Fundstücke. Georg Markus
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August von Goethe, 1789–1830, Goethes Sohn
Goethe und seine Frau Christiane hatten fünf Kinder, von denen nur der erstgeborene Sohn das Erwachsenenalter erreichte. Dieser, August von Goethe, brachte es nach dem Studium der Rechtswissenschaften zum Geheimen Kammerherrn im Hofstaat des Großherzogs Karl August von Sachsen-Weimar, litt aber zeitlebens unter der Übermacht seines Vaters. August von Goethe und seine Frau Ottilie geb. von Pogwisch machten den Dichter zum dreifachen Großvater: nach den Söhnen Walther und Wolfgang erblickte am 29. Oktober 1827 Alma in Weimar das Licht der Welt.
Alma von Goethe, 1827–1844, Goethes Enkelin
Der den absoluten Mittelpunkt der Familie bildende und alles bestimmende »Opa« war es auch, der entschied, welchen Vornamen das Kind bekommen sollte. Als er seine Enkelin in der Wiege sah und sich liebevoll über sie beugte, erklärte Goethe kategorisch: »Alma soll sie heißen!« Der Wunsch des Patriarchen war Befehl, und selbstverständlich fand dann auch die Taufe des Kindes in Goethes Salon am Weimarer Frauenplan statt, wobei sich »die geladenen Herren in Hofuniform einfanden, um während der Taufhandlung Hut und Degen abzulegen«. Die Taufe, bei der Alma noch drei weitere Vornamen – Sedina, Henriette und Cornelia – erhielt, nahm der evangelische Generalsuperintendent vor.
Ottilie von Goethe, 1796–1872, Goethes Schwiegertochter
Die Ehe ihrer Eltern war denkbar schlecht. Während der unter dem väterlichen Genie leidende August dem Alkohol zusprach und viele Abende in zwielichtigen Weimarer Kaschemmen zubrachte, litt die ehrgeizige Ottilie – immer den berühmten Schwiegervater vor Augen – unter der Bedeutungslosigkeit ihres Mannes. Ständig mit neuen Liebschaften beschäftigt, hatte sie ihr ausgeprägt erotisches Temperament zweifellos von ihrer Mutter Henriette geb. Gräfin Henckel von Donnersmarck geerbt, die sich in jungen Jahren schon von ihrem Mann getrennt hatte. Henriette weihte ihre Tochter, damals ziemlich ungewöhnlich, frühzeitig in ihre zahlreichen Affären ein und wurde ihr dabei ganz offensichtlich zum Vorbild.
»Alma soll sie heißen«: Johann Wolfgang von Goethe und seine Enkelin
Ottilie von Goethe wird als kleine, graziöse Person mit leuchtenden Augen beschrieben, die eine starke Anziehung auf Männer ausübte und diese auch leidlich zu nützen wusste.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749–1832, Dichter
Da sie zudem anmutig und scharfsinnig war, wurde die Schwiegertochter auch vom alten Goethe verehrt, in dessen Haus sie mit Ehemann und Tochter lebte. Ottilie kam oft aus ihrer Mansardenwohnung in den Wohntrakt des Dichters, den sie liebevoll »Vater« nannte, um sich mit ihm in geistvollen Gesprächen auszutauschen. Goethe schätzte Esprit und Schlagfertigkeit der quirligen jungen Frau, der er schnell sein Herz schenkte. Eine Mischung aus Salondame und ausgelassener Boheme, nahm sie bald auch die Stellung der ersten Dame im Haus des seit 1816 verwitweten Dichters und Universalgelehrten ein und versuchte mit Klugheit und Takt alles Unangenehme von ihm fernzuhalten. Bisweilen zerstreute sie den vergötterten Schwiegervater mit Musik und Gesang und holte sich auch als Vorleserin seine Sympathien.
Alma war erst drei Jahre alt, als sie ihren Vater verlor. Der vierzigjährige August von Goethe unternahm eine Italienreise, die ihn – einmal mehr, um sich vom überragenden Vater zu emanzipieren – nach Mailand, Venedig, Mantua, Florenz, Neapel und Rom führte. Er starb am 27. Oktober 1830 in der Ewigen Stadt an den Pocken.
