Die Pickwickier. Charles Dickens
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"Bespritzt sie mit kaltem Wasser", riet der alte Herr.
"Nein, nein", murmelte die jungfräuliche Tante, "es ist mir schon besser. Bella, Emilie, einen Arzt! Ist er verwundet? – Ist er tot? – Ist er ... Hahaha!" Ein zweiter Lach- und Weinkrampf befiel sie.
"Beruhigen Sie sich", sagte Mr. Tupman, durch diesen Beweis von Teilnahme bis zu Tränen gerührt. "Teuerstes Fräulein, beruhigen Sie sich."
"Es ist seine Stimme!" rief die Tante, und heftige Symptome eines dritten Anfalls stellten sich ein.
"Seien Sie unbesorgt, ich bitte Sie, meine Teuerste", bat Mr. Tupman in einschmeichelndem Ton. "Die Verletzung ist ganz unbedeutend, ich versichere es Ihnen."
"So sind Sie also nicht tot?" schrie die hysterische Dame. "Oh, sagen Sie, daß Sie nicht tot sind."
"Sei nicht närrisch, Rachel", mengte sich Mr. Wardle in etwas rauherem Tone ein, als sich mit der poetischen Natur des Auftrittes vertrug. "Was zum Teufel soll es denn helfen, wenn er sagt, er sei nicht tot."
"Nein, nein, ich bin nicht tot", versicherte Mr. Tupman. "Ich verlange keinen Beistand als den Ihren. Erlauben Sie, daß ich mich auf Ihren Arm stütze. – Ach, Miß Rachel!" fügte er flüsternd hinzu.
Bebend trat die Dame vor und bot ihm den Arm. So gingen sie ins Frühstückszimmer. Mr. Tracy Tupman drückte ihre Hand zärtlich an seine Lippen und sank auf das Sofa.
"Fühlen Sie sich schwach?" fragte Miß Rachel besorgt.
"Nein", antwortete Mr. Tupman. "Es ist nichts. Es wird mir im Augenblick wieder wohler sein." – Er schloß die Augen.
"Er schläft", flüsterte Miß Wardle, denn seine Sehwerkzeuge blieben nahezu zwanzig Sekunden geschlossen. "Geliebter – geliebter – Mr. Tupman!"
Mr. Tupman sprang auf. "Oh, sagen Sie diese Worte noch einmal!" rief er aus.
Die Dame war äußerst verwirrt. "Sie haben es doch nicht gehört?" fragte sie, vor Scham errötend.
"Ja, ich habe sie gehört", versetzte Mr. Tupman. "Wiederholen Sie. Wenn Sie wünschen, daß ich genesen soll, wiederholen Sie."
"Pst!" flüsterte die Dame. "Mein Bruder."
Mr. Tracy Tupman nahm seine frühere Lage wieder ein, und Mr. Wardle trat mit einem Arzt ins Zimmer.
Der Arm wurde untersucht, die Wunde verbunden und für höchst unbedeutend erklärt. Die Gesellschaft war beruhigt und ging wieder mit fröhlichem Gesicht an die Befriedigung ihres Appetits. Nur Mr. Pickwick war verstimmt und sprach kein Wort. Zweifel und Enttäuschung spiegelten sich in seinen Zügen. Sein Vertrauen auf Mr. Winkle hatte durch die Vorfälle des Morgens einen argen Stoß erlitten.
"Spielen Sie Kricket?" fragte Mr. Wardle den Schützen. Zu jeder andern Zeit würde Mr. Winkle die Frage unbedingt bejaht haben. Aber jetzt fühlte er das Prekäre seiner Lage und hauchte ein bescheidenes: "Nein."
"Und Sie?" fragte Mr. Snodgraß.
"Jetzt nicht mehr", antwortete der alte Herr, "ich habe es aufgegeben; ich gehöre zwar noch dem hiesigen Klub an, spiele aber selbst nicht mehr."
"Heute findet, glaube ich, ein großes Match statt?" fragte Mr. Pickwick.
"Ja", erwiderte der alte Herr. "Sie werden doch zusehen kommen?"
"Ich wohne sehr gern jederlei Sport bei", versetzte Mr. Pickwick, "wenn man dabei seines Lebens sicher ist und nicht Gefahr läuft, durch die ungeschickte Hand unerfahrener Leute Schaden zu nehmen." Er schwieg und sah starr auf Mr. Winkle, der unter seinen Flammenblicken beinahe in die Erde sank. Nach einigen Minuten wandte der große Mann seine Augen weg und fügte hinzu: "Können wir mit gutem Gewissen den Verwundeten der Pflege der Damen überlassen?"
