Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle
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Читать онлайн книгу Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle страница 5
Dann bin ich die Straße hinabgeschlendert und habe wie erwartet einen Pferdestall an einer Straße gefunden, die an einer der Gartenmauern verläuft. Ich habe den Stallburschen beim Abreiben der Pferde geholfen, und als Gegenleistung habe ich zwei Pence, ein Glas halb Porter halb Ale, zwei Pfeifen voll Shag und über Miss Adler so viele Informationen bekommen, wie ich mir nur wünschen konnte, ganz zu schweigen von einem halben Dutzend anderer Leute in der Nachbarschaft, an denen ich nicht im geringsten interessiert war, deren Biographien ich mir aber anhören mußte.«
»Und was ist mit Irene Adler?« fragte ich.
»Oh, die hat in der Gegend allen Männern den Kopf verdreht. Auf diesem Planeten ist sie das süßeste Ding, das eine Haube trägt. So heißt es im Serpentine-Stall, wie aus einem Mund. Sie führt ein ruhiges Leben, singt bei Konzerten, fährt jeden Tag um fünf Uhr aus und kommt Punkt sieben zurück zum Dinner. Zu anderen Zeiten geht sie selten aus, außer wenn sie singt. Sie hat nur einen männlichen Besucher, den aber oft. Er ist dunkelhaarig, hübsch und schneidig; er kommt nie seltener als einmal pro Tag und oft auch zweimal. Er ist ein Mr. Godfrey Norton, vom Gericht am Inner Temple. Sie sehen, wie gut es ist, einen Kutscher als Vertrauensmann zu haben. Sie haben ihn ein Dutzend Mal vom Serpentine-Stall nach Hause gefahren und wissen alles über ihn. Nachdem ich mir alles angehört hatte, was sie erzählen konnten, bin ich wieder in der Nähe von Briony Lodge auf und ab gegangen und habe mir meinen Schlachtplan zurechtgelegt.
Dieser Godfrey Norton ist offenbar ein wichtiger Faktor in der Angelegenheit. Er ist Anwalt. Das klingt ominös. Wie sieht ihre Beziehung aus, und was ist der Sinn seiner wiederholten Besuche? Ist sie seine Klientin, seine Freundin oder seine Maitresse? Im ersten Fall hat sie ihm vermutlich die Photographie zur Aufbewahrung übergeben, im letzten ist das weniger wahrscheinlich. Von der Beantwortung dieser Frage hing nun ab, ob ich meine Arbeit in Briony Lodge fortsetzen oder meine Aufmerksamkeit den Räumlichkeiten des Gentleman im Temple zuwenden sollte. Das war ein heikler Punkt, und er dehnte den Bereich meiner Nachforschungen aus. Ich fürchte, ich langweile Sie mit diesen Einzelheiten, aber ich muß Ihnen meine kleinen Schwierigkeiten vor Augen führen, damit Sie die Situation begreifen können.«
»Ich kann Ihnen ganz gut folgen«, antwortete ich.
»Ich war immer noch damit beschäftigt, die Sache im Geiste abzuwägen, als eine Droschke vor Briony Lodge vorfuhr und ein Gentleman heraussprang. Er war ein bemerkenswert gutaussehender Mann, dunkelhaarig, mit Adlernase und Schnurrbart – augenscheinlich der Mann, von dem ich so viel gehört hatte. Er schien in großer Eile zu sein, rief dem Kutscher zu, er solle warten, und dann ist er an dem Mädchen, das die Tür öffnete, vorbeigestürmt wie einer, der sich sehr gut auskennt.
Er ist ungefähr eine halbe Stunde im Haus geblieben, und ich konnte ihn hin und wieder sehen, wie er hinter den Fenstern des Wohnraums auf und ab ging, erregt redete und mit den Armen fuchtelte. Dann kam er wieder heraus und sah noch gehetzter aus als zuvor. Als er zum Wagen ging, hat er eine goldene Uhr aus der Tasche gezogen und sie besorgt angesehen. ›Fahren Sie wie der Teufel‹, hat er gerufen, ›erst zu Gross and Hankey's in der Regent Street und dann zur Kirche St. Monica in der Edgware Road. Eine halbe Guinee, wenn Sie es in zwanzig Minuten schaffen!‹
Damit sind sie losgebraust, und ich überlegte mir gerade, ob ich ihnen nicht besser folgen sollte, als ein hübscher kleiner Landauer die Straße heraufkam; der Kutscher hatte seine Jacke nur zur Hälfte zugeknöpft und die Krawatte saß unter dem Ohr, und alle Riemen starrten aus den Schnallen des Geschirrs heraus. Der Wagen stand noch nicht, als sie auch schon aus der Tür geschossen kam und einstieg. Ich habe in diesem Moment nur einen kurzen Blick auf sie werfen können, aber sie ist eine wunderschöne Frau, mit einem Gesicht, für das mancher Mann sein Leben hingäbe.