»Mit dem Großvater im besten und liebevollen Vernehmen«
Witwe, Söhne und Tochter verblieben nach Augusts Tod in Goethes Haus, und bald gesellte sich auch Ottilies jüngere Schwester Ulrike zu ihnen. Wie sehr er seine Schwiegertochter schätzte, bewies der Dichter, als er sie jetzt sogar zur Ausarbeitung des »Faust, Zweiter Teil«, heranzog. Niemand stand dem alten Goethe so nahe wie Ottilie mit ihrer kleinen Tochter Alma, der der über Achtzigjährige diese Tagebucheintragung widmete: »Das Mädchen ist allerliebst, und als ein ächt geborenes Frauenzimmerchen schon jetzt inkalkulabel. Mit dem Großvater im besten und liebevollen Vernehmen, aber doch, als wenn es nichts wäre, ihre Herkömmlichkeiten verfolgend. Anmutig, indem sie bei entscheidendem Willen, sich ablenken und beschwichtigen lässt. Übrigens keinen Augenblick ruhig. Lärmig, aber leidlich, und mit einigem Scherz gar bald in Ordnung und Zucht gebracht.«
Ottilie von Goethe darf nie wieder heiraten
Als Goethe am 22. März 1832 in seinem Weimarer Haus starb, war es Ottilie, die ihm die Hand hielt und an die er seine letzten Worte richtete (ob sie tatsächlich, wie oft zitiert, »Mehr Licht!« lauteten, ist nicht erwiesen). Nach seinem Tod musste die mittellose Schwiegertochter dem Testament des vermögenden Dichters entnehmen, dass sie sein Erbe nur unter der Bedingung antreten durfte, fortan ledig zu bleiben. Die mannstolle Ottilie war von dem Gedanken, nie wieder heiraten zu dürfen, geschockt.
Alma hatte problematische Eltern: August und Ottilie von Goethe
Ein Offizier, der sich gleich wieder aus dem Staub macht
Über einen Mangel an Männerbekanntschaften hatte sie sich freilich auch weiterhin nicht zu beklagen, sie verliebte sich ständig, geradezu zwanghaft, oft auch gleichzeitig in mehrere, meist viel jüngere Männer, was dazu führte, dass sie – wahlweise mit oder ohne Alma – viel unterwegs war, wobei Wien das von ihr bevorzugte Ziel war. Keine ihrer vielen Beziehungen hielt lange, und so verliebte sie sich 1834 in einen englischen Offizier namens Captain Story, der sich allerdings gleich wieder aus dem Staub machte, nicht ohne sie geschwängert zu haben. Eine Katastrophe in der damaligen Zeit für eine dreifache Mutter und Witwe, noch dazu eine adelige und – als ob das alles nicht schon schlimm genug gewesen wäre – eine, die den Namen Goethe trug!
Franz Romeo Seligmann, 1808–1892, Arzt und Medizinhistoriker
Die nunmehr fast vierzigjährige Nymphomanin Ottilie von Goethe flüchtete, um die Schwangerschaft zu verbergen, nach Wien, wo sie im Hotel Zum Römischen Kaiser, das damals an der Freyung lag, Quartier nahm. Im selben Haus ordinierte der Arzt Romeo Seligmann, der sie am 15. Februar 1835 nicht nur von einer Tochter entband – sondern gleich auch Ottilies neuer Liebhaber wurde. Dr. Seligmann war um zwölf Jahre jünger als sie und hatte noch eine steile Karriere als Arzt und Ordinarius an der Universität Wien vor sich, berühmt wurde er aber, weil er im Jahr 1888, bei der Umbettung der sterblichen Überreste Ludwig van Beethovens auf dem Wiener Zentralfriedhof, widerrechtlich mehrere Schädelknochen an sich nahm, die viel später zur Erforschung der Taubheit des Musikgenies beitragen sollten.
Ottilies uneheliche Tochter hieß Anna Sybille, den Namen Goethe konnte sie ihr nicht geben, also verballhornte sie ihren Mädchennamen Pogwisch zu Poywisch und gab sie bei Pflegeeltern in Kost und Quartier. Romeo Seligmann versprach, sich um das Kind zu kümmern, aber Anna Sybille verstarb nach nur einem Jahr.
Ottilie kümmert sich wenig um ihre Kinder
In Weimar wurde Ottilie nach mehrmonatiger Abwesenheit von ihren drei ehelichen Kindern sehnsüchtig erwartet. Töchterchen Alma und die Söhne Walther und Wolfgang wurden derweil von Tante Ulrike, von ihrer Großmutter und von privaten Hauslehrern betreut, ihre Mutter bekamen sie auch nach deren Rückkehr nur selten zu Gesicht.
Im Künstlerkreis um Franz Grillparzer
Ottilie