Jetzt sag ich's. Marina C. Watteck

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Jetzt sag ich's - Marina C. Watteck

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er Ensemblemitglied im Theater an der Josefstadt. Er starb leider 1971 mit nur 51 Jahren.

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      Mit meinem Filmvater Paul Hörbiger in »Der Hofrat Geiger«, 1947

      Hoffentlich gefalle ich dem Publikum

      1947 war für mich das Jahr, in dem sich mein Leben für immer verändern sollte. Der Krieg war zu Ende, die Menschen hatten Sehnsucht nach der »heilen Welt«. Diese Sehnsucht wurde von der wieder aufblühenden neuen deutschen und österreichischen Filmindustrie in Form von unterhaltenden Heimatfilmen bedient.

      Wien lag in Trümmern, nur langsam ging es wieder aufwärts. Die Stadt war in vier Zonen geteilt und eignete sich daher eher weniger als Kulisse für diese Art von Filmen. Ganz im Gegensatz zur wunderschönen Wachau, die unberührt und lieblich, wenngleich unter russischer Besatzung, an der Donau lag. Hier sollte von der Willi-Forst-Filmproduktion »Der Hofrat Geiger« gedreht werden.

      Ich war noch am Landestheater Linz engagiert, als mir mein Kollege Louis Soldan, der bereits für die Rolle des Hans im »Hofrat Geiger« engagiert war, den Rat gab, für die Rolle des Mariandl vorzusprechen, denn die sei immer noch nicht besetzt. Ursprünglich war Christl Mardayn für die Rolle der Mutter vorgesehen, und ihr erschien jede junge Schauspielerin, die für die Mariandl vorsprach, zu alt. Maria Schell war ebenfalls als Mariandl im Gespräch. Wortwörtlich sagte Louis zu mir: »Du bist zwar 19, schaust aber aus wie 16, du hast gute Chancen, die Rolle zu bekommen.« Über 50 junge Frauen hatten sie schon getestet, keine hatte die Rolle bekommen. Ich solle doch nach Wien fahren und mein Glück versuchen. Wenn nur alles so einfach gewesen wäre.

      Die Fahrt von Linz nach Wien mit dem Zug hätte mich um mein letztes mageres Gehalt gebracht, also blieb mir nur übrig, eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Jemand gab mir den Rat, doch einen der LKW-Fahrer zu fragen, die jeden Tag in der Früh von Linz nach Wien fuhren, vielleicht würde mich ja einer mitnehmen. Gesagt, getan. Ich klapperte die Fahrer ab und hatte Glück. Ein LKW-Fahrer erklärte sich bereit, mich am nächsten Tag mitzunehmen, allerdings nur auf der Ladefläche, und das im Februar. Todesmutig, eingewickelt in Wintermantel und Decken, sprang ich auf den LKW, und los ging die Fahrt Richtung Wien. Sieben Stunden dauerte die Reise. An der Enns war die Demarkationslinie zwischen der amerikanischen und der russischen Zone. Zwei Stunden wurden wir von den Russen aufgehalten, alles wurde genauestens durchsucht, bis wir weiterfahren durften. Völlig verfroren und steif kam ich endlich in Wien an und rannte schnurstracks zu meiner Mutter, um mich aufzuwärmen und umzuziehen. Ich hatte nicht viel Zeit, denn es war mein einziger spielfreier Tag. Am nächsten Tag musste ich bereits wieder nach Linz zurück.

      Ich raste also so schnell ich konnte ins Produktionsbüro der Willi-Forst-Film hinter dem Schwarzenbergplatz. Zwei Stunden wartete ich dort und nichts passierte. Kein Mensch kümmerte sich um mich. Ich hatte schon fast jede Hoffnung aufgegeben, als Willi Forst endlich aus seinem Büro herauskam. Ich strahlte ihn an – er würdigte mich keines Blickes. Doch Hans Wolff, der Regisseur des Films und langjähriger Assistent von Willi Forst, erblickte mich und rief sofort: »Willi, Willi, das ist sie! Das ist unser Mariandl!«

      Willi Forst war bei Weitem nicht so beeindruckt wie sein Regisseur und vermutete eher, ich würde mich für die Stelle als Putzfrau bewerben. Da riss ich mich zusammen, brachte endlich meinen Mund auf und erzählte ihm, dass mir Louis Soldan den Tipp gegeben hatte, mich bei ihm zu bewerben, und setzte hinzu, dass ich ebenfalls in Linz engagiert sei. Endlich spitzte er die Ohren, sah mich genauer an und wollte mehr von mir wissen, vor allem aber, welche Rollen ich schon gespielt hatte. In meiner Aufregung zählte ich ihm auf, was mir gerade einfiel, von der Hermia in Shakespeares »Ein Sommernachtstraum« über die Rolle der Delfine in Hermann Bahrs »Das Konzert« bis hin zur Raina in George Bernard Shaws »Helden«. Willi Forst nickte wohlwollend, meinte dann aber: »Gut, gut. Probeaufnahmen müssen Sie aber schon machen.« Ich war selig. Die Rückfahrt nach Linz war nahezu eine Luxusreise, denn meine Mutter hatte mir eine Fahrkarte für den Zug bezahlt.

