Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag. Marcus X Schmid
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Thiviers
Jean-Paul Sartre, der in Thiviers seine frühe Kindheit verbrachte, weinte dem Ort nie eine Träne nach, und die Bevölkerung von Thiviers ihrerseits scheint dem streitbaren Philosophen auch nicht nachzutrauern. Eine kleine Tafel an der zentralen Rue Jaurès weist lapidar darauf hin, dass Sartre avant 1914 (vor 1914) hier gewohnt hat und 1964 den Nobelpreis für Literatur erhielt (dessen Annahme er übrigens verweigerte). Die Maison de la Presse gegenüber, die auch Bücher verkauft, führt Sartre nicht im Sortiment ...
Nur samstags, wenn die Bauern aus der Umgebung ihr Federvieh und Gemüse zu Markte tragen, kommt etwas Leben in die Straßen. Ansonsten ist Thiviers allenfalls eine Kaffeepause wert. Den Stadtrundgang kann man auf den Besuch der Notre-Dame-Kirche (innen fein skulptierte Kapitelle), den Blick auf das Schlösschen daneben (Privatbesitz) und ein paar schöne Häuser im Zentrum beschränken.
Saint-Jean-de-Côle
L’un des plus beaux villages de la France (eines der schönsten Dörfer Frankreichs) - die Auszeichnung teilt Saint-Jean-de-Côle mit 150 anderen Ortschaften im Land. Die rustikale Dorfarchitektur wurde belassen - kein moderner Bau, der das museale Ortsbild stören könnte. Im Zentrum steht das Schloss La Marthonie (14. Jh., Erweiterungen im 17. Jh.). Es ist seit Jahrhunderten von derselben Familie bewohnt, die nur gelegentlich in der Hauptsaison die Öffentlichkeit einlässt - und auch dann nur bis zum Innenhof und ans untere Ende der monumentalen Treppe im Inneren.
Für sein Dorfbild aus-gezeichnet: Saint-Jean-de-Côle
Neben diesem stattlichen Domizil erhebt sich, aus demselben dunklen Stein gebaut, die romanische Kirche Saint-Jean Baptiste (12. Jh.) - einst Teil einer Abtei, deren wirtschaftlichen Erträge lange Zeit in die Taschen der Schlossherren von nebenan flossen. Die Kirche weist einen außergewöhnlichen Grundriss auf: eine Apsis mit fünf Seiten, links und rechts jeweils eine Seitenkapelle, ebenfalls mit fünf Seiten. An drei Kapitellen der Außenmauer sind noch die frühen romanischen Darstellungen auszumachen: Noah liegt betrunken unter den Weinreben, Daniel in der Löwengruppe hat die Raubkatzen besänftigt, Gott ist damit beschäftigt, Adam zu formen. Direkt an die Kirche lehnt sich ein offener Ziegeldachanbau, die alte Markthalle. Schloss, Kirche und Markthalle bilden eine ganz und gar idyllische architektonische Einheit.
Information Office de Tourisme, überaus freundliches Personal, Auskünfte über die gesamte Umgebung. Ostern bis Sept. 10-18 Uhr. Rue du Château, 24800 St-Jean-de-Côle, Tel. 05.53.55.12.50, [email protected].
Feste Floralies, großer Blumenmarkt an einem Wochende zwischen Mitte April und Mitte Mai. Das ganze Dorf erstrahlt im Blumendekor, einschließlich der alten romanischen Kirche. Eintritt ca. 4 €.
Restaurant Le Saint-Jean, das frühere Hotel hält, seit der Sohn das Haus übernommen hat, nur noch den Restaurantbetrieb aufrecht. Klassische périgourdinische Küche, einladende Terrasse. So/Mo Ruhetag. Bourg, Tel. 09.70.35.57.20.
Château de Puyguilhem
Von allen Périgord-Schlössern ist das mitten im Grünen gelegene Schloss Puyguilhem (16. Jh.) sicher das verspielteste. Als Lustschlösschen in Auftrag gegeben, brauchten die Renaissance-Architekten auf militärische Zweckmäßigkeit keine Rücksicht zu nehmen und konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen: hier ein oktogonales Türmchen, dort ein pentagonales, dort ein Rundturm mit Kegeldach, aus dem ein hübscher Erker ragt ... und eine Fassade, die jeden Besucher bezaubert. Das Innere ist im Stil der Epoche eingerichtet; besondere Aufmerksamkeit verdienen die skulptierte Wendeltreppe und die Renaissance-Cheminées.
