Der Geliebte der Verlobten. Laura Lippman

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Der Geliebte der Verlobten - Laura  Lippman Tess Monaghan

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hatte. Ava und Abramowitz. Es war natürlich verlockend, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass sie sich hier trafen, um irgendwelchen dunklen Geschäften nachzugehen, aber hatte sie dafür auch nur den geringsten Beweis? Wie sie es einschätzte, trafen sie sich in einer der Suiten dort oben mit einem Klienten, einem Angestellten von Sims-Kever vielleicht, der immer noch stilvoll reiste, auch wenn er seinen Opfern gegenüber auf völlig verarmt machte.

      Tess zog die zerknitterten Blätter heraus, die Rock ihr vor einer Woche gegeben hatte, wählte die Nummer von Avas Büro und fragte nach ihrer Sekretärin. Eine Frau mit englischem Akzent kam an den Apparat. Eine interessante Einzelheit bei einer Kanzlei, die von drei Iren gegründet worden war, dachte Tess.

      »Miss Hill, bitte.«

      »Sie ist nicht da. Kann ich etwas ausrichten?«

      Tess begann zu stottern, was nur halb geschauspielert war.

      »Ach so, au Scheiße – ich meine, Entschuldigung, aber wissen Sie vielleicht, wo sie ist? Also, das klingt jetzt wahrscheinlich echt komisch, aber ich bin nämlich ’ne alte Freundin von ihr, von der High-School, und wir ham was ausgemacht wegen dem Mittagessen, und jetzt – also sollte man’s glauben –, jetzt hab ich vergessen, wo ich mich mit ihr treffen soll. Könnten Sie vielleicht mal in ihren Kalender schaun, ob’s da irgendeinen Hinweis drin gibt?«

      Die Sekretärin schnaubte missbilligend und schaltete Tess dann auf »Bitte warten«. Ein paar Sekunden später war sie wieder am Apparat.

      »Sind Sie sicher, dass das heute war? Ihre Mittagessen sind für den gesamten Monat ausgebucht, von zwölf bis zwei Uhr.«

      »Ich muss da wirklich was durcheinandergebracht haben. Hat sie morgen was? Hat sie nichts drinstehen, dass sie sich mittags mit … Becky treffen will?«

      »Nein, da steht nichts. Soll ich veranlassen, dass sie Sie zurückruft?«

      »Was? Was? Ich kann Sie nicht mehr verstehen. Das Telefon hier muss kaputt sein.«

      Tess legte auf und griff nach dem Haustelefon, das daneben hing.

      »Hier Rezeption.«

      »Hi, ich bin’s, aus der Küche.« Sie ging davon aus, dass der Mann an der Rezeption nicht würde zugeben wollen, dass er eine andere Angestellte nicht an der Stimme erkannte. »Mensch, in welchem Zimmer ist denn Mr. Abramowitz diese Woche? Ich kann’s auf dem Zettel vom Zimmerservice nicht lesen, und du weißt ja, wie er ist, wenn sein Essen kalt ist. Er droht immer gleich mit einer Klage!«

      »Er ist auf Zimmer 410. Und du bringst es besser sofort hinauf. Du weißt doch am besten, dass er das Essen spätestens um halb eins will. Er möchte nicht unterbrochen werden.«

      Das reicht nicht, dachte Tess. Das reicht nicht an Information, um das Leben deines Freundes zu ruinieren. Sie atmete tief durch und sagte: »Damit er um eins den Nachtisch essen kann, oder?« Sie stieß das in diesem Moment genau passende scheue, verächtliche Lachen aus, das sie gar nicht an sich gekannt hatte.

      Der Mann an der Rezeption schnaubte, nahm sich dann aber zusammen. »Bring einfach das Essen rauf. Sie sind beide oben.«

      6

      An diesem Abend lief Tess ihre anstrengendste Route.

      Sie rannte die Boston Street hinunter und in die Canton hinein. Vorbei an den teuren Eigentumswohnungen, die man direkt am Wasser hochgezogen hatte, als die Canton Street noch als das heiße Viertel der Zukunft galt. Dazu war es nie so richtig gekommen, und so standen nun lediglich einige hohe Wohnblocks zwischen den Reihenhäusern wie ein paar Gullivers im Lande Lilliput. Es wäre doch reizend, dachte Tess, wenn die Bewohner eines Morgens aufwachen würden und feststellen müssten, dass ihre teuren Behausungen über Nacht am Boden festgepflockt worden waren und dass nun all die um sie herumschwärmten, die bisher in ihrem Schatten gewohnt hatten.

