David Copperfield. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу David Copperfield - Charles Dickens страница 67

David Copperfield - Charles Dickens Klassiker bei Null Papier

Скачать книгу

also«, er­wi­der­te mei­ne Tan­te, durch die Ant­wort be­sänf­tigt.

      »Wie kön­nen Sie so zer­streut sein, Dick, wo Ihr Ver­stand so scharf ist wie die Lan­zet­te ei­nes Chir­ur­gen. Jetzt se­hen Sie hier den jun­gen Da­vid Cop­per­field, und die Fra­ge, die ich Ih­nen vor­le­ge, ist, was soll ich mit ihm an­fan­gen?«

      »Was Sie mit ihm an­fan­gen sol­len«, frag­te Mr. Dick ver­le­gen und kratz­te sich hin­ter den Ohren. »An­fan­gen sol­len?«

      »Ja«, sag­te mei­ne Tan­te mit ei­nem erns­ten Blick und den Zei­ge­fin­ger in die Höhe hal­tend. »Ich brau­che einen ver­nünf­ti­gen Rat.«

      »Hm, wie wäre es«, sag­te Mr. Dick nach­denk­lich und mich mit lee­rem Blick an­se­hend, »ich wür­de –« mein An­blick schi­en ihm plötz­lich einen Ge­dan­ken ein­zu­flö­ßen – und er er­gänz­te rasch: »ich wür­de ihn wa­schen.«

      »Ja­net«, sag­te mei­ne Tan­te und dreh­te sich mit ei­nem stil­len Tri­umph, den ich da­mals noch nicht ver­stand, um: »Mr. Dick hat im­mer recht. Hei­ze das Bad.«

      Ob­gleich ich das größ­te In­ter­es­se an dem Ge­spräch hat­te, konn­te ich mich doch nicht ent­hal­ten, wäh­rend des­sel­ben mei­ne Tan­te, Mr. Dick und Ja­net ge­nau zu be­ob­ach­ten und mich im Zim­mer um­zu­se­hen.

      Mei­ne Tan­te war eine große Dame mit stren­gen Zü­gen, aber durch­aus nicht bös aus­se­hend. Es lag eine Un­beug­sam­keit in ih­rem Ge­sicht, in ih­rer Stim­me, ih­rem An­zug und in ih­rer Hal­tung, dass ich mir den Ein­druck er­klä­ren konn­te, den sie auf ein so sanf­tes Ge­schöpf, wie mei­ne Mut­ter ge­we­sen, ge­macht hat­te. Aber ihre Züge schie­nen eher hübsch als häss­lich, wenn auch hart und streng; be­son­ders fiel mir ihr leb­haf­tes blit­zen­des Auge auf. Ihr Haar, schon ziem­lich er­graut, war un­ter ei­ner un­ter dem Kinn zu­ge­bund­nen Art Nacht­müt­ze in zwei glei­che Tei­le ge­teilt. Ihr Kleid, la­ven­del­far­big und äu­ßerst sau­ber, war knapp ge­schnit­ten, als wünsch­te sie so we­nig wie mög­lich von ihm be­hin­dert zu sein. Es schi­en mir ei­gent­lich ein Reit­kleid zu sein, von dem man die Schlep­pe ab­ge­schnit­ten hat­te. Sie trug an der Sei­te eine gold­ne Her­ren­uhr, nach Form und Grö­ße zu schlie­ßen und der Ket­te und den Sie­geln dar­an, um den Hals einen Lei­nen­strei­fen wie einen Hemd­kra­gen und an den Hand­ge­len­ken Din­ger wie Man­schet­ten.

      Mr. Dick hat­te grau­es Haar und ein blü­hen­des Ge­sicht, wie be­reits er­wähnt. Den Kopf trug er son­der­bar ge­beugt, aber nicht we­gen des Al­ters, und sei­ne großen Au­gen stan­den weit her­vor und hat­ten einen ei­gen­tüm­li­chen wäs­se­ri­gen Glanz, was mich zu­sam­men mit sei­nem zer­streu­ten We­sen, sei­ner Un­ter­wür­fig­keit ge­gen mei­ne Tan­te und sei­ner kin­di­schen Freu­de, wenn sie ihn lob­te, auf den Ge­dan­ken brach­te, er müs­se ein we­nig ver­rückt sein, ob­gleich ich mir dann nicht er­klä­ren konn­te, wie er hier­her kam. Er war wie ein schlich­ter Gent­le­man mit wei­tem grau­em Mor­gen­rock, Wes­te und wei­ßen Ho­sen be­klei­det, trug sei­ne Uhr und sein Geld lose in der Ta­sche und klim­per­te da­mit, als ob er sehr stolz dar­auf wäre.

      Ja­net, ein hüb­sches fri­sches Mäd­chen, etwa neun­zehn oder zwan­zig Jah­re alt, schi­en ein wah­res Mus­ter von Net­tig­keit zu sein. Spä­ter er­fuhr ich, dass sie eine aus der Rei­he der weib­li­chen Schütz­lin­ge war, die mei­ne Tan­te nach und nach mit der Ab­sicht in Dienst ge­nom­men, Män­ner­fein­din­nen aus ih­nen zu ma­chen, die aber am Schluss ge­wöhn­lich Bä­cker ge­hei­ra­tet hat­ten.

