Nicht ohne meinen Schweinehund. Wolfram Pirchner
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Der Tod gehört zum Leben dazu. Sehr viele Menschen wollen nicht hören, dass das Leben ganz sicher einmal sein Ende finden wird, und zwar das von geliebten Menschen und auch das eigene. Wer das Sterben negiert, der schneidet sich von einem Teil des Lebens ab. Die Angst vor dem Tod hemmt unsere Lebensfreude und auch unsere Lebensenergie. Mein lieber Freund W. ist verheiratet, tolle Frau, ein Sohn. Ein absolut sportlicher Mensch, raucht nicht, lebt nicht exzessiv, ist lebensfroh, unternehmungslustig, gebildet, wachsam. Eines Tages hatte er Magenschmerzen oder Darmbeschwerden. Plötzlich, so wie wir das alle kennen. Er ließ sich vernünftigerweise untersuchen, dann kam die Diagnose relativ schnell und schonungslos: Darmkrebs und Metastasen in der Leber. Na bumm. Ich kürze die Geschichte ab. Ich saß in der Onkologie an seinem Krankenbett. Und ich war traurig. Gedanken schwirrten mir durch den Kopf: Warum trifft es immer die Falschen? Es trifft ja meistens die Falschen … Und so saß ich da, war schlecht drauf, die Rührung, das Mitleid oder das Selbstmitleid übermannten mich und plötzlich rannen mir die Tränen herunter. Er blickte mich lange an, mit sehr lebendigen Augen. Er umarmte mich und sagte: »Was hast du? Was willst du? Ich habe mein ganzes Leben zufrieden und glücklich gelebt. Ich habe mein Leben gelebt, ich habe es er-lebt. Wenn es aus sein sollt, ja dann ist es aus.« Das verstand ich zuerst überhaupt nicht. Ich verspürte so etwas wie Zorn gegen ihn, gegen seinen vermeintlichen Egoismus. »Denkst du an deine Frau? An deinen Sohn? An deine Freunde? Nein, das tust du nicht. Du bist ein Egoist!« Er war sehr besonnen, wie meistens in unserer Freundschaft, und meinte: »Sei ein wenig gelassener. Auch jetzt. Schauen wir einmal.« Und dann meinte er: »Schon dieses gemeinsame Erlebnis jetzt, das war doch alles wert!?« Er drückte mich noch einmal und plötzlich verstand ich. Er-lebe dein Leben. Lebe es nicht nur. Vergeude nicht kostbare Stunden, Tage, Monate. Erlebe es. Übrigens:lebt. Recht gut sogar. Der Krebs und die Metastasen haben sich zurückgebildet, die Chemotherapie hat gut angesprochen. Er fühlt sich den Umständen entsprechend wohl. Er erlebt sein Leben.
Mich macht meine Hilflosigkeit in diesen wenigen Situationen, die ich erleben darf/muss, schwach. Daran werde ich noch arbeiten. Nutzen wir die Zeit, die uns zur Verfügung steht! Wir haben zwar gefühlt noch viel Lebenszeit, aber in der Realität? Sicher kennst du Mitmenschen, die immer wieder betonen, wie gut sie es sich gehen lassen werden, wenn sie endlich in Pension sind. »Da gönne ich mir dann viel«, »Da fahre ich dann nach XY«, »Da realisiere ich alle meine verdrängten und tatsächlichen Wünsche«, »Dann treffe ich endlich meine Freunde wieder« etc. In der Pension. Will ich dann meine »Freunde« wieder treffen? Nein. Ganz sicher nicht.
Oft hört man auch: »In der Pension, mit dem Ruhestand ändert sich alles.« Glauben das diejenigen, die das sagen, tatsächlich? Das Arbeiten ist schuld daran, dass wir uns gehen lassen? Dass wir unseren Wünschen, Bedürfnissen nicht nachkommen? Wenn wir nicht mehr arbeiten, dann schauen wir auf uns? Dann sind wir achtsam? Das ist ein Trugschluss. Wir gehen mit 65 oder 62 oder 60 in Pension, je nachdem. Und dann soll das Leben eine Wende nehmen? Zu unseren Gunsten? Nein, das glaube ich nicht. Nimm dein Lebensband zur Hand: Du weißt schon, ein Maßband mit einem Meter – schneide vorne die bereits gelebten oder erlebten Jahre ab, dann am Ende, je nachdem, ob du Frau oder Mann bist, deine durchschnittliche Lebenserwartung (Mann 78 Jahre, Frau 83 Jahre) und schau dir dann die Differenz auf 100 an: Das ist das, was dir an Jahren, an Lebensjahren (durchschnittlich wohlgemerkt) übrig bleibt. Und die letzten Lebensjahre werden relativ sicher qualitativ nicht die Besten sein, außer du schaust akribisch auf dich und bleibst von Schicksalsschlägen verschont …
Also? Was denkst du? Aufschieben? Pension? Jede Minute, jede Stunde, jeden Tag: Handle! Nimm dein Leben in die Hand! Ab jetzt. Ab heute. In deinen verschiedenen Lebensbereichen. Du kannst dein Leben verändern. Tu es!
