Wenn alles in Scherben fällt. F. John-Ferrer

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Wenn alles in Scherben fällt - F. John-Ferrer Zeitzeugen

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Helm kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.

      »Los, aufheben, du langes Reff!«, knurrt er Schnittgen wütend an.

      Schnittgen schüttelt den Kopf.

      Der Kammerbulle steckt den Kopf zur Tür heraus und fragt: »Was’n los da?«

      »Bitte nur den Drillich«, sagt Schnittgen.

      Es wird still im Korridor des Bekleidungsgebäudes, so still, dass man hört, wie Feldwebel Helm den Atem durch die Nase ausstößt. In einer langen Reihe an die rechte Wandseite des Korridors gedrückt, stehen die Sträflinge.

      »So«, hören sie den Kammerbullen höhnen, »nur ’n Drillich willst du haben? Die anderen Klamotten sind dir wohl nicht fein genug?«

      »Nimm die Sachen«, lässt sich der Feldwebel vernehmen; seine Stimme klingt wie das Knurren einer angriffslustigen Dogge.

      »Ich bin Christ«, sagt Schnittgen mutig. »Ich werde nie eine Soldatenuniform anziehen … und schon gar nicht ein Gewehr in die Hand nehmen. Das verbietet mir Gott, der in seinem fünften Gebot …«

      Weiter kommt Schnittigen nicht. Eine Faust packt ihn am Kragen und schleudert ihn auf die Kammertür zu. Das Viereck, durch das die Bekleidungsstücke geflogen kamen, verschließt sich von innen.

      »Knabe …«, grinst der Kammerbulle und zieht die Jacke aus, »Knäblein … Nu unterhalten wir uns mal ’n lüttgen über deine Idee.«

      Feldwebel Helm nimmt ein Koppel und schwingt es ein paarmal probeweise durch die Luft.

      Die draußen im Korridor ziehen die Köpfe ein, als in der Kammer ein dumpfer Aufschrei ertönt und dann von klatschenden Hieben abgelöst wird. Das Gesetz des Heubergs vollzieht sich auch an Alfons Schnittgen, brutal, eindeutig, unbarmherzig.

      Das dumpfe Brüllen des gepeinigten Menschen ist erloschen. Nur das klatschende Geräusch der Hiebe ist zu hören.

      »Sie schlagen ihn tot«, flüstert der Pfarrer Kranz und schlägt die Hände vors Gesicht.

      Kalmeder lehnt mit geschlossenen Augen an der Wand. Sein Asketengesicht ist starr. Nur um die nach unten gezogenen Mundwinkel spielt der Anflug eines seltsamen Lächelns.

      Zehn Minuten später taucht Alfons Schnittgen auf. Er taumelt aus der Tür, schlurft mit blutendem Mund, mit zerschlagenem Kopf an den Sträflingen vorbei, gefolgt von Feldwebel Helm.

      »Vorwärts, du Mistbiene, vorwärts!«

      Der Verschlag öffnet sich. Das feiste Gesicht des Kammerbullen schaut heraus.

      »Weitermachen, Herrschaften«, ruft er. »Weiter im Text. Der Nächste bitte … Hier ein Paar wunderschöne Stiefel … ein Drillich, eine Uniform, made in Germany.«

      Als Helmut Kalmeder seine Klamotten in Empfang nimmt, ist es ihm, als müsse er sich in die Ecke stellen und den Magen ausleeren.

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