e-tot. Uwe Post
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Aus unsichtbaren Lautsprechern ertönt gerade You Only Live Twice, gesungen von Nancy Sinatra. Randy verkneift sich ein Grinsen, als Bond zu ihm an die Bar tritt. »Haben Sie geschlossen?«
»Nein, ich suche mir meine Gäste sehr genau aus.«
»Ungewöhnliches Geschäftsmodell für eine Bar«, quittiert Bond. »Lukrativ?«
»Ich würde eher sagen: gemütlich.«
»Also langweilig.«
»Ich bin immer für eine Überraschung gut.«
Bond zeigt zur Decke. »Der Song kommt mir bekannt vor.«
»Behalten Sie die Tür im Auge«, sagt Randy.
Der nächste Gast ist ein schlaksiger Bobby im Minirock, der gerade einen Monty-Python-Sketch hinter sich gebracht hat und jetzt auf der Suche nach seiner Straßenkleidung ist. »Schauen Sie woandershin«, sagt er, als er Bonds Augen-wie-Eis-Blick spürt. »Da hinten, ist das nicht ein apartes Regal mit Biergläsern? Und liegt da nicht sogar ein Fußball? Ein Tango, von der WM ’78, würde ich meinen.«
Während der englische Polizist sich an einen Tisch in der Ecke setzt und anscheinend darauf wartet, dass ihm jemand eine Hose bringt, öffnet sich die Eingangstür erneut. Diesmal tritt eine ältere Päpstin ein, die eine Waffel mit einem riesigen Erdbeereis dabei hat. Das hat schon mehrere rosa Flecken auf ihrem weißen Kleid hinterlassen. Wortlos schiebt sich die Klerikerin an einem Tisch mit einem Jugendlichen vorbei, der auf sein Smartphone starrt, bevor sie an einem freien Tisch Platz nimmt und in aller Ruhe ihr Eis schleckt.
Bond zeigt auf den Jungen. »Wann ist der denn reingekommen?«
»Er saß schon die ganze Zeit da«, behauptet Randy. »Ist Ihrer Aufmerksamkeit vielleicht entgangen, Mister Bond.«
»Sie nehmen es mit der Wahrheit nicht sehr genau, oder?«
»Die Frage ist doch eher: Wer ist hier der Superschurke?« Randy hat von irgendwoher ein schlankes Glas geholt und stellt es vor Bond auf den Tresen. »Bitte, Ihr Martini.«
»Woher …?«
Randy stöhnt. »Schon wieder die falsche Frage. Aber was soll man von einer fiktiven Figur auch anderes erwarten?« Er kommt hinter dem Tresen hervor und tritt nacheinander zu den anderen Gästen. »Die Päpstin hat die ganze Zeit Angst, dass jemand ihr Geschlecht herausfindet. Der Polizist fragt sich, ob der Sketch schon zu Ende ist, und der Junge hier …« Randy dreht den Stuhl samt Person ein wenig und ergänzt: »Der ist aus dünner Pappe. Sehen Sie?«
In der Tat ist der junge Mann zweidimensional. Eine Attrappe, die nur aus dem richtigen Winkel betrachtet lebensecht wirkt.
»Er sah ziemlich echt aus«, meint Bond. »Aber keiner von denen strebt nach der Weltherrschaft. Also müssen Sie der Superschurke sein.« Er zieht seine Walther P99 und richtet sie auf Randy. »Getarnt als Barkeeper. Das ist … nicht sonderlich kreativ.«
»Warten Sie noch mit dem Schießen«, sagt Randy. »Ich muss Ihnen noch meinen Plan erklären.«
Bond runzelt die Stirn. »Von mir aus. Es wird schon niemand dazwischenfunken.«
»Natürlich nicht«, sagt Randy und zeigt auf die Stelle, an der sich gerade noch die Eingangstür befand. »Außerdem kann niemand weglaufen.«
»Eine höchst interessante Bar«, kommentiert Bond. »Ich bin sicher, es gibt einen anderen Ausgang.«
»Dies ist eine muffige Kellerkaschemme ohne Fenster.« Randy seufzt. »Da können Sie lange suchen. Es gibt nur eine Möglichkeit, meine Bar zu verlassen.«
»Lassen Sie mich raten«, sagt Bond.
