Der Geist des Llano Estacado. Karl May

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Der Geist des Llano Estacado - Karl May

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zu stoßen.“ Fox knirschte hörbar mit den Zähnen und nahm sein Pferd so scharf in die Zügel, dass es aufbäumte.

      „So habt Ihr die Schmarre auf der Stirn von damals her?“, fragte Frank.

      „Ja“, bestätigte der Jüngling finster. „Doch sprechen wir nicht weiter davon! Es regt mich auf und dann müsst ihr gewärtig sein, ich stürme von euch fort und lasse euch allein nach Helmers’ Home reiten.“

      „Ja, reden wir lieber von dem Besitzer dieser Niederlassung! Was war er denn drüben im alten Land?“

      „Forstbeamter.“

      „Wie – wa – wa – was?“, rief Frank. „Ich auch!“

      Bloody-Fox machte eine Bewegung der Überraschung, betrachtete sich den Sprecher abermals genau und sagte dann: „Ihr auch? Das ist ja ein erfreuliches Zusammentreffen!“

      „Ja. Aber wenn er den schönen Beruf eines Forstmanns gehabt hat, warum hat er ihn dann aufgegeben?“

      „Aus Ärger. Er war Oberförster. Die betreffende Waldung befand sich in Privatbesitz und sein Herr war ein stolzer, rücksichtsloser und jähzorniger Mann. Beide sind an- und auseinander geraten und Helmers hat ein schlechtes Zeugnis erhalten, sodass er keine Anstellung mehr fand. Da ist er denn so weit wie möglich fortgegangen. Seht Ihr da drüben das Rot- und Schwarzeichengehölz?“

      „Ja“, nickte Frank, indem er in die angegebene Richtung blickte.

      „Dort treffen wir wieder auf den Bach und hinter dem Wald beginnen Helmers’ Felder. Bisher habt Ihr mich ausgefragt. Nun will einmal ich einige Erkundigungen aussprechen. Wird nicht dieser brave Neger Sliding-Bob genannt?“

      Da tat Bob im Sattel einen Sprung, als wollte er sich vom Pferd schnellen. „Ah! Oh!“, rief er. „Warum schimpfen Massa Bloody-Fox gut, brav Masser Bob?“

      „Nicht schimpfen und nicht beleidigen will ich dich“, beschwichtigte der Jüngling. „Ich glaube, ich bin ein Freund von dir.“

      „Warum da nennen Masser Bob so, wie haben Indian ihn genannt, weil Masser Bob damals immer rutschen von Pferd herab? Jetzt aber Masser Bob reiten wie ein Teufel!“ Um zu zeigen, dass er die Wahrheit gesagt habe, gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon, auf das erwähnte Gehölz zu.

      Auch Frank war über die Frage des jungen Mannes erstaunt. „Ihr kennt Bob?“, meinte er. „Das ist doch beinahe unmöglich!“

      „O nein! Ich kenne auch Euch.“

      „Das wäre! Wie heiße ich denn?“

      „Hobble-Frank.“

      „Good luck! Das ist richtig! Aber, Boy, wer hat Euch das erzählt? Ich bin doch all mein Lebtag noch nicht hier in dieser Gegend gewesen.“

      „Oh“, lächelte der Jüngling, „man wird doch einen so berühmten Westmann kennen.“

      Frank blies sich auf, dass ihm der Frack zu eng werden wollte, und sagte: „Ich? Berühmt? Auch das wisst Ihr schon? Wer hat Euch von mir berichtet?“

      „Ein Bekannter von mir, Jakob Pfefferkorn, der gewöhnlich nur der Dicke Jemmy genannt wird.“

      „Behold! Mein guter Freund! Wo habt Ihr ihn gesprochen?“

      „Vor einigen Tagen oben am Washita River. Er erzählte mir, dass ihr euch verabredet habt, euch hier in Helmers’ Home zu treffen.“

      „Das ist richtig. Kommt er denn?“

      „Ja. Ich bin eher aufgebrochen als er und komme geradeswegs von oben herunter. Er wird jedenfalls bald nachfolgen.“

