Personal, Team- und Konfliktmanagement. Ute Reuter
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Kultur wird dabei als der Gesamtzusammenhang menschlicher Interaktionen und Artefakte verstanden. Damit wird der Prozess des Herstellens von kollektiv tragfähigen Bedeutungen betont und die Veränderbarkeit dieses Prozesses wird in den Fokus genommen. Der Erwerb Interkultureller Kompetenz kann also als dynamischer Prozess verstanden werden, der verschiedene, wechselseitig verbundene Dimensionen berührt. (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2008: 7) Deardorff versteht in seiner Forschung das Wechselspiel der Dimensionen Interkultureller Kompetenz folgendermaßen:
• Je positiver die Einstellung zu Interkulturalität ist, desto mehr Wissen und Fähigkeiten mit Bezug zur Interkulturalität werden erworben.
• Je häufiger interkulturelle Situationen reflektiert und konstruktiv bewältigt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein höheres Maß an Interkultureller Kompetenz erreicht wird.
• Alle vier Dimensionen haben wechselseitig aufeinander Auswirkungen. (vgl. Deardorff, 2006: 256)
Interkulturelle Kompetenz ist kein statischer Zustand, der, einmal erworben, bestehen bleibt. Vielmehr ist es als Prozess des Erwerbs von Wissen und Fähigkeiten zu sehen, welche sich gegenseitig bedingen und positive und negative Rückkopplungen auf die Einstellung, das Wissen, die Fähigkeiten und das Reflexionsvermögen des Akteurs haben. (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2008: 7) Zudem ist auch Kultur der ständigen Veränderung unterworfen. So müssen Individuen lernen, mit diesem permanenten Wandel umzugehen. Die zentralen Dimensionen Interkultureller Kompetenz nach Deardorff werden zunächst grafisch dargestellt (
Abb. A.6: Lernspirale der Interkulturellen Kompetenz (Quelle: Eigene Darstellung gemäß Deardorff, 2006: 256 und Bertelsmann Stiftung, 2008: 8).
Jede der im Folgenden beschriebenen Dimensionen der Interkulturellen Kompetenz wird nicht nur einmal durchlaufen, sondern immer wieder und mit jedem Durchlauf hebt sich die Interkulturelle Kompetenz auf eine neue, höhere Ebene. Es entsteht eine Lernspirale der Interkulturellen Kompetenz.
2.2.4.1 Haltungen und Einstellungen
In der ersten Dimension Interkultureller Kompetenz werden die Haltungen und Einstellungen der Mitarbeiter angesprochen. Eine grundlegend positive Einstellung bildet den Ausgangspunkt für den Erwerb interkultureller Kompetenz, vor allem gegenüber interkulturellen Situationen. Von Bedeutung sind die Offenheit, mit der dem Fremden begegnet wird, sowie eine grundlegende Wertschätzung kultureller Vielfalt. Einer Person aus einem fremden Kulturkreis sollte offen, neugierig und ohne Vorurteile begegnet werden. (vgl. Deardorff, 2006: 255)
Die Persönlichkeit eines Menschen gründet sich auf fünf verschiedenen stabilen Kriterien. Offenheit ist eines dieser fünf stabilen Kriterien der Persönlichkeit. (vgl. Asendorpf/ Neyer, 2007: 155) Das bedeutet Folgendes für die Interkulturelle Kompetenz eines Menschen: Es ist davon auszugehen, dass manche Aspekte der interkulturellen Kompetenz durch Gene geprägt und durch entsprechende Sozialisation erworben sind. Die Haltung und Einstellung eines Menschen kann nach Deardorff durch kulturelle Bildung oder Mehrsprachigkeit positiv gefördert werden. Für das Erlernen Interkultureller Kompetenz ist es entscheidend, dass die Beteiligten auch dann, wenn sie Unsicherheit empfinden, ihre Offenheit gegenüber unbekannten Situationen bewahren, sich stets tolerant gegenüber Ambiguität zeigen und über diese Erfahrungen zudem kontinuierlich nachdenken und damit Reflexionskompetenz zeigen. (vgl. Deardorff, 2006: 254)
2.2.4.2 Handlungskompetenz
Die Dimension der Handlungskompetenz umfasst spezielle Kompetenzen, die für das Agieren in interkulturellen Situationen notwendig sind. Sie ergänzen sich gegenseitig. Entscheidend dabei sind ein umfassendes kulturelles Wissen sowie besondere Fähigkeiten zur Kommunikation, Dialogführung sowie gemeinsame Aktivitäten.
