Buchführung und Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht. Jörg Graetz
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Die beiden erstgenannten Geschäftsvorfälle sind erfolgsneutral. Es verändern sich lediglich Bestandskonten und die Höhe des Reinvermögens bleibt unverändert.
Die beiden letztgenannten Geschäftsvorfälle sind erfolgswirksam. Veräußerungen von Vermögensposten führen stets zu positiven und negativen Erfolgsbeiträgen, müssen also zwingend über Konten der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden. Dem Ertrag in Form des erzielten Erlöses steht der Aufwand aus dem Abgang des veräußerten Gegenstandes gegenüber. Unzutreffend wäre also die Geschäftsvorfälle drei und vier zusammenzufassen (Zunahme Kasse und Minderung Ware).
Unter Berücksichtigung des Aufbaus der betroffenen Konten für Posten des Vermögens (V), der Schulden (S), des Eigenkapitals (EK), der Erträge (E) und der Aufwendungen (A) sind die relevanten Kontenseiten Soll oder Haben gem. Abbildung 2.11 abzuleiten.
GeschäftsvorfallPostenV, S EK A, E+ - Soll HabenBuchungs satz
Abb. 2.11: Buchungssätze
Der Buchungssatz drückt die Erfassung des Geschäftsvorfalls durch eine Buchung nach folgender Festlegung aus: Das Konto, welches sich im Soll verändert, wird als erstes genannt und anschließend das Konto mit der Veränderung im Haben; verbunden wird beides durch die Verwendung des Wortes »an«. Die Einleitung des Buchungssatzes mit »Per« ist möglich, aber nicht zwingend:
Den Ablauf zur Herleitung des Buchungssatzes verdeutlicht folgendes Schema (
Abb. 2.12: Herleitung Buchungssatz
Das vorgestellte System der Buchführung wird als »doppelte Buchführung« bezeichnet. Die Erfassung aller Geschäftsvorfälle erfolgt innerhalb eines geschlossenen Kontensystems in doppelter Weise: Einerseits erfolgt die Erfassung der Buchungssätze in chronologischer Reihenfolge, dem sogenannten »Grundbuch« (Liste aller Buchungssätze). Zudem werden die Veränderungen auf den betroffenen Konten erfasst, also in einer sachlichen Ordnung. Das sogenannte »Hauptbuch« ermöglicht es, zu jedem beliebigen Zeitpunkt den Stand eines jeden Kontos in übersichtlicher Form anzuzeigen. Die Abbildungen 2.16 und 2.17 im folgenden Kapitel verdeutlichen das für die vier Geschäftsvorfälle. Zudem verdeutlicht die bereits dargestellte Buchungstechnik, dass stets mindestens zwei Konten berührt sind. Eine einseitige Eintragung auf einem Konto ohne entsprechende Gegenbuchung ist nicht möglich. Zudem ist die Ermittlung des Periodenerfolgs auf zwei Wegen möglich. Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt den Periodenerfolg unmittelbar durch Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen einer Periode an. In der Bilanz wird der Gewinn ebenfalls erkennbar als Veränderung des Reinvermögens gegenüber der Vorperiode.
2.2.2.3 Organisation der Buchführung
Dem Grundsatz der Übersichtlichkeit der Buchführung folgend wird in der Praxis die Vereinheitlichung der Ordnung der Konten angestrebt. Zu diesem Zweck werden Kontenrahmen festgelegt, die einem festgelegten Prinzip folgend die Konten ordnen. Dabei unterscheidet sich die eingesetzte Ordnung deutlich nach der Branche der betreffenden Unternehmen (Einzelhandel, Großhandel, Banken, Versicherungen, Industrie). Kontenrahmen werden von Wirtschaftsverbänden für die Unternehmen der betreffenden Branche entwickelt. In der Praxis weit verbreitet sind die von der DATEV entwickelten Standardkontenrahmen. Das jeweilige Unternehmen leitet sich aus dem Kontenrahmen nach seinen Erfordernissen den individuellen Kontenplan ab.
Unabhängig von der Branche kann danach unterschieden werden, ob die Ordnung nach dem Abschlussgliederungsprinzip erfolgt oder nach dem Prozessgliederungsprinzip. Beim Abschlussgliederungsprinzip folgt die Ordnung der Konten dem Aufbau von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Das Prozessgliederungsprinzip knüpft an den betrieblichen Leistungsprozessen des Unternehmens an und ordnet die Kontenreihenfolge auf dieser Basis.
Den nachfolgenden Ausführungen liegt der Industriekontenrahmen in der Form zugrunde, wie er für Aus- und Fortbildungszwecke verwendet wird11. Er ist nach dem Abschlussgliederungsprinzip geordnet. Der Kontenrahmen arbeitet mit vierstelligen Zahlen, die eine bestimmte Bedeutung haben: Beispielsweise ist für das Konto »Kasse 1« die Kontonummer 2880 belegt. Jede Ziffer in der vierstelligen Zahl hat eine spezifische Bedeutung (
Abb. 2.13: Aufbau Kontonummer
Die Kontenklasse wird durch die erste Ziffer in der Kontonummer angezeigt. Sie wird durch die oberste Gliederungsebene von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung bestimmt (
BilanzSollHaben
Abb. 2.14: Kontenklassen
Gewinn- und VerlustrechnungSollHaben
Auch die Kontengruppen folgen den Strukturvorgaben der Bilanz, jedoch in der zweiten Gliederungsebene. Für das Umlaufvermögen ergibt sich die in Abbildung 2.15 dargestellte Zerlegung.
Abb. 2.15: Kontengruppen und -arten
Die dritte Gliederungsebene differenziert innerhalb der Kontengruppen nach Kontenarten. Diese Differenzierung sieht das Gliederungsschema der Bilanz jedoch nicht vor. In der Bilanz erscheint der Wert aller Kontenarten, die einer Kontengruppe zugehören, zusammengefasst. Gleiches gilt auch für die Kontenunterarten als letzte Gliederungsebene. Hier könnte beispielsweise für jedes Bankkonto eine eigene Kontonummer bestimmt werden (Konto Commerzbank 2801; Konto Deutsche Bank 2802, …). Die beiden Bereiche sind damit der betriebsindividuellen Belegung vorbehalten, woraus sich dann der betriebliche Kontenplan ergibt. Sollte ein Unternehmen Konten des Kontenrahmens nicht benötigen, werden sie im betrieblichen Kontenplan weggelassen. Unternehmensindividuelle Erweiterungen sind ebenfalls möglich.
Für Zwecke der Erstellung von Jahresabschlüssen werden in der Kontenklasse 8 noch separate Konten geführt. Neben dem Eröffnungsbilanzkonto (Konto 8000) und dem Schlussbilanzkonto (Konto 8010) ist das Gewinn- und Verlustkonto (Konto 8020) hervorzuheben. Schließlich kann in der Klasse 9 eine Kostenrechnung geführt werden.
In der betrieblichen Praxis werden regelmäßig elektronische Buchführungssysteme eingesetzt. Sie ermöglichen die Erfassung einer hohen Anzahl von Buchungsdaten innerhalb kurzer Zeit, deren automatische Weiterverarbeitung sowie die Auswertung und Speicherung. Aufgrund dieser