♦ April und Sept. tägl. 10-12.30/14-17.30 Uhr. Mai-Aug. tägl. 10-12.30/14-18.30 Uhr. Okt.-März Mi-So 10-12.30/14-17.30 Uhr. Eintritt 6 €, unter 25 J. für EU-Bürger gratis. Anfahrt: Von St-Jean-de-Côle über die D 98 nach Villars, von da noch ca. 600 m (gut ausgeschildert). Parkvorschrift beachten und die letzten 100 m zu Fuß gehen (keine Wendemöglichkeit vor dem Schlosstor).
Brantôme
Ein Inselstädtchen mit Brücken nach allen Seiten ist ein malerischer Anblick. Der französische Staatspräsident Raymond Poincaré rühmte Brantôme bei einem Besuch 1913 als das „Venedig des Périgord“, und die Stadt macht noch im 21. Jahrhundert Reklame mit dieser Formel. Nichts gegen Präsidenten als Werbetexter, doch der Vergleich mit der Lagunenstadt trägt etwas dick auf.
Zwei Flussarme der Dronne umspülen die Stadt, am nordwestlichen Ufer erhebt sich vor dem Kalkfelsen die gewaltige Benediktinerabtei. Hier zeigt sich Brantôme von seiner fotogensten Seite: Abtei, Brücken, Häuser direkt am Wasser und die Dronne, die alles zurückspiegelt - man wünschte sich eine 360°-Panorama-Kamera. Lange war das hübsche Städtchen vom Tourismus übersehen worden. Tempi passati, unter dem Felsen der Abtei und auf den zwei Hauptsträßchen im Ortskern haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Souvenirshops eingerichtet.
Von Wasser umspült: Brantôme
Stadtgeschichte: Knochen- und Werkzeugfunde in der Umgebung verraten die altsteinzeitliche Besiedlung. Der Dolmen von Peyrelevade an der Straße nach Thiviers (→ Sehenswertes) belegt, dass auch in der Jungsteinzeit Menschen hier siedelten.
Die eigentliche Geschichte Brantômes beginnt mit der Gründung der Benediktinerabtei. Karl der Große soll 796 den Bau angeordnet haben, um den Gebeinen des heiligen Sicarius eine würdige Ruhestätte zu verschaffen. Zur Einweihungsfeier im Jahr 804 erschien Papst Leo III. persönlich. Das Städtchen selbst entstand erst Jahrhunderte später, größtenteils in der Renaissance.
In den Religionskriegen kamen die Brantômais mit dem Schrecken davon (→ Kastentext „Pierre de Bourdeille“ ). Später verscheuchte die Französische Revolution zwar die Mönche, nicht aber die Bevölkerung. Tiefe Spuren hinterließen erst die beiden großen Kriege des 20. Jahrhunderts in Brantôme. Zahlreiche Männer der Stadt fanden 1916 in Verdun den Tod, und der Zweite Weltkrieg wurde buchstäblich vor den Haustüren ausgetragen. Widerständler aus Brantôme töteten im März 1944 am Stadtausgang zwei deutsche Offiziere. In den folgenden Tagen rächten sich die Nazis mit einer überaus brutalen Strafexpedition: Häuser wurden geplündert und in Brand gesteckt, Menschen gefoltert und erschossen. Brantôme hatte 56 Tote zu beklagen.
Sehenswertes
Abtei Saint-Sicaire: Die sich am Dronne-Ufer an die Kalkfelsen schmiegende Benediktinerabtei (heute Sitz der Stadtverwaltung) wurde angeblich von Karl dem Großen gegründet. Im Gespräch sind aber auch Pippin der Kleine (Vater Karls) und Pippin der Aquitanier (ein Enkel Karls). Die erste urkundliche Erwähnung der Abtei jedenfalls datiert aus dem Jahr 817 und schließt damit keinen der drei als möglichen Gründervater aus. Vermutlich hat Karl der Große bei den Legendenschreibern das Rennen deshalb gemacht, weil er das größte geschichtliche Gewicht hat.
Die Kirche, in der angeblich die Gebeine von Sicarius, einem der Opfer des bethlehemitischen Kindermords unter Herodes, bestattet wurden,