Plötzlich Prinzgemahl. Regina Mars
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Читать онлайн книгу Plötzlich Prinzgemahl - Regina Mars страница 7
»Zur Jagd? Das ist eine großartige Idee«, log er und strich über Krokes Schnabel. »Dann könnt ihr alle mein Jagdgeschick bezeugen. Ich will nicht prahlen, aber ich bin bestimmt unter den besten drei Jägern des Landes. Bolun, unser Jagdherr, hat mir erst kürzlich bezeugt, dass ich ein Naturtalent bin.«
Die Menge brach in entzückte Zustimmung aus. Ganz sicher sei er der Beste, behaupteten sie.
Eigentlich hatte der Jagdherr gesagt, dass Solan bestimmt irgendwann zu den besten Jägern des Landes gehören würde, wenn er noch ein paar Jahrzehnte übte. Und das war eine Lüge gewesen. Im Zuge seiner Tarnung stellte Solan sich saudumm an.
Mit einem Mal fühlte er sich beobachtet. Irgendwer …
Ah, da.
Wilde, dunkle Augen starrten ihn an. Für einen Moment sah Solan nichts anderes als ihre Glut. Das pure Leben, das in ihnen tobte.
Dann fiel ihm auf, dass das Gesicht, welches zu diesen Augen gehörte, vollkommen gewöhnlich war. Ein wenig herb sogar, mit dem kantigen Kinn und dem kräftigen Kiefer. Bäuerlich. Selbst die elegant geschwungenen Lippen konnten den Anblick nicht retten.
Die Frau stand nur wenige Schritte von der Meute seiner Verehrerinnen entfernt und starrte ihn an. Anscheinend hatte sie vorbeigehen wollen, und war von seinem Anblick aufgehalten worden. Kein Wunder. Seine Schönheit zu erspähen war, wie direkt in die Sonne zu schauen.
Ganz im Gegensatz zu ihrem Anblick. Je länger er sie betrachtete, desto unmöglicher wurde das Mädchen. Ihre Perücke war gänzlich aus der Mode, hoch aufgetürmt, aber vollkommen ohne die Schlaufen und Schlingen an der Seite, die in diesem Jahr ein absolutes Muss waren. Und ihr Kleid …
»Provinziell«, sagte er und lachte ungläubig.
»Wer?« Tamanoliy wandte sich um. Der Rest der Meute tat es ihr gleich. Das Mädchen mit den wilden Augen zuckte zusammen, als sie plötzlich im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Solans Verehrerinnen brachen in Gekicher aus.
Das Mädchen runzelte die Stirn und sah gleich noch gewöhnlicher aus.
»Was ist?«, fragte sie. Da war ein drohender Unterton in ihrer Stimme. Und wie sie sich hielt! Als wollte sie gleich eine Kneipenschlägerei anfangen.
»Oh, nichts.« Solan ärgerte sich über sich selbst. Wie hatte er sich derart ablenken lassen können? Von den Augen einer so niederrangigen Landpomeranze? Er lächelte milde. »Wir fragten uns nur gerade, von welcher Hühnerfarm Ihr entlaufen seid. Das Kleid habt Ihr vermutlich selbst genäht, nicht wahr?«
Seine Verehrerinnen atmeten schockiert ein, nur, um anschließend wieder in damenhaftes Gekicher zu verfallen. Die Landpomeranze verzog das Gesicht auf äußerst unattraktive Weise. Er rechnete damit, dass sie in Tränen ausbrechen und weglaufen würde. Stattdessen schnaubte sie.
»Wer von uns beiden trägt denn ein Hühnchen spazieren?« Ihr Finger deutete höchst unschicklich auf Kroke den Siebten. »Wenn ich von einer Hühnerfarm komme, dann bist du mein Knecht, Alter.«
Die Meute kreischte schockiert auf. Was … Solan knirschte mit den Zähnen. Was erlaubte sich diese Landpomeranze?
»Was erlaubst du dir, du Landpomeranze?«, knurrte er. »Weißt du nicht, vor wem du stehst?«
»Vor einem Hühnerfarmer und seinen Zuchthennen würd ich mal sagen.« Dieses gewöhnliche Stück warf Solans Verehrerinnen einen skeptischen Blick zu.
»Vor Solan Benajovolan dem Fünften, du Bauernweib!«
Zufrieden sah er sie starr werden. Und sich dann … im Gesicht kratzen? Unglaublich.