Die Handlungskompetenz im Rahmen der Interkulturellen Kompetenz umfasst also zum einen das »Wissen über« und zum anderen das »Wissen wie« (Deardorff, 2006: 256). Der erfolgreiche Einsatz dieses Wissens hängt vom Handlungsbereich, vom Kontext und von der Situation ab, in der ein interkulturelles Zusammentreffen erfolgt. Das Zusammentreffen auf interkultureller Ebene wird durch vier Schlüsselaspekte bzw. Regeln grundlegend geprägt:
• Es wird der Weltsicht, den Werten, den Normen und den Lebensweisen anderer Menschen Verständnis entgegengebracht. Interkulturelles Wissen ermöglicht ein besseres Verstehen dieser Verschiedenheiten.
• Es wird anerkannt, dass kulturelle Aspekte Auswirkungen auf das Verhalten und auf die Kommunikation haben. Interkulturelles Wissen ermöglicht es, die Rolle der interkulturellen Aspekte zu verstehen.
• Es ist wichtig, historische, politische und religiöse Zusammenhänge zu kennen. Interkulturelles Wissen umfasst diese Kenntnisse.
• Es besteht ein soziolinguistisches Bewusstsein dafür, dass zwischen der Sprache und der Bedeutung im gesellschaftlichen Zusammenhang eine enge Beziehung besteht. (vgl. Deardorff, 2006: 256)
In jeder Kultur wird anderes, spezifisches Wissen über Werte, Normen und gesellschaftliche Zusammenhänge benötigt, um Handlungskompetenz zu haben. Es ist nicht nur notwendig, deklaratives Wissen (Lexikonwissen) vorweisen zu können. Vielmehr ist es von Bedeutung, prozessuales Wissen über den Erwerb, das Erfragen und Verarbeiten fremder Lebensweisen und kultureller Faktoren und Praktiken zu haben und anzuwenden. Hier finden sich Bezugspunkte zur Selbst- und Sozialkompetenz. Maßgebliche Metakompetenzen sind das vorurteilsfreie Beobachten und die Fähigkeit zu analysieren, zu bewerten und unterschiedliche Aspekte in Beziehung zu setzen. (vgl. Deardorff, 2006: 254 f)
In der Dimension Handlungskompetenz sind außerdem weitere wichtige Elemente enthalten, wie das Lösen von Konflikten und das Nutzen kreativen, kulturell spezifischen Potenzials im Arbeitskontext. Diese Aspekte könnten auch dem Bereich der Sozialkompetenz zugeschrieben werden. Hier sind die Grenzen der Kompetenzbereiche fließend.
2.2.4.3 Interne Wirkung
Die Dimension der internen Wirkung umfasst Elemente des innerpsychischen Umgangs mit anderen Kulturen. Jede soziale Interaktion setzt die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, zu Empathie und Mitgefühl voraus. Darüber hinaus ist Flexibilität ein Spezifikum der Interkulturellen Kompetenz. Mitarbeiter müssen in der Lage sein, sich an interkulturelle Situationen anzupassen, d. h. an neue Formen von Kommunikation und Kooperation, andere Weltsichten, Lebensweisen, Normen und Werte. (vgl. Deardorff, 2006: 254)
Unter dem Stichwort der Verträglichkeit ist dieses Kriterium auch Teil des Erfassens der Persönlichkeit nach dem Modell der Big Five. In ihrer hohen Ausprägung misst Verträglichkeit die Art und Weise, wie verständnisvoll, mitfühlend und altruistisch mit anderen umgegangen werden kann. (vgl. Asendorpf/ Neyer, 2007: 155) Altruismus wird dabei, ebenso wie Dankbarkeit, als interpersonelle Kompetenz angesehen. Neugier und Offenheit im Denken sind hingegen eher intellektuelle Stärken, wohingegen Selbstkontrolle