Darf man sich`s urgut gehen lassen?. Herlmut A. Gansterer
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TITELFRAGE
Darf man sich’s gut gehen lassen?
JA. Ein deutliches JA. Kein schamhaftes JA, kein verzwicktes JA mit hundert „Wenn und Aber“, sondern ein entschiedenes JA.
Allerdings ein JA, auf das man sich erst einigen kann, wenn man alle Aspekte gründlich mit Freunden (und mit sich selbst) diskutiert hat. Diese DARF-MAN-Frage steht in einem höheren Rang. Sie übersteigt den heiteren Knigge-Klang der anderen Fragen. Sie berührt auch Dunkles. Und zählt zu den FAQ, den frequently asked questions.
Die Medien stellen die moralische Frage der Berechtigung des Gut-gehen-Lassens gern in Sonntagsbeilagen. Menschenverbesserer stellen sie eigentlich immer. Und man stellt sie auch sich selbst, als begleitenden Schatten in Momenten der höchsten Lebensfreude. Jeder Gutwillige trägt einen Scham-Mantel, der ihn zwickt.
Deshalb kam diese Frage auch als Hauptfrage auf den Umschlag, samt wichtigem Untertitel: „DARF MAN SICH’S URGUT GEHEN LASSEN? Wo es doch allen so schlecht geht.“
Routinierte Fernseher erinnert die Frage an die deutsche TV-Serie „Der ganz normale Wahnsinn“. Deren Untertitel lautete: „Warum es dem Einzelnen so schlecht geht, obwohl es uns allen so gut geht“.
Klingt ähnlich wie unsere Frage, ist aber das Gegenteil. Damals, in den späten 1970er-Jahren, wurde der Wohlstand als flächendeckend empfunden. Armut war kein Thema. Eher jene Idioten, die unglücklich waren, weil sie nicht noch reicher und „society“-berühmter waren.
Das ist heute anders. Die Stimmlage schwenkte vom damaligen Dur aufs heutige Moll. Viele glauben sogar, der Wohlstand sei seither kleiner geworden. Er wurde aber größer. Der Mittelbau steht in Eigentums-Wert und Verdienst besser da als damals, fühlt sich aber von zwei Klingen einer Schere bedroht, die am Wohlgefühl schnipselt.
Gewissenhafte leiden unter immer mehr immer ärmeren Armen, und Ehrgeizige unter immer mehr immer reicheren Reichen. Warum diese Schere sich in einer „Epoche der Gier“ öffnete und wie man sie jetzt wieder schließen will, kann in guten Medien nachgelesen werden, beispielsweise in meinen journalistischen Stamm-Medien trend und profil. Das ist starker Stoff und später vielleicht ein weiteres Buch.
Hier aber interessiert das Recht des Mittelstands-Bürgers, sein eigenes Leben noch mit gutem Gewissen zu leben.
Dialektisch gesehen, gibt es zwei Extrem-Positionen. Einerseits die These der Weltfremden, man müsse sein Hab und Gut so lange verteilen, bis es keinen Ärmeren mehr gibt. Anderseits die Anti-These der Zyniker, nichts zu geben, weil jedes Geschenk demütige und schwäche.
Beide zerstören die Gesellschaft. Die These, weil sie Armut für alle schafft, und zwar auf Dauer, da sie den Leistungswillen der Nehmenden und der Gebenden auf null senkt. Die Anti-These, weil eine unbarmherzige Zivilisation auf Dauer durch Selbst-Ekel und Revolution vernichtet wird.
Gottlob ist die Synthese einer fühlbaren Harmonisierung der klugen, schweigenden Mehrheit angenehm. Man gibt sich Mühe, die Täler der Armen materiell aufzuschütten und dort, wo es geht, ihre Re-Integration in ein stolzes Bürgerleben zu fördern. Es passiert diesbezüglich mehr, als bekannt wird. Viel läuft leise über die „Caritas“. Sie steht mit Recht in gutem Ruf, auch als grenzüberschreitender Entwicklungshelfer. Schon vor Jahren erkannte ich als gewählter Controller der Medien „trend“, „profil“, „Kurier“ und Ö3, dass im tiefsten Gambia jede Lieferung ankam. Dies gilt extrem streng auch weiterhin unter Franz Küberl, der sich als erster säkularer Präsident bewähren muss.
