Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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»Man wird mir Evi wegnehmen«, seufzte Betti.
»Davon hat Herr Kirsch nichts gesagt …« Andrea brach ab. Es hatte keinen Sinn, falsche Hoffnungen in Betti zu erwecken. »Es muss Ihnen doch von allem Anfang an klargewesen sein, dass Sie das Kind eventuell wieder hergeben müssen«, setzte sie vorsichtig hinzu.
Betti nickte und schnupfte auf.
»Aber einstweilen ist es noch nicht so weit«, meinte Andrea tröstend und wiederholte Herrn Kirschs Mitteilungen.
Betti bemühte sich zwar, Andrea aufmerksam zuzuhören, doch ihre Gedanken machten sich selbstständig und kreisten nur um einen einzigen Punkt: Es bestand die Möglichkeit, dass Evis Identität festgestellt wurde, und dann …
Betti weigerte sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Mit feuchten Augen sah sie Andrea von Lehn an und murmelte: »Was soll ich jetzt machen?«
»Nichts. Wir können nur abwarten.«
*
Die folgenden Tage verstrichen für Betti mit einer qualvollen Langsamkeit. Wenn sie Evi beim Spielen beobachtete, tat ihr das Herz weh. Weder sie noch Andrea hatte dem Kind etwas von den Ausführungen Wachtmeister Kirschs erzählt. Wozu auch? Sie wollten Evi nicht verunsichern. Sie war heiter und glücklich und hatte sich ihrer neuen Umgebung völlig angepasst. Ihre Mutter erwähnte sie kaum noch. Dafür hing sie an Betti, als wäre sie seit eh und je mit ihr beisammen gewesen.
Die Situation war für Betti beinahe unerträglich. Manchmal war sie nahe daran, Evi zu fragen, ob ihr Zuname Gleisner laute, aber sie scheute jedes Mal davor zurück.
Trotzdem blieb Betti die Entscheidung nicht erspart. Herr Kirsch, dessen Uniform sie inzwischen beinahe so fürchtete, wie eine Verbrecherin, erschien wieder einmal bei den von Lehns. In seinem Schlepptau hatte er eine freundliche ältere Frau, die er als Gisela Gleisners Nachbarin vorstellte.
Evi wurde herbeigeholt. Sie warf einen Blick auf die fremde Dame und sagte höflich: »Guten Tag, Frau Buchmann.«
»Ach, Evilein, mein armes Kleines«, rief Frau Buchmann gefühlvoll aus. »Ich habe gehört, dass dir etwas Schreckliches passiert ist. Deine arme Mutter!«
Andrea von Lehn legte warnend den Finger auf die Lippen und bedeutete Frau Buchmann zu schweigen. Betti führte Evi wieder hinaus in den Garten, und Andrea bat Wachtmeister Kirsch und Frau Buchmann ins Wohnzimmer, wo sich auch Betti bald einfand.
»Es ist also wirklich Eva Gleisner?«, vergewisserte sich Wachtmeister Kirsch.
»Natürlich. Daran besteht kein Zweifel. Ich kenne doch das Kind«, erwiderte Frau Buchmann.
»Dann wissen Sie vielleicht auch die Adressen von Evis Angehörigen?«, fragte Herr Kirsch.
»Nein, leider nicht«, sagte die Nachbarin bedauernd. »Ich war mit Frau Gleisner nicht befreundet. Ab und zu habe ich mich mit ihr unterhalten und mich ein wenig mit dem Kind beschäftigt, aber sonst … Frau Gleisner wohnte noch nicht lange in unserem Block.«
»Dann können Sie also über Evis Vater auch keine Auskunft geben«, warf Andrea ein.
»Nein. Frau Gleisner hat mir nur einmal erzählt, dass sie geschieden sei. Sie scheint sich mit ihrem Mann überhaupt nicht verstanden zu haben und war allem Anschein nach froh, ihn los zu sein.«
Das klang wenig erfreulich.
