Der Sohn des Bärenjägers. Karl May

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Der Sohn des Bärenjägers - Karl May

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bildete. Wo sich sein Pferd befand, schien ihn gar nicht zu kümmern. Es war mit den anderen in die Umfriedung hereingekommen.

      Jetzt begrüßten Martin und Hobble-Frank die beiden Jäger mit herzlichem Handschlag. Die Gäste blickten sich im Raum um. Im hinteren Teil hatte sich der Laden befunden, dessen Vorräte aber sehr auf die Neige gegangen waren. Einige auf Pfähle geschlagene Kistendeckel bildeten die Tische. Die Sessel waren ebenso zusammengenagelt. In einer Ecke gewahrte man die Lagerstätten. Sie waren so kostbar, dass man die Bewohner des Blockhauses darum beneiden konnte, denn sie bestanden aus einer ganzen Anzahl übereinander gelegter Felle des fürchterlichen grauen Bären, der das gefährlichste Raubtier Amerikas ist. Richtet sich ein solcher ausgewachsener Grizzly auf den Hinterpranken auf, so ist er leicht noch einen halber Meter größer als ein Mann von guter Körperlänge. Einen solchen Bären erlegt zu haben, gilt bei den Indianern als größtes Heldenstück, und selbst der viel besser bewaffnete Weiße geht diesem Tier lieber aus dem Weg, als dass er sich ohne Not in einen Kampf mit ihm einlässt.

      Verschiedene Waffen und Beutestücke von Jagden hingen an den Wänden und in der Nähe des Kamins waren mächtige Stücke Rauchfleisch an hölzernen Pflöcken befestigt.

      Es war Abend geworden, und da das Dämmerlicht nur spärlich durch die kleinen, nicht mit Glas, sondern nur mit Läden versehenen Fensteröffnungen einzudringen vermochte, war es in der Hütte ziemlich dunkel. „Masser Bob Feuer anbrennen“, erklärte daher der Neger.

      Er brachte trockenes Buschholz herbeigeschleppt und machte mittels seines Punks[13] Feuer auf dem Herd. Der Zunder zu diesem Feuerzeug besteht aus trockenem, leicht glimmendem Moder, der aus der Höhlung verfaulter Bäume genommen wird.

      Die riesige Gestalt des Negers wurde während der erwähnten Beschäftigung von der Flamme grell beleuchtet. Er trug einen weiten Anzug aus dem einfachsten Kaliko, aber keine Kopfbedeckung. Das hatte seinen Grund. Der gute Bob war nämlich ein wenig eitel. Er wollte nicht als reiner Afrikaner gelten. Leider aber war sein Kopf mit einem dichten Wald kurzer, krauser Locken versehen, und da gerade diese Wolle seine Abstammung auf das Überzeugendste verriet, hatte er sich alle Mühe gegeben, glauben zu machen, dass er schlichtes Haar besitze. Er hatte darum den Kopf fest mit Hirschtalg eingerieben und das unbändige Wollgewirr in unzählige dünne Zöpfchen geflochten, die wie die Stacheln eines Igels nach allen Richtungen von seinem Kopf abstanden. Das gab bei der Beleuchtung durch das Herdfeuer einen abenteuerlichen Anblick.

      Bis jetzt waren nur wenige Worte gewechselt worden. Nun aber meinte Hobble-Frank in englischer Sprache zu dem Indianer: „Mein roter Bruder befindet sich in unserem Haus. Er ist uns willkommen und mag seine Botschaft ausrichten.“

      Der Rote warf einen forschenden Blick rundum und fragte: „Wie kann Wohkadeh sprechen, wenn er noch nicht den Rauch des Friedens schmecken durfte?“

      Da nahm Martin, der Sohn des Bärenjägers, ein indianisches Kalumet von der Wand und stopfte es mit Tabak. Als sich nun die anderen in die Nähe des Roten gesetzt hatten, steckte er den Tabak in Brand, tat sechs Züge, blies den Rauch nach oben, nach unten und nach den vier Himmelsrichtungen und sagte: „Wohkadeh ist unser Freund und wir sind seine Brüder. Er mag mit uns die Pfeife des Friedens rauchen und uns nachher seine Botschaft sagen.“

      Darauf reichte er dem Indianer die Pfeife. Dieser nahm sie in Empfang, erhob sich, tat die gleichen sechs Züge und erklärte sodann: „Wohkadeh hat die Bleichgesichter noch nie gesehen. Er wurde zu ihnen gesandt und sie erretteten ihn aus der Gefangenschaft. Ihre Feinde sind auch seine Feinde, und seine Freunde mögen auch die ihrigen sein. Howgh[14]!“

      Dieses ‚Howgh‘ heißt bei den Indianern so viel wie: ja, jawohl, ganz gewiss. Es wird als Zeichen der Bekräftigung oder der Zustimmung gebraucht, besonders in den Pausen oder am Schluss einer Rede.