›Die St. Monica-Kirche, John‹, rief sie, ›und einen halben Sovereign, wenn wir in zwanzig Minuten dort sind.‹
Die Gelegenheit war zu gut, um sie verstreichen zu lassen, Watson. Ich habe noch überlegt, ob ich laufen oder hinten auf ihrem Landauer aufsitzen soll, als eine Mietdroschke die Straße herunterkam. Der Fahrer hat seinen schäbigen Fahrgast mißtrauisch angesehen, ich bin aber in den Wagen gesprungen, bevor er Einwände erheben konnte. ›Die St. Monica-Kirche‹, habe ich gesagt, ›und einen halben Sovereign, wenn Sie es in zwanzig Minuten schaffen.‹ Es war fünfundzwanzig Minuten vor zwölf, und natürlich war mir klar, was in der Luft lag.
Mein Kutscher ist sehr schnell gefahren. Ich glaube nicht, daß er jemals schneller gefahren ist, aber die anderen waren vor uns dort. Droschke und Landauer mit dampfenden Pferden standen vor der Tür, als ich ankam. Ich habe den Mann bezahlt und bin in die Kirche gestürzt. Keine Menschenseele war in der Kirche, außer den beiden, denen ich gefolgt war, und einem Priester im Chorhemd, der ihnen Vorhaltungen zu machen schien. Sie standen alle drei dicht zusammen vor dem Altar. Ich bin durch den Seitengang nach vorn geschlendert wie ein beliebiger Müßiggänger, der zufällig in eine Kirche hineinschaut. Zu meiner Überraschung drehen sich die drei am Altar plötzlich zu mir um, und Godfrey Norton kommt zu mir gestürmt, so schnell er kann.
›Gott sei Dank!‹ ruft er, ›Sie können uns helfen. Kommen Sie! Kommen Sie!‹
›Was gibt's denn?‹ frage ich.
›Kommen Sie, Mann, kommen Sie, nur noch drei Minuten, sonst ist es nicht rechtsgültig.‹
Er hat mich förmlich zum Altar gezerrt, und bevor ich so recht wußte wo ich war, murmelte ich schon Antworten, die man mir ins Ohr flüsterte, und verbürgte mich für Dinge, von denen ich nichts wußte, und im übrigen half ich dabei, die Jungfer Irene Adler fest und sicher an den Junggesellen Godfrey Norton zu binden. Alles war im Nu erledigt, und da standen der Gentleman auf einer und die Lady auf der anderen Seite und dankten mir, und der Priester strahlte mich von vorn an. Es war die lächerlichste Situation, in der ich mich in meinem Leben je befunden habe, und beim Gedanken daran habe ich vorhin so gelacht. Anscheinend hatte es in ihren Papieren einen Formfehler gegeben, so daß der Priester sich kategorisch weigerte, sie ohne einen Zeugen zu vermählen, und mein glückliches Auftauchen hat den Bräutigam davor gerettet, einen Ausfall auf die Straße unternehmen und einen Brautführer suchen zu müssen. Die Braut hat mir einen Sovereign gegeben, und ich beabsichtige, ihn als Andenken an dieses Ereignis an meiner Uhrkette zu tragen.«
»Die Sache nimmt einen reichlich unerwarteten Verlauf«, sagte ich; »und was ist dann geschehen?«
»Nun ja, meine Pläne waren natürlich vom Scheitern bedroht. Es sah so aus, als könnte das Paar sich sofort auf eine Reise begeben, was umgehende und energische Maßnahmen meinerseits erfordert hätte. Sie trennten sich aber an der Kirchentür; er ist zurückgefahren zum Temple und sie zu ihrem Haus. ›Ich werde wie üblich um fünf im Park ausfahren‹, sagte sie, als sie von ihm wegging. Mehr habe ich nicht gehört. Sie sind in verschiedene Richtungen gefahren, und ich bin aufgebrochen, um meine eigenen Vorkehrungen zu treffen.«
»Welcher Art?«
»Kaltes Rindfleisch und ein Glas Bier«, antwortete er, wobei er die Glocke betätigte. »Ich war zu beschäftigt, um an Essen zu denken, und wahrscheinlich werde ich heute abend noch beschäftigter sein. Übrigens, Doktor, ich brauche Ihre Mitwirkung.«
»Mit dem größten Vergnügen.«
»Macht es Ihnen etwas aus, das Gesetz zu übertreten?«
»Nicht im mindesten.«
»Oder möglicherweise verhaftet zu werden?«
»Nicht wenn es für eine gute Sache ist.«
»Oh,