Mord à la carte in Schwabing. Jörg Lösel
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Читать онлайн книгу Mord à la carte in Schwabing - Jörg Lösel страница 14
»Warum gehst du nicht zur Polizei?«
»Ich hab doch letztlich keine Beweise!«
»Und was ist mit den dunkelroten Flecken in deinem Gesicht?«
»Für die Schlägerei schon, aber nicht dafür, dass Edgar und der Rocker Kompagnons sind.«
»Ich würde trotzdem zur Polizei gehen. Dort äußerst du deinen Verdacht, und Obermeier wird schon etwas damit anzufangen wissen.«
Bekümmert wendete sich Tom mit hängenden Schultern ab. »Jedenfalls weißt du Bescheid, sollte noch etwas passieren.«
So richtig weitergekommen war er nicht durch das Gespräch, immerhin müsste Eike die Gefährlichkeit der Situation deutlich geworden sein. Er war müde, sein Kopf pochte, und eine Idee, wie er zur Aufklärung des Falles beitragen könnte, hatte er nicht bekommen. Auch die Kommentare, die er von den Redaktionskollegen zu seinen Blessuren gehört hatte, nervten ihn, da sie letztlich nur der Befriedigung ihrer Neugierde dienten.
Frustriert und deprimiert meldete er sich für den Rest des Tages im Sekretariat ab.
4
Zwei Coolpacks hatte sich Tom mit einem Schal auf seine Wangen gebunden. Mit der Schleife oben auf dem Kopf sah er aus wie eine von Zahnschmerzen geplagte Figur in einem Comic. Nebenher schrieb er gefühlt 200 Whatsapp-Nachrichten an Lisa, erhielt aber keine Antwort. Der Schmerz durchfuhr ihn immer wieder in Wellen, er war nervös und ärgerte sich darüber, dass ihm das geradlinige Denken scheinbar abhandengekommen war. Um sich abzulenken, kochte er sich am Abend eine Kartoffelsuppe aus der Tüte, die für ihn allemal besser zu essen war als feste Nahrung.
Es war schon nach 22 Uhr, da rief Lisa endlich zurück. Tom fiel es noch immer schwer, sich deutlich zu artikulieren.
Als er sie um ein Treffen bat, reagierte sie reserviert. Er vermutete, dass sie ihm die Frage nach Edgars Adresse nach wie vor übel nahm. Tom druckste eine Zeitlang herum, als Lisa sich verabschieden wollte, platzte er heraus: »Ich habe die Adresse von Edgar herausbekommen, die du mir nicht nennen wolltest. War gar kein Problem.«
Lisa schluckte. »Ich kann doch meinen Arbeitskollegen nicht in die Bredouille bringen, indem ich jemandem, der etwas gegen ihn im Schilde führt, seine Adresse nenne. Verstehst du das nicht?«
»Er ist doch der Gangster!«
»Tom, das ist Blödsinn, er versucht mal, jemanden zu bescheißen, aber er ist doch kein Verbrecher.«
Hastig erzählte Tom die Geschichte, die er in der Kapuzinerstraße erlebt hatte. »Der geht mit dem Messer auf mich los und du sagst, er ist kein Gangster? Wieso verteidigst du ihn so vehement?«
Lisa war sehr kleinlaut geworden. »Er ist ein Arbeitskollege, und ich komme mit ihm gut klar. Aber wenn es so war, wie du es gerade geschildert hast, tut es mir leid.«
Tom empfand ihre Worte als einen kleinen Triumph. Edgars Messer hatte die fest verschlossene Auster einen winzigen Spalt weit geöffnet.
Tom ging zum Kühlschrank, öffnete eine Bierflasche und kühlte seinen Mund mit dem herben Getränk auch von innen.
5
Als Tom am nächsten Morgen in die Redaktion kam, herrschte die übliche Hektik im Großraumbüro. Die Reporter telefonierten, riefen sich kurze Informationen zu und schrieben in ihre Computer. Eike schaute vom Bildschirm hoch, als er Tom hereinkommen sah. »Und … warst du bei der Polizei?«
Tom schüttelte den Kopf.