»Ups, tut mir leid, Majestät«, sagte das Weib und absolvierte den schlechtesten Knicks, den Solan je gesehen hatte. Machte sie sich über ihn lustig? »Ich bin von den Schären, da kommt man nicht so oft an den Hof. Na, ich geh dann mal …«
Plötzlich war ein anderes Mädchen an ihrer Seite. Genauso geschmacklos gekleidet, aber weit hübscher. Und ihre Miene zeigte die angemessene Panik.
»Bitte entschuldigt meine Schwester, Eure Majestät«, flüsterte sie und knickste, halbwegs ordentlich. »Sie ist zum ersten Mal bei Hofe und hat zum ersten Mal Wein probiert.«
»Hab ich nicht … au«. Die Landpomeranze rieb sich den Arm, in den ihre Schwester sie gekniffen hatte. Mürrisch sah sie Solan an. »Ja, wie gesagt, tut mir leid. Tschüss, äh, auf Wiedersehen.«
Ihre Schwester zerrte sie praktisch von Solan weg, tausend Entschuldigungen murmelnd. Solan kniff die Augen zusammen. Sehr seltsam, wie die beiden sich verhielten.
»Wer waren diese Gestalten?«, fragte er die Spitznase und versuchte möglichst schockiert auszusehen. Die blickte ihn entschuldigend an.
»Das weiß ich leider nicht …«
»Ich weiß es.« Tamanoliy seufzte und wedelte sich mit ihrem Seidenfächer Luft zu. »Sie sind direkt nach mir angekommen. Landadel, von dem man noch nie gehört hat. Die Hässliche ist Doraliy von Dübelknecht und die etwas weniger Hässliche ihre Schwester Coraliy.«
Doraliy von Dübelknecht also. Doraliy mit den wilden Augen. Gut. Nein, nicht gut. Irgendetwas stimmte mit den beiden nicht. Selbst der Landadel hatte bessere Manieren, oder? Obwohl, was wusste er vom Landadel? Er war der Kronprinz, zur Hölle!
Er hätte ihnen nachgeforscht, wenn er in diesem Moment nicht etwas sehr Verdächtiges erblickt hätte.
An einer der geschnitzten Säulen lehnte Erzbischof Jaroslavmir der Vierte, genannt »der Jammerlappen« und jammerte. Das war soweit normal. Aber seit wann stand der alte Hypochonder von seinem Krankenbett auf, um am Frühlingsball teilzunehmen? Der hatte sich doch seit zehn Jahren nur von seinem eingebildeten Krankenlager erhoben, um … den Kaiser zu vermählen. Mit Abathiy, mit ihren Vorgängerinnen …
Ein eiskalter Hauch kroch über Solans Nacken. Kälter als er hätte sein dürfen, in dieser stickigen Schwitzhütte von einem Ballsaal. Ein böser Verdacht keimte in ihm auf.
»Bitte entschuldigt mich, meine Damen.« Er warf ein strahlendes Lächeln in die Runde und erntete verzückte Seufzer. »Ein alter Freund will mich begrüßen.«
Von wegen.
Der Jammerlappen war vollkommen damit beschäftigt, Baron Wesan von Günzelsburg und seiner Frau Martiy die Tücken des Alters zu erläutern, vor allem die der eitrigen Gicht. Er bemerkte Solan erst, als der bereits neben ihm stand.
»Exzellenz.« Dass die rotgeäderten Augen des Alten sich weiteten, als er ihn erblickte, war kein gutes Zeichen. Die Unruhe in Solans Brust verstärkte sich. »Düfte ich wohl eine Minute Eurer Zeit in Anspruch nehmen?«
»Aber natürlich dürft Ihr das, kaiserliche Hoheit.« Jaroslavmir lächelte. Ein weiteres Indiz dafür, dass etwas nicht stimmte. »Ich erzählte Baron von Günzelsburg gerade von dem seltsamen Stechen, das meinen Fuß nun schon seit Tagen plagt. Und es scheint sich immer weiter auszubreiten.«
»Wie unangenehm.« Solan heuchelte Mitleid, so gut er konnte.
Das Ehepaar entschuldigte sich, froh, dem Erzbischof entkommen zu sein. Solan reichte dem Kerl seinen Arm und mit Hilfe des goldverzierten Spazierstocks schaffte er es, ihn