Der Prozess – Proaktiv II
Habe ich dich überfordert? Wann kommt der Zeitpunkt des Veränderungswillens? Zumeist doch in Situationen, wenn einem verschiedene Lebensumstände, ärgerliche, kränkende Situationen über den Kopf wachsen, die Traurigkeit zunimmt, die Frustration wächst, die eigene Sinnhaftigkeit infrage gestellt wird. Stell dir in solchen Situationen gezielte Fragen wie: Will ich etwas ändern? Was? Wann? Bringt es mir einen Vorteil, wenn ich diese Veränderung auch erwirke? Vielleicht sogar mehrere? Viele? Werde ich Kontakte verlieren? Werde ich auf diverse – materielle – Vorteile verzichten müssen? Werde ich mich frei fühlen? Werde ich frei sein? Macht es mir etwas aus, was »die anderen« über mich reden? Würden sie mir im Fall der Fälle abgehen? Denk darüber nach. Denke nach und spiele in deiner Fantasie deine gewünschte Veränderung durch. Schreib deine Gedanken auf. Handschriftlich. Was will ich verändern? Was passt mir nicht? Was nervt mich? Wer nervt mich? Warum lasse ich mir das gefallen? Wie könnten mögliche Konsequenzen von meiner Seite aus aussehen? Stelle dir schriftlich nur Fragen, die dich betreffen. Nicht die anderen. Nur dich. Bleib ganz bei dir. Veränderung tut weh, aber der mögliche Folge-Schmerz lässt nach. Ganz sicher. Und zur intensiven, nachhaltigen Be- und Verarbeitung kannst du dich professionell begleiten lassen. Und zwar genau dann, wenn du es willst.
Auch in dieser Hinsicht ist »Proaktivität« gefragt. Wir besitzen die Fähigkeit und vor allem auch die Initiative, um Dinge, Prozesse in unserem Leben zu gestalten. Das heißt ja nicht, dass wir unangenehm oder aggressiv sein müssen. Es bedeutet, dass wir Verantwortung für unser Leben übernehmen. Es geht auch um Kreativität. Unter Kreativität verstehe ich die Summe aus dem eigenen Potenzial und Logik. Darin steckt freilich auch ein großes Problem für jene Menschen, die in einer tiefen emotionalen Abhängigkeit stehen oder stecken. Von diesen ist keine sehr kreative Kooperation hin zur Veränderung zu erwarten, weil sie zu instabil, zu unsicher und viel zu wenig selbstbewusst sind.
Zu deiner Beruhigung aber sage ich dir, dass unsere grundlegende Beschaffenheit so ist, dass wir »machen« wollen und nicht »gemacht« werden wollen. Das ist die Ausgangsbasis. Was immer dazu geführt hat, welche Manipulationen erfolgreich waren, welche Gedankenmuster sich aufgrund einer langjährigen Gewohnheit manifestiert haben – grundsätzlich sind wir »Macher«. Wir tun. »Hin zu« statt »weg von«, das ist ein ganz wichtiges Lebensmotto für mich. »Hin zu« hat natürlich mit Motivation zu tun und ohne Motivation geht meiner Meinung nach nur sehr wenig bis gar nichts weiter. Um bei meinem »Schweinehundprojekt« zu bleiben – ich muss motiviert sein (motiviert werden, um Erfolg zu haben). Was bedeutet das Wort Motivation? Es kommt aus dem Lateinischen und ist auf das Wort »movere« (bewegen, antreiben) zurückzuführen. Motivation bedeutet »Triebkraft« und bezeichnet das auf emotionaler und neuronaler Aktivität (Aktivierung) beruhende Streben des Menschen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Die Gesamtheit der Beweggründe (Motive), die zur Handlungsbereitschaft führen, nennt man Motivation.6
Unsere Zweifel sind Verräter.
Sie lassen uns das Gute verlieren,
das wir oft erringen könnten,
weil wir den Versuch fürchten.
WILLIAM SHAKESPEARE
»Hin zu« statt »weg von«
Hast du schon einmal von Anthony Robbins gehört oder etwas von ihm gelesen? Robbins