Personal, Team- und Konfliktmanagement. Ute Reuter
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Die Rollen, die dem wechselorientierten Mitarbeiter zugeschrieben werden, sind »Innovator, Zukunftsplaner, Veränderungsmanager« (Thomann, 2004: 247).
Hat sich der Mitarbeiter auf der Zeitachse positioniert und ist sich darüber klar geworden, wie stark dauer- bzw. wechselorientiert er ist, dann geht es in einem zweiten Schritt darum, die Positionierung auf der Raumachse zu klären:
Die Raumachse weist einerseits die Maximalausprägung der Distanzorientierung auf (vgl., auch im Weiteren, Thomann, 2004: 232 f sowie 239 f). Mitarbeiter, die distanzorientiert sind, zeichnen sich durch einen hohen Grad an Autonomie aus. Sie brauchen ihre Unabhängigkeit, um effizient und effektiv arbeiten zu können. Am produktivsten sind sie in einem Einzelbüro, in dem sie einen gewissen räumlichen Abstand zu anderen Mitarbeitern wahren können. Ihre Arbeitsweise ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Sachlichkeit und Rationalität. Auf eher näheorientierte Mitarbeiter wirken sie bisweilen kühl und unnahbar. Auch die Attribute arrogant, eigensinnig und egozentrisch werden dem distanzorientierten Mitarbeiter des Öfteren zugeschrieben.
Ein distanzorientierter Mitarbeiter kann die verschiedenen Ebenen der Kommunikation nutzen und mit Hilfe der sozialen Sprache maximale Distanz zu anderen Mitarbeitern aufbauen. Seine Kommunikation wird durch höfliche Distanziertheit gekennzeichnet sein. (vgl. Juul/Jensen, 2019: 152)
Thomann benennt folgende Rollenzuschreibungen für den Mitarbeiter mit einer ausgeprägten Distanzorientierung: »Fachautorität, Kritiker, Nörgler, Einzelkämpfer« (Thomann, 2004: 245).
Die andere Maximalausprägung der Raumachse ist die Näheorientierung (vgl. hierzu, auch im Folgenden, Thomann, 2004: 231 f sowie 239 f). Ein Mitarbeiter mit einem hohen Grad an Näheorientierung legt großen Wert auf Harmonie und Geborgenheit im Team. Er braucht die vertraute Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern, um sich wohl zu fühlen und produktiv arbeiten zu können. Im Team ist ihm kooperatives Verhalten sehr wichtig. Vom näheorientierten Vorgesetzten werden Entscheidungen nicht nur einfach getroffen, sondern transparent gemacht und auch durchaus im Team zur Diskussion gestellt. Das Verhalten des näheorientierten Mitarbeiters ist geprägt von Empathie und Einfühlungsvermögen. Sein Wunsch nach einer guten Teamatmosphäre steht immer im Vordergrund. Von einem distanzorientieren Teamkollegen kann der näheorientierte Mitarbeiter als aufdringlich empfunden werden, wenn er sich z. B. tagtäglich nach dessen Befinden erkundigt und sich insoweit »anbiedert«.
Ein näheorientierter Mitarbeiter kann die verschiedenen Ebenen der Kommunikation ebenfalls nutzen, allerdings mit anderem Ergebnis als der distanzorientierte Mitarbeiter. Er wird durch den gezielten Einsatz sozialer Sprache langsam Nähe entstehen lassen, ohne sich selbst dabei verletzlich zu zeigen. (vgl. Juul/Jensen, 2019: 152)
Die Rollen, die dem näheorientierten Mitarbeiter in der Arbeitswelt zugeschrieben werden, sind die Folgenden: »Teamentwickler, Moderator, Vermittler, Ausgleicher, Beziehungs- und Personalmanager« (Thomann, 2004: 243).