      Wohkadeh gab die Pfeife weiter. Während sie die Runde machte, setzte er sich wieder und wartete. Er benahm sich bei dieser Begrüßung wie ein alter, erfahrener Häuptling, und auch Martin, der noch ein halber Knabe war, zeigte einen Ernst, der seine Überzeugung erkennen ließ, dass er in Abwesenheit seines Vaters der Hausherr sei.

      Als der Letzte die Pfeife weggelegt hatte, begann Wohkadeh: „Kennen meine weißen Brüder das Bleichgesicht, das von den Sioux Nonpeh-tahan[15] genannt wird?“

      „Du meinst Old Shatterhand?“, erkundigte sich der Lange Davy. „Gesehen habe ich ihn noch nicht, aber gehört hat wohl ein jeder von ihm. Was ist’s mit ihm?“

      „Er liebt die roten Männer, obwohl er ein Bleichgesicht ist. Er ist der berühmteste Pfadfinder. Seine Kugel geht nie fehl und mit der unbewaffneten Faust fällt er den stärksten Feind. Darum wird er Old Shatterhand genannt. Er schont das Blut und das Leben seiner Feinde, er verwundet sie bloß, um sie kampfunfähig zu machen, und nur, wenn es sein eigenes Leben gilt, tötet er den Gegner. Vor mehreren Monaten wurde er droben am Yellowstone von den Sioux-Ogellallah überfallen. Er stand aber auf einem Felsen und sie konnten ihn mit ihren Kugeln nicht erreichen. Da trat er hervor und erbot sich, mit dreien von ihnen zu kämpfen, sie mit dem Tomahawk und er ohne Waffe. Er hat sie alle drei mit der Faust erschlagen, darunter Pethaschitscha[16], den stärksten Mann des Stammes. Großes Wehegeheul erhob sich in den Bergen und Klagen in den Wigwams der Ogellallah. Es ist bis heute noch nicht verstummt. Jetzt sind die tapfersten Krieger des Stammes aufgebrochen nach dem Yellowstone River, um an den Gräbern der drei Erschlagenen ihre Todesgesänge ertönen zu lassen. Der Weiße, der ihnen während dieses Zuges begegnet, ist verloren. Er wird auf den Gräbern der von Old Shatterhand Getöteten an den Marterpfahl gebunden und muss langsam unter Qualen sterben, damit seine Seele die Geister der drei Toten in den ewigen Jagdgründen bediene.“

      Wohkadeh machte eine Pause und sagte dann ruhig und mit dumpfer Betonung: „Der Bärenjäger und seine Freunde sind von ihnen im Schlaf überrascht und gefangen worden!“

      Martin sprang von seinem Sitz auf und rief: „Bob, sattle schleunigst die Pferde! Frank, du magst schnell Munition und Mundvorrat einpacken und ich will indessen die Gewehre ölen und die Messer schleifen! In spätestens einer Stunde brechen wir zum Yellowstone auf!“

      „Selbstverständlich!“, rief Frank, indem er sich rasch erhob. „The devil, das soll den Roten schlecht bekommen!“

      Auch der Neger erhob sich, raffte den Pfahl auf, den er vorhin mit hereingenommen hatte, und erklärte: „Masser Bob mitgehen! Masser Bob totschlagen all rot Hunde von Ogellallah!“

      Da hob der Indianer die Hand und sagte: „Sind meine weißen Brüder Mücken, die zornig umherfliegen, wenn sie gereizt werden? Oder sind sie Männer, die wissen, dass die ruhige Beratung der Tat vorangehen muss? Wohkadeh hat noch nicht ausgesprochen.“

      „Mein Vater befindet sich in Gefahr, das genügt!“, brauste der Jüngling auf.

      Da warnte Jemmy, der Dicke: „Beruhigt Euch, mein junger Freund! Eile will Weile haben. Lasst Wohkadeh erzählen, bevor wir handeln!“

      „Handeln? Ihr wollt auch mit?“

      „Das bedarf keiner Frage. Wir haben das Kalumet miteinander geraucht und sind Freunde und Brüder. Der Lange Davy und der Dicke Jemmy haben noch keinen im Stich gelassen, der ihre Hilfe brauchte. Ob wir beide nach Montana reiten, um dort Büffel zu jagen, oder ob wir vorher einen Abstecher zum Yellowstone machen, um mit den Sioux-Ogellallah einen Walzer zu tanzen, das ist uns einerlei. Aber es muss alles in der gehörigen Ordnung vor sich gehen, sonst macht es so alten Jägern, wie wir beide sind, keinen rechten Spaß. Setzt Euch also wieder und bleibt ruhig, wie es sich geziemt!“

      „Das ist richtig!“, stimmte der kleine Sachse bei. „Aufregung tut in keiner Lage gut. Wir müssen überlegsam sein.“

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