      Das Zim­mer sah eben­so sau­ber aus wie Ja­net und mei­ne Tan­te. Wenn ich nur einen Au­gen­blick dar­an den­ke, rie­che ich wie­der die See­luft, ver­mischt mit dem Duf­te der Blu­men, sehe die alt­mo­di­schen und glän­zend po­lier­ten Mö­bel mei­ner Tan­te, ih­ren ge­weih­ten Tisch und Stuhl, den großen run­den Schirm im Bo­gen­fens­ter ste­hen, den mit Läu­fern be­deck­ten Tep­pich, die Kat­ze, den Kes­sel­stän­der, die zwei Ka­na­ri­en­vö­gel, die Punsch­bow­le, ge­füllt mit trock­nen Ro­sen­blät­tern, den ho­hen Schrank mit sei­nen Fla­schen und Töp­fen und wun­der­voll ge­gen al­les ab­ste­chend mein stau­bi­ges Ich auf dem Sofa.

      Ja­net war fort­ge­gan­gen, um das Bad zu hei­zen, als zu mei­nem größ­ten Schre­cken mei­ne Tan­te plötz­lich ganz starr vor Ent­rüs­tung wur­de und nach Luft schnap­pend auf­schrie:

      »Ja­net! Esel!«

      So­fort kam Ja­net die Trep­pe her­auf­ge­sprun­gen, als ob das Haus in Flam­men stün­de, stürz­te auf einen klei­nen Ra­sen­fleck vor dem Haus hin­aus und ver­scheuch­te zwei von Da­men ge­rit­te­ne Esel, die ge­wagt hat­ten, ihre Hufe auf den Ra­sen zu set­zen, wäh­rend mei­ne Tan­te ihr auf dem Fuß folg­te, den Zaum ei­nes drit­ten Esels, auf dem ein Kind saß, er­griff, das Tier um­dreh­te, es zur Sei­te zog und dem un­glück­li­chen Jun­gen, der den Esel ge­führt und die hei­li­ge Stel­le zu ent­wei­hen sich un­ter­stan­den hat­te, eins hin­ter die Ohren gab. Bis heu­te weiß ich nicht, ob mei­ne Tan­te ein Recht auf die­sen Ra­sen­fle­cken be­saß, aber je­den­falls hat­te sie es sich in den Kopf ge­setzt, und das ge­nüg­te ihr. Es war in ih­ren Au­gen eine große Un­tat, die nach be­stän­di­ger Ahn­dung ver­lang­te, wenn ein Esel die­sen jung­fräu­li­chen Fleck be­trat. Moch­te sie in wel­cher Be­schäf­ti­gung im­mer be­grif­fen und die Un­ter­hal­tung noch so in­ter­essant sein, der An­blick ei­nes Esels gab dem Gang ih­rer Ge­dan­ken so­fort eine an­de­re Rich­tung und un­ver­züg­lich stürz­te sie auf ihn los. Krü­ge voll Was­ser und Töp­fe stan­den an ge­hei­men Plät­zen be­reit, um die Füh­rer der Esel zu be­gie­ßen, Stö­cke lau­er­ten hin­ter den Tü­ren, Aus­fäl­le wur­den zu al­len Stun­den ge­macht und un­un­ter­bro­chen wü­te­te der Krieg. Vi­el­leicht war al­les das eine an­ge­neh­me Un­ter­hal­tung für die Jun­gen, und wahr­schein­lich mach­te es den Klü­gern un­ter den Eseln, die die Sa­che durch­schau­ten, in der ih­nen eig­nen Hart­nä­ckig­keit eine be­son­de­re Freu­de, ge­ra­de des­halb die­sen Weg zu be­tre­ten.

      Drei­mal, ehe das Bad fer­tig war, wur­de Lärm ge­schla­gen und beim letz­ten und ver­zwei­felts­ten ge­riet mei­ne Tan­te in ein Ge­fecht mit ei­nem fünf­zehn­jäh­ri­gen Bur­schen mit sand­gel­bem Haar, den sie mit dem Kopf an die Gar­ten­tür sto­ßen muss­te, ehe er zu be­grei­fen schi­en, worum es sich han­del­te. Die­se Un­ter­bre­chun­gen ka­men mir umso lä­cher­li­cher vor, als sie mir ge­ra­de Fleisch­brü­he ein­flö­ßte, – sie hat­te sich of­fen­bar ein­ge­re­det, ich stün­de dicht vor dem Hun­ger­to­de und dürf­te an­fangs nur in klei­nen Quan­ti­tä­ten Nah­rung zu mir neh­men. In Er­war­tung des Löf­fels hielt ich noch den Mund of­fen, da leg­te sie das Be­steck auf den Tel­ler, rief: »Ja­net! Esel!« und eil­te hin­aus zum Kamp­fe.

      Das Bad war eine wah­re Er­qui­ckung für mich. Das Schla­fen im Frei­en hat­te mir Glie­der­schmer­zen ge­macht, und ich fühl­te mich so matt, dass ich kaum fünf Mi­nu­ten hin­ter­ein­an­der wach blei­ben konn­te. Als ich mich ge­ba­det, zog ich, das heißt, sie zo­gen mir – näm­lich mei­ne Tan­te und Ja­net – ein Hemd und ein Paar Ho­sen Mr. Dicks an und wi­ckel­ten mich in zwei oder drei große Schals. Ich sah wie ein Pa­ket aus und es war mir schreck­lich heiß. Da mich über­dies ein Ge­fühl von Mat­tig­keit

Скачать книгу