Um die Gegensätze an einem Beispiel zu verdeutlichen, kann der Distanztyp mit dem Nähetyp verglichen werden. Der Distanztyp schätzt bei seiner Arbeit seine Eigenständigkeit. Er hält sich an feststehende Fakten und ist sehr realistisch. Der Nähetyp hingegen bildet sich seine eigene Meinung erst auf Basis der gründlichen Abwägung aller anderen Meinungen in seinem Team und stellt die gute Arbeitsatmosphäre über alles. Im Zweifelsfall wird er seine eigene Meinung ändern, um des lieben Friedens willen. Diese völlig unterschiedlichen Einstellungen und Arbeitsweisen führen dazu, dass der Distanztyp den Nähetypen als Traumtänzer empfindet und ihn möglicherweise sogar für ein Weichei hält. Der Nähetyp hingegen empfindet den Distanztypen als unnachgiebigen Hardliner und lehnt seine »Hau-drauf-Mentalität« ab. Es fällt beiden Typen im täglichen Miteinander im Team sehr schwer, den eigenen Toleranzbereich zu verlassen. Das gegenseitige Verstehen und die Zusammenarbeit erfordern von beiden ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft. (vgl. Pellny u. a., 2014: 79)
Die Positionierung der Teammitglieder im Riemann-Thomann-Kreuz verdeutlicht die Unterschiede zwischen den jeweiligen Teammitgliedern. Die Wahrnehmung des Einzelnen zu den Eigenschaften und Verhaltensweisen von ihm selbst und den anderen wird geschärft. Vielfach ist allein schon das Erkennen der unterschiedlichen Positionierungen ein erster Schritt auf dem Weg zum besseren gegenseitigen Verständnis. Es werden »Mindeststandards, die für beide Seiten gelten« (Kanitz, 2015: 34) entwickelt. Die Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdwahrnehmung und deren Relativierung ermöglicht also die weitgehend objektive Darstellung der Situation im Team. Hierzu bedarf es der Bereitschaft von allen Seiten, sich auf die Erstellung des Riemann-Thomann-Kreuzes einzulassen und sich mit der Fremdwahrnehmung durch die anderen Teammitglieder bzw. durch den Teamleiter konfrontieren zu lassen.
Nun kann es sein, dass ein oder mehrere Teammitglieder Schwierigkeiten haben, sich im Riemann-Thomann-Kreuz zu positionieren, weil sie in sich selbst sowohl eine gewisse Nähe- als auch eine gewisse Distanzorientierung spüren, je nach Situation und Gegenüber. Gleiches kann auch für die Dauer- und die Wechselorientierung gelten. Das ist vollkommen normal, denn »jeder ist ein Gemisch aus allen vier Strebungen« (Thomann, 2004: 235). In dem Fall kann zu folgender Interpretation gegriffen werden, um die Positionierung trotzdem zu ermöglichen:
• Die Raumachse wird als zweigeteilt verstanden. Im Schnittpunkt der Raum- und der Zeitachse wird die Näheorientierung als 0 Prozent ausgeprägt betrachtet, wohingegen die 100 Prozent bei einer Positionierung ganz weit links auf der Raumachse erreicht werden. Die Distanzorientierung wiederum wird ebenfalls im Schnittpunkt der Raum- und Zeitachse als zu 0 Prozent ausgeprägt angesehen. Die 100 Prozent Ausprägung der Distanzorientierung werden ganz rechts auf der Raumachse realisiert.
• Die Zeitachse wird ebenfalls als zweigeteilt verstanden. Im Schnittpunkt der Raum- und der Zeitachse sind sowohl die Dauer- als auch die Wechselorientierung mit 0 Prozent ausgeprägt. Ganz oben auf der Zeitachse erreicht die Dauerorientierung 100 Prozent, wohingegen die Wechselorientierung ganz unten auf der Zeitachse zu 100 Prozent realisiert wird.
Die Teammitglieder werden dazu aufgefordert, sich auf allen vier Teilachsen zu positionieren und zwar in Abhängigkeit von der Stärke der jeweils wahrgenommenen Orientierung zwischen 0 und 100 Prozent. Ein Mitarbeiter, der sich als meist näheorientiert empfindet, sich aber in manchen, wenn auch selten vorkommenden Situationen auch mal zum konzentrierten Arbeiten in ein Einzelbüro zurückzieht, der wird seine Kreuzchen an zwei Stellen der Raumachse setzen. Zum einen ganz weit links für die als sehr hoch empfundene Näheorientierung und zum anderen direkt rechts vom Schnittpunkt der Raum- und Zeitachse für die als zumeist gering empfundene Distanzorientierung. Eben dieser Mitarbeiter wird sich auch auf der Zeitachse positionieren. Vielleicht empfindet er sich als meistens stark dauerorientiert, manchmal aber auch als kreativ und spontan. Dann wird er seine beiden Kreuzchen auf der Zeitachse entsprechend setzen. Verbindet er nun die Kreuzchen für die jeweilige Orientierung miteinander, dann