      Sie erhöhte ihr Tempo. Obwohl die Sonne schon untergegangen war, herrschte noch Schwüle, und ihr lief der Schweiß herunter. Sie hatte gehofft, dass ein tüchtiger Lauf sie abkühlen und ihre Gedanken klären würde, aber sie fühlte sich immer noch vergammelt und schmutzig, fest im Griff von miesem Essen und miesen Gedanken. Die vielen Pizzastücke und Hotdogs der letzten Woche schwitzten ihr aus den Poren, und in ihrem Kopf drängten sich die unangenehmen Bilder. Sie sah Ava Reizwäsche in ihre Aktentasche schieben, sah den großen Kopf von Michael Abramowitz, der auf seinem winzigen Körper schwankte wie ein unhandlicher Luftballon, als er zu seiner Verabredung mit Ava durch die Lobby des Renaissance Harborplace hüpfte.

      Sie hatte mit ihrer instinktiven Abneigung gegen Ava recht gehabt, aber das bereitete ihr wenig Freude. Wie hatte sie nur so dumm sein können, diese Situation nicht vorherzusehen? Denn Kitty hatte das alles ja nur zu deutlich erkannt. Von Anfang an hatte Tess gehofft, dass Ava Übles im Schilde führte, und hatte es genossen, dass sie die Möglichkeit bekam, es zu beweisen, in dem Glauben, es sei eine gute und nützliche Tat, Rocks Verlobung zu lösen. Sie hatte sich zwar vorstellen können, wie es wäre, Ava zu beschatten, und hatte es am Schluss sogar genossen. Sie hatte sich die langen Stunden damit vertrieben, zu überlegen, was sie mit dem Geld anstellen wollte, das Rock ihr gab. Aber sie hatte sich niemals vorgestellt, wie es wäre, Rock darüber Bericht zu erstatten.

      Bei dem Gedanken an Rocks Gesicht rannte sie noch schneller.

      Sie konnte es nicht, nicht für alles Geld der Welt. Aber auf ihre Bezahlung wollte sie auch nicht verzichten. Und sie wollte auch, dass Rock erfuhr, was sie entdeckt hatte, nur, es ihm zu sagen, diese Verantwortung wollte sie nicht übernehmen.

      Es gab nur eine Möglichkeit. Ava musste es gestehen, und Tess würde sie irgendwie dazu manipulieren müssen.

      Zu Hause in ihrer Wohnung, frisch geduscht und mit Talkum bepudert, wählte Tess Avas Telefonnummer. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein. Sie wollte gerade auflegen, da hatte sie eine plötzliche Inspiration. Sie wusste, was Ava dazu bringen würde, ans Telefon zu gehen, falls sie denn zu Hause war und mithörte.

      »Miss Hill?«, fragte sie mit der hellen, fast zu klaren Stimme eines Collegemädchens, mit einer Stimme, die am Ende eines jeden Satzes sogar noch höher wird.

      »Hier spricht Denise von Nordstrom? Ich habe Sie bedient, als Sie zum letzten Mal bei uns waren? Also, ich wollte Ihnen nur sagen, dass wir einen ganz besonderen Ausverkauf von Donna-Karan-Artikeln machen, einen Ausverkauf, den wir nur unseren ganz besonderen Kundinnen zwei Tage vorher ankündigen, und ich wollte Sie jetzt nur über die Einzelheiten informieren? Wir geben auf einige Herbstkostüme bis zu 75 Prozent Rabatt?«

      Ava nahm ab. »Ja, ich bin da. Haben Sie noch ein paar in Größe vier?«

      Völlig überwältigt von dem Erfolg ihres Plans, bemerkte Tess, dass sie sich den nächsten Schritt gar nicht überlegt hatte. Sie kehrte zur Wahrheit zurück.

      »Eigentlich bin ich gar keine Verkäuferin bei Nordstrom. Ich bin Privatdetektivin – jedenfalls so etwas Ähnliches, und ich habe Sie beschattet. Ich glaube, es wäre in Ihrem Interesse, wenn Sie sich mit mir treffen würden.«

      Ava legte auf. Tess rief wieder an und hatte wieder den Automaten am Apparat, aber sie wusste, dass Ava daneben stand und horchte.

      »Ich habe da so ein paar Informationen, Miss Hill«, sagte sie und konnte nur hoffen, dass ihre Stimme kühl und erfahren klang. »Informationen über Ihre … Betätigungen in der Mittagspause. Informationen, die ich meinem Klienten weitergeben werde, wenn Sie sich nicht mit mir treffen.«

      Sie

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