»Ach, es ist zu schrecklich«, jammerte Frau Buchmann. »Gisela Gleisner war noch so jung, knapp achtundzwanzig. Was soll denn nun aus dem armen Kind werden?«
Andrea von Lehn und Betti tauschten einen verständnisinnigen Blick. Betti hätte am liebsten gesagt, das lassen Sie nur meine Sorge sein, aber sie beherrschte sich und schwieg. Erst musste man Näheres über Evis Vater in Erfahrung bringen.
»Schade, dass Sie uns über Evis Vater keine Angaben machen können«, sagte Wachtmeister Kirsch zu Frau Buchmann. »Aber jetzt, nachdem wir den Namen kennen, wird es nicht so schwer sein, ihn ausfindig zu machen.«
*
Das war in der Tat nicht schwer. Nach kurzen Ermittlungen fand die Polizei heraus, dass Evis Vater Erich Gleisner hieß und in einem Forsthaus im Bayerischen Wald lebte.
Wachtmeister Kirsch ließ Frau von Lehn über den neuesten Stand der Dinge nicht im Unklaren, und Andrea gab die Neuigkeit umgehend an Betti weiter.
Betti erschrak. »Nun ist es also bald so weit«, stellte sie entmutigt fest. »Evis Vater wird kommen und das Kind abholen.«
»Davon hat Herr Kirsch nichts gesagt«, meinte Andrea.
»Ach, ich mache mir keine Hoffnungen mehr«, erwiderte Betti. »Jetzt, da Erich Gleisner weiß, wo sich sein Kind aufhält, wird er es umgehend zu sich nehmen. Ich würde doch genauso handeln, wenn Evi meine Tochter wäre.«
»Sie vergessen das, was Evi uns über ihren Vater erzählt hat«, entgegnete Andrea nachdenklich.
»Wieso?« Betti sah ihre Dienstgeberin fragend an.
»Er kann nicht mehr richtig gehen.«
»Ja, das hat Evi gesagt. Aber ob das stimmt?«
»Auch die Angabe, dass ihr Vater im Wald wohne, erwies sich als zutreffend«, erinnerte Andrea ihr Hausmädchen.
Betti überlegte. »Sie meinen, wenn Evis Vater krank ist, ist er möglicherweise froh, dass sich jemand um das Kind kümmert«, fasste sie dann ihre Überlegungen zusammen.
»Ja, so etwas Ähnliches habe ich mir gedacht«, erwiderte Andrea und fügte vorsichtig hinzu: »Wahrscheinlich ist es falsch, in Ihnen Zuversicht zu wecken, aber ich selbst hoffe so sehr, dass Evi bei uns bleiben darf.«
Andrea verschwieg, dass sie sich über Erich Gleisner kein günstiges Urteil gebildet hatte. Es musste doch seinen Grund haben, dass sich Gisela Gleisner von ihrem Mann hatte scheiden lassen.
»Was hat Ihnen eigentlich Gisela Gleisner damals im Zug über ihren Mann erzählt?«, fragte sie ihr Hausmädchen.
»Ach, ich weiß nicht …« Betti dachte nicht gern an diesen schrecklichen Tag zurück.
»Da war doch etwas, dass Evi ihren Vater nicht besuchen dürfe – oder so ähnlich«, setzte Andrea ihrem Hausmädchen zu.
Betti zog die Stirn grübelnd in Falten. »Ja, Evis Mutter sagte, dass Evi die Sehnsucht nach ihrem Vater unterdrücken müsse, weil ein Besuch bei ihm nicht infrage komme«, erinnerte sie sich schließlich. »Daraus könnte hervorgehen, dass er sich nichts aus seinem Kind macht«, setzte sie eifrig hinzu.
»Wir müssen abwarten, so schwer es uns auch fällt«, sagte Andrea.
»Ja«, erwiderte Betti niedergeschlagen. Sie litt sehr darunter, mit der Ungewissheit leben zu müssen und keine Entscheidung treffen zu können.
*
So verstrichen einige unerquickliche Tage, bis Betti endlich aufatmen konnte. Eine nette Dame von der Fürsorgebehörde