Historische Translationskulturen. Группа авторов

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Dabei geht es vorrangig um die Frage, wer an den slowenischen Übersetzungen des RGBl. Interesse hatte und welche Translationskultur von diesen Interessengruppen auf unterschiedlichen Ebenen impliziert war. Als beteiligte Handlungspartner an den Translationsprozessen können im Falle des RGBl. einerseits die Redakteure und Kontrolltranslatoren der slowenischen Ausgabe identifiziert werden. Andererseits zählen dazu weitere Translatoren, Sprachwissenschaftler, Philologen und Juristen, die sich untereinander und mit den Translatoren des RGBl. in persönlichen Korrespondenzen über die angefertigten Translate austauschten. Die Untersuchung erfolgt also nicht auf der Beurteilung der Ausgangs- und Zieltexte, sondern nach Munday auf der Grundlage primärer Quellen, für den diese „an indispensable resource for the investigation of the conditions, working practices and identity of translators and for the study of their interaction with other participants in the translation process“ (Munday 2014: 64) sind. Über diese Primärquellen hinaus stellen slowenische Zeitungen und Zeitschriften eine weitere Interessengruppe dar, in der ein Diskurs über die Übersetzungen des RGBl. stattfand.

      2 Das Reichsgesetzblatt und die slowenischen Übersetzungen

      Basierend auf dem Kaiserlichen Patent über die Einführung eines allgemeinen Reichsgesetzblattes vom 4. März 1848 war das RGBl. im Zeitraum bis 1918 das Veröffentlichungsblatt der gesamtstaatlichen Gesetzgebung der Habsburgermonarchie. Die Originalfassung in deutscher Sprache wurde in neun weitere Sprachen des Vielvölkerstaates übersetzt, darunter auch ins Slowenische. Um die Übersetzungen anfertigen zu können, wurde ein Redaktionsbüro gegründet, in welchem Redakteure und Übersetzer für die einzelnen Sprachausgaben des RGBl. beschäftigt wurden.1

      Im Zeitraum von 1849 bis 1918 waren folgende Personen als Redakteure für Slowenisch tätig: Franc Miklošič, Matej Cigale, Karel Štrekelj und Fran Vidic (vgl. Wolf 2012: 161f.).2 Bei der Erstellung von Übersetzungen waren die slowenischen Redakteure mit mehreren Schwierigkeiten konfrontiert. Die slowenische Sprache (Prunč 2012: 85) war zu Beginn dieses Zeitraumes noch nicht normiert und aufgrund der historisch gewachsenen administrativen Zergliederung stark dialektal fragmentiert, eine Etablierung als Verkehrs-, Amts- und Bildungssprache wurde noch nicht vollzogen.

      Die Übersetzungen des RGBl. stellten aber auch aus weiteren Gründen für die slowenischen Translatoren eine große Herausforderung dar. Einerseits war der enorme Umfang des RGBl. problematisch. Im Jahr 1853 umfasste es beispielsweise 1.428 Seiten. Andererseits regelten die Gesetzestexte diverse Themenbereiche. Somit mussten in der weder funktional komplett ausgebildeten noch einheitlich standardisierten slowenischen Sprache Übersetzungen von Staatsverträgen oder Gesetzen in den Bereichen Schulwesen, Landwirtschaft, Steuern, Bergbau etc. angefertigt werden. Das fast vollständige Fehlen übersetzerischer Hilfsmittel stellte ein weiteres Problem dar. In den Jahren von 1825 bis 1848 (Melik 1994: 16f.) verfassten lediglich 62 Schriftsteller Bücher oder Artikel in der slowenischen Sprache; die periodische Presse, die den Übersetzern als Paralleltext dienen konnte, war kaum vorhanden. Auch in den verfügbaren Wörterbüchern war eine terminologische Recherche fast unmöglich, denn bis zum Jahr 1860 gab es nur drei umfangreichere deutsch-slowenische und zwei slowenisch-deutsche Wörterbücher.3 Dazu sei noch angemerkt, dass die slowenischen Translatoren entweder über eine philologische oder eine juristische Ausbildung verfügten. Eine universitäre translatorische Ausbildung konnte damals hingegen nicht erworben werden. Zweifelsohne kann somit behauptet werden, dass diese historische Periode nicht nur für den Ausbau der slowenischen Standard- und Fachsprache, sondern auch für die Entwicklung des slowenischen translatorischen Handlungsfeldes von großer Bedeutung war. Dies stellen sowohl die umfangreichen Untersuchungen von Nuč (2017) im Bereich der slowenischen Übersetzungen des Reichsgesetzblattes als auch von Žigon/Almasy/Lovšin anhand der Übersetzungen von Lehrbüchern als „osrednji vir informacij […] celih generacij“4 (Žigon/Almasy/Lovšin 2017: 143) zweifelsohne fest.