»Irgendwann machen die dich richtig fertig!«
Tom zuckte unbeholfen mit den Achseln und sagte etwas zu bekümmert: »Wir müssen halt schneller sein.«
Eike riss seine Augen weit auf und begann zu lachen. »Unser Jungspund und die Mafia – ist ja nicht zu glauben. Du bist schon ein Traumtänzer?!«
»Ach, lass gut sein.«
Tom hatte das Gefühl, als würde ihm langsam alles über den Kopf wachsen. Traumtänzer – vielleicht hatte Eike da sogar recht. Nichts war so richtig für ihn greifbar, der Fernsehjob, Lisa, und dann wurde er auch noch von einem Rocker verprügelt.
»Jetzt schau nicht so belämmert! – Ich hatte eine Idee. Wie du sicher weißt, wird von TV 1 die Kochshow ›Sterneküche für zu Hause‹ produziert. Franz Fuchs ist der Redaktionsleiter. Ich hab mir einen Termin bei ihm geben lassen. Magst du mitkommen?«
Tom war begeistert. »Der kennt sich sicher in der Szene aus.«
»Natürlich. Könnte sein, dass wir etwas Neues von ihm erfahren. Sag mal im Sekretariat Bescheid, dass wir für ’ne Stunde im Haus unterwegs sind.«
Tom erledigte es sofort, und sie machten sich auf den Weg.
Sie gingen an einem langen grau gestrichenen Betonbau entlang, in dem sich hinter geschlossenen Fenstern Angestellte und freie Mitarbeiter des Senders an ihren Aufgaben abarbeiteten. Das Redaktionsbüro von Franz Fuchs lag in einem anderen Gebäude, gut 100 Meter entfernt von dem der Aktuellen Redaktion.
Er war gerade mit dem Sichten von Aufzeichnungen beschäftigt, als die beiden das Zimmer betraten. Fuchs stoppte die DVD, nahm seine rechteckige braune Brille ab und schüttelte Eike und Tom die Hände. »Hab mich schon gewundert, dass die Aktuellen hier nicht schon früher aufgeschlagen sind.«
Eikes Handy klingelte, aber er drückte den Anruf weg. »Bei Mord und Totschlag denkt man halt nicht gleich an die Unterhaltung.«
»Ich weiß schon, wir sind nur die soften Fernsehmacher, die sich um den Publikumsgeschmack kümmern, und ihr seid die Hardcore-Journalisten, die die Welt retten.« Bei diesen Worten zwinkerte Fuchs Eike zu.
Tom musterte den Chef der Kochsendungen neugierig aus der Distanz. Er war Mitte 50, hatte dicke Backen, und sein weinrotes Sakko spannte über dem Bauch. Grau melierte Haare standen über die Ohren. Er wirkte wie ein freundlicher Genussmensch, passte zum Kochstudio – ein ganz anderer Typ als Neuwirt.
Während Fuchs den beiden anbot, auf den ledernen Besuchersesseln Platz zu nehmen, sagte Eike: »Jedenfalls ist es sehr nett, dass Sie uns empfangen.«
Franz Fuchs lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und faltete die Hände über der Brust. »Womit kann ich dienen?«
Eike erzählte mit ein paar Sätzen den Stand der Dinge im Fall Steineberg und ließ auch nicht die Erlebnisse von Tom mit Edgar und dem Rocker aus.
Fuchs bedauerte Tom und wurde nachdenklich. »Rauschgift im Sterne-Restaurant – das hatten wir schon Anfang der 90er-Jahre in München bei Witzigmann, aber dass Steineberg selbst damit zu tun hat, kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Er ist sehr ehrgeizig, aber auch seriös. Er will den dritten Stern. Vielleicht hat er mal einen krummen Hund in der Küche, das kann passieren, aber sonst? Nein, meine Herren.«
»Und was halten Sie von Wissler?«, fragte Eike.
»Der will auch den dritten Stern. Wissler hat einen ganz anderen