Auch Reiche sind fairerweise zu loben. Nicht jeder wird wie Jean Paul Getty geiziger, je mehr er hat. Internationale Gegenbeispiele sind Microsoft-Boss Bill Gates und Warren Buffett. Auch in unseren Ländern – Österreich, Deutschland, Schweiz – sind Reiche wohltätig zugange. Vor allem aber viele Mittelstands-Unternehmer und Privatiers mit unendlich vielen Initiativen.
Die meisten der Amateur-Initiativen versiegen allerdings. Das liegt wahrscheinlich in meinem Arbeitsbereich begründet, den Verlagen, Medien, Journalisten. Man wurde müde, die Wohltätigkeit zu begleiten. Man übertrug, wenn überhaupt, das Thema dem jüngsten Volontär, nicht dem Chefredakteur als Leuchtfackel.
Das mag daran liegen, dass elitäre Medien nicht mehr über Charity-Dinners von geistig unauffälligen Society-Sonnenblumen berichten wollten, die ihr Blütenhaupt nach der Sonne der Kamerablitze richteten.
Zur DARF-MAN-Titelfrage, wie „urgut man sich’s gehen lassen darf, wo es vielen so schlecht geht“, bestand der ECOWIN-Verlag auf einer Zeichnung. Sie zeigt den Buchautor als Freund luftiger Automobile im Cabrio. Das ist noch kein Skandal. Andere Buchautoren und Zeitungs-Kolumnisten kennt man nur per Matura-Porträt.
Der Skandal liegt erstens im Cabrio. Ein Cabrio oder Roadster oder Kabriolett ist, wie jeder Alt-Grüne weiß, die finale Dekadenz des Volksfeinds Auto. Es bringt den ansteckenden Pesthauch einer Frischluft-Fröhlichkeit. Und braucht wegen des schlechteren Cw-Wertes einen „vollen halben Liter mehr“ auf hundert Kilometer als die verlötete Version mit festem Dach.
Der eigentliche Skandal liegt zweitens im Baseball-Käppi. Dieses zeigt, dass ich als Pilot in der Ennstal-Classic-Rallye meines Kollegen Helmut Zwickl (als „Kurier“-Formel-1-Reporter eine Welt-Legende) unbezahlbare Millionenwerte von Museums-Rennwagen fuhr, darunter die Böhringer-Pagode von Mercedes (Sieger der Rallye Sofia–Lüttich) und den C-Type von Jaguar (Sieger von Le Mans 1953).
Dergleichen stößt auf reinen Ekel der alten grünen Garde. Die jungen, ganzheitlich gebildeten Grünen, denen die Zukunft gehört, schweigen schon nachsichtig lächelnd auf die folgende Frage: „Ist der Versuch, historische Skulpturen durch sachgerechte Bewegung gesund zu halten, die so schön sind wie Wotrubas Kirche, nur halt 250 km/h schneller, schon eine Sünde wider die Fragen arm & reich und krank & gesund und nützlich & schädlich? Hilft es wirklich weiter, wenn man jede Lebensfreude bekämpft? Und wenn ja, wie und warum?“
Archimedes sprach davon, einen festen Punkt zu brauchen, um die Welt aus den Angeln zu heben. Vielleicht liegt dieser feste Punkt für Weltverbesserer in einer Lebensfreude und dem Wunsch, diese auch für die Kinder zu sichern. Und nicht in der Natur der alten Bitteren, die alles hassen, was derzeit noch lacht.
HEIKLES UND EXOTISCHES
Gutes Benehmen in Randgebieten
Darf man als Autor das Binnen-i verweigern?
JA.
Mag sein, dass man erklären sollte, worum es dabei geht. Jeder kennt zwar das sogenannte Binnen-i, aber nicht jeder muss wissen, dass es so heißt.
Binnen-i bezeichnet ein großes „I“ mitten in einem Benennungswort, wie beispielsweise in SchaupielerInnen, SchriftstellerInnen oder AutofahrerInnen.
Früher schrieb man einfach die männliche Form (zum Beispiel Schauspieler). Die Leser dachten sich automatisch die weiblichen Formen dazu (Einzahl: Schauspielerin, Mehrzahl: Schauspielerinnen).
Irgendwann protestierten bewegte Frauen. Sie geißelten dies als Relikt männlichen Herrschaftswahns. Im Sinne der Emanzipation und Geschlechter-Fairness erfanden und verlangten sie das Binnen-i und drohten Boykott aller Zeitungen und Buch-Verlage an, die nicht gehorchten.
Weicheier