"Sie können mich in keinen besseren Händen wissen", sagte Mr. Tupman.
"Unmöglich", bestätigte Mr. Snodgraß.
So wurde denn beschlossen, Mr. Tupman solle unter der Pflege der Damen zu Hause bleiben und die übrige Gesellschaft mit Mr. Wardle an der Spitze dem Match beiwohnen, das Muggleton aus seinem Schlummer geweckt und Dingley Dell in ein heftiges Fieber versetzt hatte.
Da ihr Weg, der mehr als zwei englische Meilen betrug, ;durch schattige Heckengänge und schmale Fußpfade führte und sich ihre Unterhaltung immerwährend um die reizende Landschaft drehte, die sie rings umgab, war Mr. Pickwick beinahe geneigt, den Ausflug zu bereuen, als er sich plötzlich mitten in der Hauptstraße der Stadt Muggleton befand.
Neugierig und wissensdurstig blickte er um sich. Er sah einen viereckigen Marktplatz und in dessen Mittelpunkt einen großen Gasthof mit einem Schild, das ein in der Kunst sehr gewöhnliches, in der Natur aber höchst seltenes Geschöpf darstellte: einen blauen Löwen, der drei Beine in die Lüfte streckte und auf der Spitze der mittleren Klaue des vierten balancierte. In der Nähe wohnten ein Auktionator, ein Agent der Feuerversicherungsgesellschaft, ein Kornhändler, ein Leinweber, ein Sattler, ein Branntweinbrenner, ein Spezereikrämer und ein Schuhmacher, in dessen Laden außer den Erzeugnissen für Fußbekleidung auch noch Hüte, Mützen, Anzüge, baumwollne Regenschirme und Artikel für Allgemeinwissen zu haben waren. Einige Jungen eilten dem Schauplatze des Wettspiels zu, und zwei oder drei Krämer standen in ihren Ladentüren und sahen aus, als hätten sie ebenfalls Lust, der Festlichkeit beizuwohnen, was sie auch ohne große Beeinträchtigung ihres Berufs getrost hätten wagen dürfen. Nachdem Mr. Pickwick diese Beobachtungen angestellt hatte, um sie später in sein Gedenkbuch einzutragen, eilte er schnellen Schrittes seinen Freunden nach, die die Hauptstraße verlassen hatten und bereits den Kampfplatz in der Ferne vor sich sahen.
Die Wickets waren bereits ausgesteckt, und ein paar Rast- und Erfrischungszelte für die Teams und die Zuschauer aufgeschlagen. Noch hatte das Spiel nicht begonnen. Zwei oder drei Dingley-Deller und einige Muggletoner belustigten sich damit, den Ball mit blasierter Miene von Hand zu Hand zu schlagen; einige andere Gentlemen in demselben Dreß, mit Strohhüten, Flanelljacken und weißen Hosen, ein Anzug, in dem sie wie Amateursteinmetze aussahen, standen um die Zelte herum, und Mr. Wardle führte seine Gesellschaft eben in eins derselben.
Einige Dutzend "Äh, Befinden?" schallten dem alten Herrn entgegen, und ein allgemeines Hutlüften und Verbeugen der Flanelljacken folgten der Vorstellung seiner Gäste, dreier Herren aus London, die außerordentlich begierig wären, dem Ereignis des Tages beizuwohnen.
"Wollen Sie nicht lieber ins Hauptzelt treten, Sir?" fragte ein sehr stattlich aussehender Gentleman, dessen untere Hälfte einem halbierten gigantischen Flanellballen glich, aus dem ein Paar aufgeblasene Kissenüberzüge als Beine herausragten.
"Sie sehen es hier am besten", riet ein andrer stattlicher
Gentleman, der genau der zweiten Hälfte des erwähnten Flanellballens entsprach.
"Sie sind sehr gütig", versetzte Mr. Pickwick.
"Hierher!" sagte der erstgenannte Gentleman. "Hier wird gekerbt – es ist der beste Punkt auf dem ganzen Felde", und schritt der Gesellschaft voran in das bezeichnete Zelt.
"Kapitalspiel – famoser Sport – feines Match", waren die Worte, die an Mr. Pickwicks Ohren schlugen, als er in das Zelt trat, und das erste, was er sah, war sein grüngekleideter Freund aus der Postkutsche