»Konzentrieren Sie sich!«, ruft Randy. »Ich wollte Ihnen gerade meinen teuflischen Superschurken-Plan erklären, und Sie wollen ein Quiz spielen?«
»Schießen Sie schon los. Ich bin neugierig wie ein Stück Pappe«, entgegnet Bond mit einem Seitenblick auf den zweidimensionalen Smartphone-Besitzer.
»Es gibt zu viele überflüssige Menschen«, sagt Randy.
»Was Sie nicht sagen. Und weiter?«
»Ich werde die Weltbevölkerung wesentlich dezimieren.« Randy greift sich einen Stuhl und setzt sich verkehrt herum darauf. »Es ist einfach besser für die Erde, wenn die Leute nur e-tot als Simulationen leben. Auf diesen Servern können sie weniger Schaden anrichten.«
Bond muss sich offenbar zum Zuhören zwingen. Er versteht kein Wort, das ist Randy klar. »Solchen zwingenden Gründen kann sich selbst die Ethik nicht verschließen.«
»Unsinn«, sagt Bond. »Sie handeln aus reinem Eigennutz, weil Sie in die Geschichte eingehen wollen. Aufbau von Reputation ist eine dominante Strategie im Spiel des Lebens. Das ist verwerflich und falsch. Ethik taugt nur, wenn sie nicht von der Perspektive abhängt. Tod und Leid sind immer schlecht.«
Randy muss unweigerlich grinsen. »Wer hat Ihnen denn das beigebracht?« Er breitet die Arme aus. »Sehen Sie, alle Anwesenden in dieser Bar sind tot. Mit einer Ausnahme.« Sein Zeigefinger deutet in Richtung des Geheimagenten. »Sie. Sie haben nie gelebt, nicht existiert, Sie sind eine Fantasiefigur. Wenn Sie auch nur ein Wort davon verstehen würden, könnte ich Ihnen sehr genau erklären, aus welchen Darknet-Foren ich Ihre Version heruntergeladen habe und wie sie von irgendwelchen Fans und Skriptkiddies erschaffen wurde. Trinken Sie das noch?« Randy deutet auf den unberührten Martini auf dem Tresen. Dann steht er langsam auf und leert das Glas in einem Zug. Als er es absetzt, deutet er auf den Lauf der Waffe, der immer noch auf ihn gerichtet ist. »Wenn Sie mich an der richtigen Stelle durchlöchern, sehen Sie Ihren Drink vielleicht nochmal wieder.«
Bond zögert. »Wer sind Sie wirklich?«
»Ah!« Gut gelaunt lehnt sich Randy an den Tresen. »Jetzt kommen wir der Sache näher. Erdnüsse?«
»Nein, danke.«
Der Barkeeper zieht eine Schale mit Knabberkram zu sich heran. »Eigentlich ist mein Name Heinz. Das hier ist meine Bar, ich habe sie programmiert. Hübsch, nicht?«
»Sie sind also Programmierer. Das ist … erbärmlich.«
Randy alias Heinz verzieht das Gesicht. »Da haben Sie sowas von recht. Aber zum Geheimagenten hat’s bei mir leider nicht gereicht. Ich kann Ihnen aber verraten, dass Programmieren eine sehr nützliche Fähigkeit ist. Vor allem, wenn man selbst aus Code besteht. Gut, es ist nicht ganz einfach, sich an den diversen Sicherheitsmaßnahmen vorbeizuschummeln, aber wem erzähle ich das? Man hat keinen vollen Zugriff. Nicht auf zentrale Funktionen. Man kann sich nicht mehr Lebenszeit verschaffen und auch nicht mehr Intelligenz.«
»Wie bedauerlich«, kommentiert Bond.
»Aber …« Randy hebt den Zeigefinger. »Sehen Sie, ich habe beispielsweise mein Schlafbedürfnis einfach auskommentiert. Deshalb kann ich 24 Stunden am Tag tun, was ich will. Das sind etwa acht Stunden mehr, als der Durchschnittsbürger hat. Ein Drittel! Wenn Sie die Arbeitszeit abziehen, habe ich 16 Stunden Freizeit, verglichen mit acht Stunden von Normalbürgern, also sogar das Doppelte! Von Zeitverschwendung wie Pendeln oder Mehrarbeit ganz zu schweigen. Werden Ihre Überstunden eigentlich bezahlt?«
»Betriebsgeheimnis«,