiger aus als geplant: »Was soll das denn heißen? Wäre es Ihnen lieber, wenn ich nicht mehr käme? Glauben Sie mir, ich habe genug zu tun, auch ohne dass ich hier nach dem Fohlen sehe. Außerdem haben das ja wohl kaum Sie zu bestimmen, wie oft der Tierarzt kommt, oder?«
Sie sah beinahe erschrocken aus angesichts dieser unerwarteten Reaktion.
»Entschuldigung«, sagte sie, »ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie heute besonders empfindlich sind.«
Er hätte mit einer lockeren Bemerkung der Situation die Spannung nehmen können, doch sein Groll wirkte noch immer nach. »Wenn es um meine Arbeit geht, bin ich grundsätzlich empfindlich!«, schimpfte er und ging, ohne sie weiter zu beachten, in den Stall.
Sie folgte ihm einige Minuten später, da hatte er sich längst wieder abgeregt. Auch sie legte offenbar keinen Wert darauf, den Wortwechsel fortzusetzen, denn sie fragte in ruhigem Ton: »Sie sieht gut aus, die Kleine, oder?«
»Ja, sehr gut«, bestätigte er. »Hat sie jetzt einen Namen?« Er sah, dass sie errötete, als sie nickte.
»Und?«, fragte er. Aber gleich darauf wusste er die Antwort, auch ohne dass sie etwas sagte. »Julietta?«, fragte er.
»Ja, das hat der Baron vorgeschlagen.«
Ihm war schon aufgefallen, dass sie immer »der Baron« oder »die Baronin« sagte, wenn sie von Sofia und Friedrich von Kant sprach – ganz so, als hätte sie Angst, auf ihre private Beziehung zu ihnen hinzuweisen. Das gefiel ihm. Natürlich hatte er in der Zwischenzeit einiges in Erfahrung gebracht über sie – sie war offenbar das schwarze Schaf ihrer Familie und hierher geschickt worden, weil die Eltern keinen anderen Rat mehr gewusst hatten. Nun, dachte er, wenn sie sie jetzt sähen, würden sie sich wahrscheinlich wundern über ihre schöne, selbstbewusste und zielstrebige Tochter.
»Warum sehen Sie mich so an?« Ihr Ton klang schon wieder angriffslustig, und mit einem Mal hatte er keine Lust mehr zum Versteckspielen, und so sagte er aufrichtig: »Ich habe gerade darüber nachgedacht, wie schön ich Sie finde.«
Sie wurde knallrot, dann stieß sie hervor: »Suchen Sie sich gefälligst ein anderes Opfer aus, über das Sie sich lustig machen können!« Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ den Stall mit langen Schritten.
»Ich Idiot«, sagte Arndt zu Julietta, dem Fohlen, und Anna flüsterte in ihrem Versteck: »Das kann man wohl sagen!«
*
»Fritz!«, rief Adalbert von Barrentrop alarmiert, als der Baron ihn anrief. »Wenn du dich bei uns meldest, hat das bestimmt nichts Gutes zu bedeuten. Bitte, sag es gleich: Was hat Julietta angestellt?«
Baron Friedrich lächelte in sich hinein. Sie hatten Juliettas Eltern bisher von der erstaunlichen Wandlung, die mit ihrer Tochter vor sich gegangen war, nur sehr zurückhaltend berichtet. Wer konnte schon wissen, ob dieser Wandel von Dauer sein würde? Sie wollten Caroline und Adalbert jedenfalls weitere Enttäuschungen ersparen und schreckten daher vor verfrühten Erfolgsmeldungen zurück. Mittlerweile jedoch konnte es überhaupt keinen Zweifel mehr daran geben, dass Julietta zu sich selbst gefunden hatte, und davon sollten sich die besorgten Eltern möglichst mit eigenen Augen überzeugen – zu dieser Auffassung waren Sofia und er bei einem Gespräch an diesem Morgen gelangt.
»Nein, nein«, erklärte er deshalb eilig, um die Befürchtungen von Juliettas Vater zu zerstreuen, »wir wollten euch nur zu uns einladen am Wochenende, das ist der einzige Sinn meines Anrufs. Dann können wir über alles reden.«
»Und was heißt das?«, fragte Adalbert, weit davon entfernt, sich durch Friedrichs Worte beruhigen zu lassen. »Ich meine, was heißt ›über alles‹? Sollen wir Julietta dann gleich mit nach Hause nehmen? Da steckt doch etwas dahinter!«
»Aber nein, es kann keine Rede davon sein, dass wir sie wegschicken wollen. Sie macht Fortschritte, und davon sollt ihr euch überzeugen.«
Es ging noch ein paar Mal hin und her, bis Adalbert endlich sagte: »Am Wochenende geht es leider nicht, Fritz, aber wir könnten heute kommen – oder wäre euch das zu schnell?«
»Überhaupt nicht, wir freuen uns«, beteuerte Friedrich, und das entsprach der Wahrheit.
Er informierte Sofia, die ihrerseits sofort in der Küche Bescheid sagte. Marie-Luise Falkner blühte förmlich auf: Überraschende Besuche stellten eine jener Herausforderungen dar, die sie so liebte!
*
»So«, sagte Julietta, »da wären wir, Silberstern.« Sie legte ihm liebevoll eine Hand über die Nüstern. »Und jetzt fängst du an, dich an Herrn Wenger zu gewöhnen, in Ordnung? Er ist ein sehr guter Reiter, du wirst schon sehen.« Sie trat einen Schritt zurück, während Robert Wenger einen Schritt auf den Hengst zu machte.
Aus den Augenwinkeln sah Julietta Arndt von Claven aus dem Stall kommen, und sie biss sich auf die Lippen. Er musste sie für eine dumme Gans halten, aber wie hätte sie ihm erklären sollen, dass er sie verunsicherte, weil er Gefühle in ihr weckte, die sie bis dahin nicht gekannt hatte? Sie fand ihn attraktiv, er zog sie magisch an, und abends, im Bett, malte sie sich manchmal aus, wie es wäre, sich von ihm umarmen und küssen zu lassen. Sie wusste nicht, was sie von diesen Träumereien halten sollte, aber je mehr sie sich dagegen wehrte, desto häufiger überfielen sie sie.
Sie riss sich von ihren Gedanken