Fear Street 59 - Der Angeber. R.L. Stine
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„Du weißt wirklich, wie man Mädchen imponiert“, zog Taylor ihn wieder auf.
Hillary trommelte nervös mit ihren langen roten Fingernägeln auf den Tisch. In ihren Brillengläsern spiegelte sich das Sonnenlicht, das durchs Fenster fiel, aber ich konnte trotzdem erkennen, dass sie Al keine Sekunde aus den Augen ließ.
Ich glaube, dass Al ihr inzwischen ein bisschen Angst machte. Aber da war sie in guter Gesellschaft. Mir ging es genauso.
Er klemmte sich die Bierdose zwischen Ober- und Unterarm, beugte den Arm und zerdrückte sie lässig. „Hab ja auch lange daran gearbeitet“, sagte er.
„Walnüsse mit den Zähnen zu knacken ist für dich sicher auch ein Kinderspiel“, murmelte Hillary ironisch.
Al ging nicht auf sie ein, sondern warf die Dose quer durch die Küche in die Spüle. Sie landete mit einem lauten Scheppern und hinterließ eine Spur aus Biertropfen auf dem weißen Küchenboden.
„He, pass doch ein bisschen auf!“, rief ich. „Was willst du eigentlich von uns, Al? Was hast du hier überhaupt verloren?“
Er sah mich mit seinen blauen Augen an. „Du warst mir von allen schon immer die Liebste, Julie. Du bist die Allerbeste.“ Er zeigte auf Hillary und Taylor. „Die taugen nichts. Aber du bist einsame Klasse.“
Ich verdrehte die Augen. „Also, was willst du, Al?“, wiederholte ich ungeduldig.
„Zwanzig Dollar“, sagte er und hielt mir seine große Pranke hin. Seine Hand war voller schwarzer Ölflecken, und unter seinen Fingernägeln saß dick der Dreck. Vermutlich hatte er an seinem Wagen herumgewerkelt. „Das ist auch schon alles. Nur lächerliche zwanzig Mäuse.“
„Was soll das? Du hast doch selber Geld wie Heu“, erwiderte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Julie, die Geschäfte laufen momentan nicht so besonders“, sagte Al. Er nahm seine dreckige Pfote nicht weg, sondern fuchtelte mir damit weiter vor dem Gesicht herum. „Stell dich nicht so an! Schlappe zwanzig Kröten. Wenn ich sie nicht wirklich dringend bräuchte, würde ich dich ja nicht drum bitten.“
Er widerte mich an. „Al, ich bin völlig blank“, erklärte ich. „Außerdem schuldest du mir sowieso schon zwanzig Dollar.“
„Hau endlich ab, Al“, mischte Hillary sich ein. „Warum suchst du dir nicht irgendeinen Job?“
„Wer würde den denn schon nehmen?“, meinte Taylor gehässig.
Ich war ein bisschen überrascht, dass Taylor sich einmischte. Schließlich war sie erst vor wenigen Monaten, so um Weihnachten herum, nach Shadyside gezogen und gehörte noch nicht lange zu unserer Clique. Sie kannte Al nun wirklich noch nicht gut genug, um so einen bissigen Kommentar abzugeben.
Wahrscheinlich wollte sie mir einfach nur helfen.
Al zog eine Zigarette aus der Tasche seines schwarzen Flanellhemds. Er zündete sie an und warf das Streichholz einfach auf den Boden.
„He, lass das!“, rief ich und schob ihn zur Tür. „Du weißt genau, dass meine Eltern nicht wollen, dass hier geraucht wird!“
Grinsend wich er mir aus. Er zog kräftig an seiner Zigarette und blies mir den Rauch ins Gesicht.
„Lass sie in Ruhe, Al“, sagte Hillary bestimmt. Sie stand auf und schob ihren Stuhl zur Seite. Gemeinsam rückten wir ihm auf die Pelle.