      „Das ist herrlich, das ist prächtig! Also er hat zu Euch von uns gesprochen?“

      „Er hat mir euern Zug zum Yellowstone berichtet. Als Ihr mir vorhin sagtet, dass Ihr auch Forstmann gewesen seid, wusste ich sogleich, wen ich vor mir habe.“

      „So werdet Ihr mir nun glauben, dass ich ein guter Deutscher bin?“

      „Nicht nur das, sondern ein guter, herzensbraver Kerl überhaupt“, lächelte der junge Mann.

      „Also hat der Dicke mich nicht schlecht gemacht?“

      „Ist ihm nicht eingefallen. Wie könnte er auch den braven Frank verleumden!“

      „Ja, wisst Ihr, wir haben uns zuweilen über Dinge gestritten, die zu begreifen eine Gymnasialbildung nicht ganz hinreichend ist. Er hat aber glücklicherweise eingesehen, dass wir einander überlegen sind, und so kann es nun auf der ganzen Welt keine besseren Freunde als uns geben. – Aber da ist Bob und da ist das Gehölz. Wie nun weiter?“

      „Über den Bach hinüber und zwischen den Bäumen hindurch! Das ist die gerade Richtung. Reiter, wie Bob einer ist, brauchen doch keinen gebahnten Weg.“

      „Ja richtig!“, stimmte der Neger stolz bei. „Massa Bloody-Fox haben sehen, dass Masser Bob reiten wie ein Indian. Masser Bob machen mit durch dick und dünn.“

      Sie setzten über das Wasser, ritten durch das Wäldchen, woran kein Unterholz sie hinderte, und kamen dann zwischen eingezäunten Mais-, Hafer- und Kartoffelfeldern hindurch. Hier gab es stellenweise den fruchtbaren schwarzen Sandboden des texanischen Hügellandes, der reiche Ernten liefert. Das Wasser des Baches erhöhte den Wert der Ansiedlung und floss ganz nahe am Wohnhaus vorüber, hinter dem sich die Stallungen und Wirtschaftsgebäude befanden.

      Das Haus war aus Stein gebaut, lang, tief und ohne Oberstock, doch enthielten die Giebelseiten je zwei kleine Dachstuben. Vor der Tür standen vier riesige, weit schattende Eichen, worunter mehrere einfache Tische und Bänke angebracht waren. Man sah sogleich, dass rechts vom Eingang der Wohnraum und links der von Bloody-Fox erwähnte Laden lag.

      An einem der Tische saß ein ältlicher Mann, die Tabakspfeife im Mund, der den drei Ankömmlingen forschend entgegenblickte. Er war von hoher, derber Gestalt und wetterhart im Gesicht, das ein dichter Vollbart umrahmte, ein echter Westmann, dessen Händen es anzumerken war, dass sie viel geschafft und gearbeitet hatten.

      Als er den Führer der beiden Fremden erkannte, stand er auf und rief ihm bereits von weitem entgegen: „Welcome, Bloody-Fox! Lässt du dich endlich wieder einmal sehen? Es gibt Neuigkeiten.“

      „Von woher?“, fragte der Jüngling.

      „Von da drüben.“ Der Mann deutete mit der Hand nach Süden.

      „Was für welche? Gute?“

      „Leider nicht. Es sind wahrscheinlich wieder einmal Geier in den Plains aufgetaucht.“

      Der Llano Estacado wird nämlich von dem Englisch sprechenden Amerikaner Staked Plain genannt. Beide Bezeichnungen haben wörtlich den gleichen Sinn: abgesteckte Ebene.

      Diese Nachricht schien Bloody-Fox förmlich zu elektrisieren. Er schwang sich aus dem Sattel, trat schnell auf den Mann zu und sagte: „Das musst du mir sofort genauer erzählen!“

      „Es ist wenig genug, was ich weiß, und lässt sich bald sagen. Vorher aber wirst

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