Limoncellolügen. Gudrun Grägel

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Limoncellolügen - Gudrun Grägel

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Ahnungen in ihm aufsteigen.

      Irgendwo schlägt ne verspätete Glocke. Der alte Peter nebenan schweigt.

      »Tja, Greta, wie stellst du dir das vor? Ich mein, ich arbeite bei Paps und kann nicht einfach losfahren.«

      Vinc grinst unverschämt, was ihm einen Hieb auf die Schulter einbringt. War anscheinend zu schwach, er grinst frech weiter. Okay, okay, bin ihm nicht böse, er hat ja recht. Bei Bedarf kommt’s durchaus vor, dass ich schnell disponiere.

      Äh … Moment, ich hab mich noch nicht entschieden …

      »Und dein Mann traut mir das zu? Einer Frau, und erst 26 Jahre alt? Kein italienischer Macho?«

      »Doro, ich habe mit meinen Schwiegereltern gesprochen, die haben das Sagen im Hotel, und als die gehört haben, wessen Tochter du bist, haben sie noch was aufs Gehalt draufgelegt«, schmeichelt Greta jetzt.

      Hat sie allerdings den falschen Knopf erwischt. Mit Tochterbonus vom berühmten Sascha Ritter aufzutreten, hasse ich wie die Pest. Ich liebe Paps, aber ich bin ich, da leg ich extremen Wert drauf. Okay, Doro, schluck’s runter, befehl ich mir, kann Greta ja nicht wissen.

      »Machen wir’s kurz«, entscheide ich. »Ich ruf dich morgen an, okay?«

      »Doro, du bist ein Schatz!«, schreit mir Greta euphorisch ins Ohr.

      »Mal langsam«, brems ich sie, »ich hab noch nicht Ja gesagt. Morgen, okay?«

      »Ja, morgen. Ist gut.« Sagt’s und klingt so befreit, als hätte ich keine Wahl.

      »Was war das jetzt?«, fragt Vinc, als ich das Handy in den Schoß sinken lasse und mich zurücklehne. Er legt den Arm um meine Schulter.

      »Ich soll bei Greta in der Küche aushelfen. Am besten seit gestern.«

      »Und was heißt das jetzt?«

      »Na ja, die scheinen echt nen Notstand zu haben, Greta ist total verzweifelt, und Paps käme auch ohne mich aus.«

      »Heißt zusammengefasst: Du fährst«, resümiert Vinc trocken.

      Ich zuck die Schultern. Weiß ja selber nicht … »Na ja, wahrscheinlich … Aber Australien …«, sag ich.

      »Hmm.«

      »Könnten wir auch verschieben«, schlag ich vor.

      »Könnten wir.«

      Ich schau Vinc in die Augen. Wie meint er das jetzt? Ernst? Oder ist er beleidigt? Sauer?

      Er blinzelt ein paarmal. »Ich fänd’s gar nicht so schlecht«, sagt er dann. »Der Umzug war sauteuer, die Miete und so … Eigentlich passt Italien und Kohle verdienen besser als Australien und tauchen am Great Barrier Reef. Zum Glück haben wir noch keine Flugtickets.«

      Wie bitte? »Du wolltest doch auch …?«, frag ich leicht verunsichert.

      Hab ich ihn überrollt mit meiner Begeisterung? Quatsch! Vinc sagt schon, was er will. Er ist halt meistens ein bisschen vernünftiger als ich. Und es stimmt ja. Ebbe in unserer Kasse.

      »Und, kommst du mit? Ich mein, nach Italien.«

      »Was hast du denn gedacht? Du machst Urlaub am Gardasee und ich hüte die Wohnung und nuckel an den Weinflaschen vom letzten Jahr?« Vinc schlingt die Arme um mich, sein Kuss schmeckt nach Wein und Oliven. »Allerdings kann ich erst in zwei Tagen. Fahr du mit dem Auto voraus, ich komm mit Fredis Motorrad nach.«

      »Hast du dich mit Greta abgesprochen?«

      »Mit Greta? Was meinst du?«

      »Tja, so schnell, wie du alles regelst …« Ich zieh die Augenbrauen hoch.

      »Glaubst du, nur du kannst spontan sein?«, fragt Vinc herausfordernd. »Aber im Ernst. Fredi hat ne Knieoperation hinter sich, Fußballunfall, und hat mich letzte Woche gefragt, ob ich seine Suzuki ausleihen will. Ab Montag kann ich sie haben, und ich hab mich eh schon gefragt, wann wir damit losziehen. Ich würde sagen, das ist die Gelegenheit. Also nimm deine Motorradklamotten mit.«

      »Perfetto«, übe ich mich schon mal im Italienischen und wähle Paps’ Handynummer.

      Vinc verzieht sich in die Küche. »Trinkst du noch ein Glas?«, ruft er von dort.

      »Rat mal«, ruf ich zurück.

      »Danke, das war mein Ohr«, beschwert sich Paps am anderen Ende der Leitung.

      »Tschuldigung, war nicht für dich bestimmt«, sag ich zu ihm.

      »Hast du was vergessen oder suchst du Rambo?«

      »Weder noch. Ich kann eine Weile nicht bei dir kochen …«, komm ich ohne Umschweife zum Punkt.

      »Was ist es diesmal?«, fragt Paps spöttisch.

      Er ist nicht sauer. Anscheinend tut ihm Lollo wirklich gut.

      »Witzig find ich das eigentlich nicht«, schiebt er trocken hinterher.

      »Hallo? Kannst du meine Mimik hören?«

      »Nicht nötig. Ich kenn dich seit 26 Jahren.«

      »Dein Punkt«, geb ich mich geschlagen und erklär ihm die Lage.

      »Ja, dann rette das Hotel deiner Freundin oder ihr Leben oder was auch immer … Aber du weißt ja: Rezepte, Gewürze, Ideen.«

      »Ich weiß. Und ein paar Fläschchen Vino. Beste Qualität. Ich schau mich um. Und danke, Paps.« Ich schick einen dicken Schmatzer durch den Äther.

      »Danke, das war wieder mein Ohr. Und … ich dich auch«, lacht Paps.

      Eine verfrühte Sternschnuppe zieht ihre Bahn und verglüht am milchigen Nachthimmel.

      »Hast du gesehen?«

      Vinc tippt gerade an seinem Handy rum. »Was?«, fragt er, ohne hochzuschauen.

      »Die Sternschnuppe. Ich darf mir was wünschen.«

      »Also, ich wünsch mir, dass du jetzt endlich herkommst und Ruhe gibst«, brummt Vinc und legt sein Handy zur Seite. »Außerdem ist es viel zu früh für ne Sternschnuppe, war vermutlich nur ein Flugzeug.«

      »Bist ja nur neidisch. Tja, blöd, dass du die Sternschnuppe nicht gesehen hast, gell. Aber manche Wünsche gehen trotzdem in Erfüllung«, tröste ich ihn und kuschel mich zu ihm auf die Hollywoodschaukel.

      Kapitel 2

      Lago di Garda – Wo Benacus und Phillis sich treffen

      Domenica (Sonntag) – 26. August

      Nachts, 22 Uhr

      Nicht viel los auf der Autobahn. Langsam werd ich echt müde. Na immerhin, Bozen liegt schon hinter mir. Im Radio dudelt ein italienischer Sender, auf dem Beifahrersitz kein Vinc, nur Jacke, Handtasche und eine halb leere Wasserflasche. Ich gähne hinaus

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