      3 Korrespondenzen, Zeitungen und Fachzeitschriften

      Um die Ausprägungen der Translationskultur untersuchen zu können, wurden Korrespondenzen der Redakteure und Translatoren des RGBl. sowie Beiträge in zwei Zeitungen und zwei Fachzeitschriften analysiert, die die slowenischen Übersetzungen des RGBl. thematisieren.

      Von den Korrespondenzen als primäre Quellen wurden in der vorliegenden Untersuchung einerseits bereits veröffentlichte Briefe der slowenischen Übersetzer des RGBl., andererseits die anhand eigener Recherchen in der Handschriftenabteilung der National- und Universitätsbibliothek (NUK) in Ljubljana ermittelten 88 Briefe herangezogen.

      Von den Printmedien wurden zunächst zwei Zeitungen aus dem Zeitraum der Märzrevolution ausgewählt, die eine wichtige Rolle für die Entwicklung des slowenischen Nationalbewusstseins spielten. Die Zeitung Kmetijske in rokodelske novice (KRN) (vgl. Narodna in univerzitetna knjižnica 2016) erschien von 1843 bis 1902.1 Neben populärwissenschaftlichen und politischen Themen war eines der Hauptanliegen von KRN die Schaffung einer einheitlichen slowenischen Standardsprache. Das erste slowenische politische Blatt Slovenija (Habe 2005: 23) erschien in den Jahren 1848 bis 1850 als ein Mitteilungsblatt des Vereines Slovensko društvo (Slowenischer Verein). Die erörterten Themen waren sowohl politischer als auch literarischer Natur. Des Weiteren wurden die Fachzeitschriften Pravnik slovenski (PS) und Slovenski pravnik (SP) herangezogen. PS (Jemec Tomazin 2010: 112f.) erschien in drei Jahrgängen in der Zeit von 1870 bis 1872. Die Zeitschrift SP (Pravna fakulteta Univerze v Ljubljani 2010) wurde mit einigen Unterbrechungen von 1881 bis 1944 herausgegeben. Sowohl PS als auch SP diskutierten die Terminologie der Gesetzestexte und prägten zugleich selbst neues Fachvokabular für Bereiche, wie z.B. öffentliche Verwaltung und Gerichtswesen (vgl. ibid.: 113).

      Maßgeblich für diese Analyse sind je Redakteur die ersten drei Jahre der Redaktionszeit. Teilweise weichen die Perioden, abhängig von der Erscheinungszeit der Zeitungen und Zeitschriften, voneinander ab (siehe Tabelle 1):

Redaktionszeit KRN Slovenija PS SP
Franc Miklošič 1849 1849 1849
Matej Cigale 1849–1889 1850–1852 1850 1870–1872
Karel Štrekelj 1890–1898 1890–1892 1890–1892
Fran Vidic 1898–1918 1898–1900 1898–1900

      Tabelle 1: Analysierte Zeitungen und Zeitschriften nach Redakteuren des RGBl.

      Im Folgenden sollen jene Dimensionen der Translationskultur erörtert werden, die in den oben untersuchten primären Quellen, Zeitungen und Zeitschriften erschlossen wurden.

      4 Dimensionen der Translationskultur

      Aus den Beiträgen in den Zeitungen KRN und Slovenija

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