Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Читать онлайн книгу Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher страница 21
Er trank einen Schluck und wandte sich der jungen Frau wieder zu.
»Wie kommt’s eigentlich, daß du mit jemandem verbandelt bist, der aus dieser Gegend stammt?« wollte er wissen.
»Ach, das ist schnell erzählt«, antwortete sie. »Weißt’, ich hab’ den Frank auf einem Seminar kennengelernt und mich, was soll ich sagen, Knall auf Fall in ihn verliebt. Franks Eltern haben eine Firma für Computerprogramme, die auch Anwender in großen Unternehmen berät und schult. Ich wurde seinerzeit von meinem Chef zu diesem Seminar geschickt, das Frank leitete.«
Marion machte eine Pause und schmunzelte.
»Ich hab’ mich sofort in seine Augen und sein Lächeln verliebt«, gestand sie. »Und dann hab’ ich mich extra dumm angestellt, damit er mir Nachhilfe geben mußte. Tja, und dabei ist’s dann gescheh’n.«
Stephan schmunzelte.
»Tolle Geschichten«, meinte er. »Bei mir und Angela war’s anders. Im ersten Augenblick war sie mir sogar total unsympathisch. Das änderte sich erst, als wir uns dann näher kennenlernten. Inzwischen weiß ich, daß ich nach genau dieser Frau mein Leben lang gesucht hab’.
Ich weiß auch, daß ich meiner Mutter keinen größeren Gefallen tun kann, als Angela zu heiraten. Sie will endlich ein bissel kürzertreten in der Firma, zögert aber bisher, wegen…«
Der junge Mann zuckte die Schultern.
»Ich geb’s zu, wegen meines Lebenswandels«, fuhr er fort. »Mutter war nie so recht glücklich über die Frauen, die ich ihr bisher vorgestellt hab’. Wahrscheinlich ist sie deshalb auf diese verrückte Idee gekommen.«
Marion hatte ihm zugehört, jetzt lächelte sie.
»Irgendwie kann ich sie sogar versteh’n«, sagte sie. »Ein paar von den Damen, denen du die Köpfe verdreht hast, kenn’ ich schließlich auch. Kathrin, Isabell, Anja, Cornelia, Tesja…«
Stephan Richter riß die Hände hoch.
»Hör auf«, bat er. »Ich geb’ ja zu, daß ich ein Hallodri bin. Aber das ist jetzt vorbei. Angela wird meine Frau, und ich werde ein braver Ehemann und treusorgender Familienvater – so Gott will.«
»Na, dann kann ich dir ja nur noch viel Glück wünschen«, sagte Marion Brockmann. »Und hoffen, daß Angela dir den Scherz von vorhin net übel nimmt.«
Sie deutete in Richtung des Seeufers.
»Überhaupt – ich denk’, du hast sie jetzt lang’ genug schmoren lassen. So langsam solltest du zu ihr geh’n und die Sache richtigstellen.«
Stephan nickte.
»Na klar, du hast recht.«
Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen dicken Abschiedskuß auf die Wange.
»Also, laß es dir gutgeh’n.«
»Du auch«, antwortete sie. »Und denk’ an mich, wenn du die Liste der Hochzeitsgäste schreibst.«
»Ganz bestimmt«, lachte er und legte einen Geldschein auf den Tisch. »Du bist natürlich eingeladen. Jetzt und zur Hochzeit auch.«
Der Juniorchef der Richterbrauerei winkte ihr zu und verließ das Straßencafé.
Schade, dachte er, während er über die Uferpromenade zur Liegewiese ging, daß es hier kein Blumengeschäft gibt. Mit einem Rosenstrauß wäre es leichter gewesen, Angela gegenüberzutreten.
Es war Stephan Richter schon klar, daß er sich entschuldigen mußte. Aber er mußte sich auch eingestehen, daß er seine kleine Rache ausgekostet hatte.
Er erreichte die Liegewiese. Inzwischen war es hier noch voller gewesen. Als sein Blick zu den abgestellten Autos hinüberglitt, stellte er fest, daß es kaum noch einen freien Platz gab.
Und dann hatte er Mühe, die Stelle zu finden, an der er und Angela ihre Decke ausgebreitet hatte. Mehrmals drehte sich Stephan im Kreis und runzelte die Stirn.
»Das gibt’s doch net«, entfuhr es ihm.
Er war ganz sicher, an dem Platz zu stehen. Wenn er sich umdrehte und zur Promenade schaute, dann hatte er den gleichen Blickwinkel wie vorhin, als er vorschlug, eines der Lokale aufzusuchen.
Er wandte sich wieder um und starrte auf die Stelle, an der seiner Meinung nach die Decke und Angela liegen mußten. Doch dort hatte sich eine Familie mit zwei Kindern ausgebreitet und von Angela war nichts zu sehen.
Plötzlich überkam Stephan ein schlimmer Verdacht.
Hatte er vorhin übertrieben? Und hatte Angela das, was sie sah, sich so zu Herzen genommen, daß sie die Sachen eingepackt hatte und abgefahren war – ohne ihn?
»Sie schau’n gerad’ so aus, als suchten Sie etwas«, sprach ihn in diesem Moment jemand an.
Es war der Familienvater.
»Tja, ich weiß auch net«, sagte er und hob hilflos die Arme. »Eigentlich dachte ich, dies wär’ der Platz, an dem meine Begleiterin und ich gelegen hatten.«
Er beschrieb die Kleidung, die Angela getragen hatte.
»Ja, genau die ist gerade gegangen, als wir herkamen«, mischte sich die Frau in das Gespräch. »Sie hatte einen Korb dabei.«
Stephan rieb sich das Kinn.
Dann war sie also tatsächlich gefahren!
»Gehört Ihnen das hier vielleicht?« fragte ihn der Mann und hielt ein Jackett in die Höhe.
Stephan erkannte, daß es wirklich seines war, und nickte.
»Ja, dank’ schön«, antwortete er und nahm es entgegen.
Gott sei Dank hatte er Hemd und Hose schon angezogen. Er schlüpfte in die Jacke und knöpfte sein Hemd zu.
Wenn er Glück hatte, dann traf er Marion noch im Café an und konnte sie bitten, ihn nach St. Johann zu fahren.
Aber dann, so ahnte er, begannen seine Probleme erst…
*
Traurig und enttäuscht traf Angela in St. Johann ein. Unterwegs hatte sie einige Male anhalten müssen, weil sie nicht mehr in der Lage gewesen war weiterzufahren. Immer wieder mußte sie an die Szene in dem Café denken, als Stephan seinen Arm um die Frau gelegt und sie geküßt hatte. Und dann schossen ihr Tränen in die Augen. Sie fühlte sich gedemütigt und fragte sich zum wiederholten Male, wie es nur geschehen konnte, daß sie auf Stephan Richter hereingefallen war.
Als sie dann in ihrem Zimmer saß, überlegte sie, wie es weitergehen sollte.
Abreisen?
Das kam wohl nicht in Frage. Immerhin war sie mit den Eltern hier. Aber sie konnte ihnen auch nicht erklären, was geschehen war. Möglicherweise zerbrach dann die Freundschaft zwischen ihnen und Margot Richter, und Angela wußte, wie sehr den Eltern daran gelegen war.