„Hey, nicht, lasst das!“ Er hob beide Hände, um uns abzuwehren.
„Raus mit dir!“, rief ich. „Wenn meine Mutter nach Hause kommt und Zigarettenqualm riecht …“
Er schnippte die Asche auf den Küchentisch. Mit zusammengekniffenen Augen sah er mich spöttisch lachend an. „Julie, deine Eltern haben dir doch das Rauchen verboten. Aber ich kenne da ganz zufällig ein kleines Geheimnis. Du rauchst trotz des Verbotes, nicht wahr?“
„Halt die Klappe!“, fuhr ich ihn an.
Sein Lachen wurde zu einem gemeinen Grinsen. „Ich hab dich nämlich letztes Wochenende in der Einkaufspassage dabei ertappt. Paff-paff-paff.“ Wieder blies er mir den Zigarettenrauch ins Gesicht. „Julie ist wirklich eine ganz Schlimme. Vielleicht sollte ich es deiner Mutter verraten …“
„Nein!“, schrie ich aus voller Kehle.
Meine Mutter hat Hillary und mich nämlich im letzten Schuljahr in meinem Zimmer beim Rauchen erwischt – und sie hat getobt! Wenn es ums Rauchen geht, ist sie immer gleich auf hundertachtzig. Sie hat mir nach dem Examen eine Belohnung von tausend Dollar versprochen, wenn ich es schaffen würde, keine einzige Zigarette mehr anzurühren.
Ich möchte mir lieber nicht vorstellen, was meine Eltern sich einfallen lassen würden, wenn sie dahinter kämen, dass ich ab und zu eine Zigarette rauche, wenn ich mit meiner Clique unterwegs bin. Meine Mutter würde garantiert restlos ausflippen. Es würde jedenfalls unangenehm werden, verdammt unangenehm sogar.
Und es war klar wie Kloßbrühe, dass Al mir nicht zum Spaß gedroht hatte. Er würde mich verpetzen, es sei denn, ich stellte mich weiter gut mit ihm.
Aus diesem Grund hatte ich auch neulich die zwanzig Dollar für ihn herausgerückt.
„Al, ich bin völlig pleite. Ehrlich“, sagte ich wieder.
„Ja. Schon gut.“ Wieder schnippte er Asche vor Taylor auf den Tisch.
„Wofür brauchst du denn so dringend zwanzig Dollar?“, fragte Hillary.
„Damit ich mit Taylor ausgehen kann“, antwortete er.
„Haha. Dass ich nicht lache!“, murmelte Taylor und streckte Al die Zunge heraus.
„So gefällst du mir am allerbesten!“, sagte er zu ihr.
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Werd doch endlich mal erwachsen!“
Al drehte sich wieder zu mir um. Der Ausdruck auf seinem Gesicht gefiel mir nicht. So hart und eiskalt hatte ich ihn früher nie erlebt.
„Wie wär’s denn, wenn ich ein kleines Loch ins Tischtuch brenne, Julie? Meinst du, du könntest die zwanzig Kröten dann auftreiben?“
„Al, bitte …“, bettelte ich.
Aber er drehte die Zigarette zwischen seinen Fingern und hielt sie immer näher an den Küchentisch.
„Al! Hör auf!“, rief ich und war mit einem Satz bei ihm. Aber er wirbelte herum und stellte sich mir mit seinem breiten Rücken in den Weg.
Er hielt das glühende Ende der Zigarette ganz dicht an die Plastiktischdecke. „Komm schon, Julie. Irgendwo wirst du doch bestimmt noch zwanzig Dollar ausgraben. Du willst doch nicht, dass deine Mutter ein großes Brandloch in der Tischdecke entdeckt, oder?“
„Hör auf damit! Lass das!“
Gemeinsam zogen Hillary und ich ihn vom Tisch weg. Die Zigarette fiel auf den Fußboden. Al schien sich bestens zu amüsieren – sein widerliches lautes Lachen