      Die nächste Hürde waren die Probeaufnahmen. Da ich schon damals hellblondes Haar hatte, wirkte dies im Schwarz-Weiß-Film mit der in jener Zeit noch sehr simplen Farbtechnik auf einmal unnatürlich weiß. Also musste ich meine Haare in ein attraktives Himbeerrot färben, damit sie nicht wie ein Heiligenschein aussahen. Glücklich war ich darüber nicht, aber es war für die Rolle, die ich bekam, ein vergleichsweise winziges Opfer. Meine Gage betrug 1500 Schilling, das war für mich ein kleines Vermögen. Nur zum Vergleich: Am Landestheater in Linz verdiente ich 175 Schilling im Monat, 50 davon brauchte ich für die Miete, der Rest musste für alles andere herhalten. Ehrlich gesagt hätte ich die Rolle sogar umsonst gespielt, denn mir war absolut klar, welch große Chance ich dadurch bekommen hatte.

      Willi Forst wollte unbedingt, dass die drei Hauptdarsteller das kleine Mariandl einmal kennenlernten. Er sagte ihnen, dass ich erst 19 Jahre alt sei und noch nie gefilmt habe. Forst bat mich in sein Büro, und da standen die drei: Paul Hörbiger, Maria Andergast – die nun anstatt Christl Mardayn die Rolle der Mutter spielte – und Hans Moser. Sie starrten mich an wie Marionetten. Paul Hörbiger kannte ich zwar schon, aber in dieser Dreiergruppe waren alle furchteinflößend.

      Hans Moser merkte sofort, dass ich Angst hatte, und sagte: »Also pass auf: I bin jetzt für di der Hansi, und du bist für mich die Hasi. Und die Klane losst’s in Ruah, die steht unter meinem Schutz.« Ab der Zeit war er mein Papa. Er wurde zum hundertprozentigen Vaterersatz, nachdem ich so jung meinen eigenen Vater und meinen geliebten Großvater verloren hatte.

      Ich habe zu meinem großen Glück über zehn Filme mit ihm gedreht, und es war jedes Mal ein Hochgenuss. Wir sind bis zu seinem Tod Freunde geblieben, er und seine Frau waren oft bei uns zu Besuch.

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      Mein Ersatzvater für viele Jahre: Hans Moser bei einem Besuch im Jahr 1951

      Die Wachau lag, wie erwähnt, in der von den Russen besetzten Zone. Wir wussten natürlich, dass man uns beobachtete, obwohl nichts davon offensichtlich zu bemerken war. Wie genau uns die Russen observierten, sollten wir bald erfahren. Heute kann man sich das kaum mehr vorstellen, aber es war stets nötig, darauf zu achten, was wir sagten. Es gab überall Spione, und vor Übergriffen mussten sich vor allem die weiblichen Mitglieder des Teams in Acht nehmen. All das wurde uns nach einem Erlebnis auf erschreckende Weise klar.

      Wir wohnten gemeinsam im Hotel »Richard Löwenherz« in Dürnstein. Eines Abends saßen wir nach Drehschluss auf der romantischen Terrasse des Hotels, das an der Donau lag, und feierten ein wenig. Die Stimmung war ausgelassen, entspannt, und Paul Hörbiger, der ganz gern ein paar Gläser trank, begann zu singen. Die letzte Zeile des Liedes, das er gesungen hat, lautete: »Der Krampus und der Nikolo san nach Russland gaunga und san bis heit no net do!« Wir lachten sehr darüber und applaudierten.

      Viel später, als wir schon alle zu Bett gegangen waren, klopfte plötzlich jemand laut und energisch an die Tür des Schlafzimmers, das sich meine Filmmutter Maria Andergast mit mir aus Sicherheitsgründen teilte. Wir wurden jäh aus dem Schlaf gerissen und »Mirli« beschwerte sich über den Lärm, indem sie rief: »Das ist ja eine Schweinerei, uns mitten in der Nacht aufzuwecken!«

      Vor der Tür standen ein österreichischer Polizist und eine Gruppe Russen, die nur das Wort »Schwein« verstanden hatten und jetzt erst recht rabiat waren. Nicht nur war ein Spottlied auf die Russen gesungen worden, nein, jetzt hatte man sie sogar beschimpft! Das war die Höhe. Maria Andergast öffnete kreidebleich die Tür. Vorher übergab sie mir noch schnell ihre zwei Dackel, Powidl und Tatschkerl, denn eine Verhaftung durch die Russen in dieser Zeit war eine ernst zu nehmende Sache mit ungewissem Ausgang.

      Ich war verzweifelt, als ich sah,

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