Mörderisches Kärnten. Dorothea Böhme
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»Das sollt kein Problem sein, auf der Arbeit ist grad eh nix zu tun. Aber wieso brauchst du den? 20, geh Wilma, du hast dich gut gehalten, aber das ist doch zu jung!«
»Ist was Geschäftliches.« Mehr würde Wilma ihm erzählen, wenn sie überhaupt wusste, was sie da gerade tat.
»Ich ruf dich gleich zurück«, versprach Toni.
Während sie auf seinen Rückruf wartete, untersuchte Wilma ihr Auto und das von Clara auf Kratzer. Die Chefin war eine katastrophale Autofahrerin, die nicht einmal bemerkte, wenn sie andere Autos streifte. Zum Glück war ihr Wagen heil, und auch bei Clara konnte sie nur eine bereits ausgebesserte Stelle finden. Sie hatte ihre Inspektion gerade abgeschlossen, als ihr Handy klingelte.
Moritz Prigl hieß der junge St. Veiter Höllenhund, und er wohnte in St. Georgen am Längsee 7. Von der Burg waren es nur ein paar Autominuten bis zur malerischen Gemeinde zwischen Krappfeld und Zollfeld. Moritz Prigl lebte in einem Einfamilienhaus nicht unweit vom Stift St. Georgen. Wilma vermutete, dass der Bursche dort bei seinen Eltern wohnte. Während sie mit sich rang, ob sie aus dem Auto aussteigen und klingeln sollte, kam Moritz mit dem Fahrrad von der Schlossallee hinunter.
»Hey.« Wilma stellte sich ganz locker neben ihre Autotür. Gut, dass sie in jungen Jahren schon geübt hatte, unverfänglich Männer anzusprechen, um sie dann um ihr Bargeld zu erleichtern. Oder in diesem Fall um Gerüchte über ein Vereinsmitglied. »Wir haben uns gestern doch in St. Veit gesehen, oder? Du bist der Freund vom Walter.«
Moritz blinzelte sie an.
»Ich wollt’ gern bei euch mitmachen, weißt schon, den Höllenhunden. Aber du hast gestern was gesagt, und wenn’s bei euch Probleme gibt, dann wüsst’ ich das lieber vorher.«
»Ach so.« Moritz schob sein Fahrrad zur Garage, stellte es ab und wandte sich Wilma zu. »Na, Probleme gibt’s keine.«
Oh je, da war ja sogar der Vorstand Walter Grim ein besserer Lügner. Wilma beschloss, ihr Halbwissen aus den Kontoauszügen preiszugeben. »Der Walter hat mir eh von dem Geld erzählt. Was der Herbert da für einen Mist angestellt hat.«
Die Erleichterung war Moritz anzusehen. »Ma, echt, so ein deppertes Arschloch. Hätt uns fast reingerissen mit seinen Mauscheleien. Erst Geld klauen, dann alles für die Steuer abschreiben. Fast hätten sie uns gehabt, und dann, was wär aus uns geworden? Aufgelöst hätten sie uns. Und das, wo wir dieses Jahr so an unseren Kostümen gearbeitet haben.«
»Die sind echt toll geworden. Eine Schande wär das, nicht aufzutreten mit denen.«
»Ja, nicht wahr? Ich war so irre sauer auf den Herbert, als ich das mitbekommen hab! Walter hat ihn zur Rede gestellt, nach unserem letzten Treffen. Die anderen waren schon weg, aber ich musst noch mal zurück, weil ich mein iPhone hab liegen lassen. Jedenfalls erzählt der Herbert, er hätt das Geld nur wegen der Steuer genommen und immer schon vorgehabt, es zruckzuzahlen. Das musst du dir reinziehen! Der Walter war fuchsteufelswild. Ich hab mich dann natürlich auch eingemischt und den Walter unterstützt.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Interessant. Ob die Polizei vom fuchsteufelswilden Walter wusste?
»Aber dann hat er die Sache klären können mit’n Herbert. Geld ist zurückgezahlt und Stress mit’n Finanzamt gibt’s auch keinen mehr. Walters Cousin arbeitet da, der hat mal mit seinem Kollegen gesprochen. Brauchst dir also keine Sorgen machen, kannst ruhig zu uns kommen.« Er lächelte. »Die besten Partys gibt’s eh bei uns.«
»Werd’ ich machen. Dank dir.« Wilma winkte und stieg in ihr Auto. Hatte sie es sich doch gedacht, es ging ums Geld. Wo Herbert Aschenwalder und das Finanzamt sich bereichern wollten, da blieb doch sicherlich auch ein kleines Stückchen für die arme Wilma übrig … Sie blickte auf die Uhr, nicht einmal sechs. Sie würde es sogar noch rechtzeitig zum Yoga schaffen. Du liebe Zeit, sie musste wirklich einen neuen Freizeitplan erstellen, dreimal in der Woche Yoga, und das direkt hintereinander, das war zu viel für jede noch so ehrliche Kleinkriminelle.
Kaum am nächsten Morgen bei der Arbeit angekommen, war der Touristenstrom kein bisserl weniger geworden. Überall ein Gedränge. Auf dem Parkplatz, auf dem Weg, im Aufzug, und vor allem: vor Wilmas Kassenhäuschen.
»Du, ich hab mir gedacht, wir könnten ein Zeitungsinterview geben«, kündigte ihre Chefin gegen Mittag an. »Die wären doch sicher interessiert! ›Er hat schon ganz blau ausgeschaut‹, oder hattest du nicht was von einer Krähe erzählt?«
»Die passte gut ins Landschaftsbild.«
»Eben. Und noch viel besser in die Krone.«
Begeistert war Wilma davon nicht. »Was, wenn die über meine Vergangenheit schreiben?«
»Umso besser, ›geläuterte Kriminelle auf dem Pfad der Tugend‹ und dann dieses schreckliche Erlebnis.« Die Chefin tippte schon eine Nummer auf dem Handy ein. »Ich besprech’ das mal mit Bernhard.« Sie schaute kurz zu Wilma hoch. »Das wär auch eine Idee. Die Clara ist ganz unglücklich, die Arme. Vielleicht kann sie weinen, das macht sicher Eindruck.«
›Unglücklich‹ war kein Wort, das auf die Chefin zutraf, die durch den Mord regelrecht aufblühte. So gut gelaunt hatte Wilma sie noch nie erlebt.
Da Clara zu den Personen gehörte, deren Dunstkreis ihr Bewährungshelfer befürwortet hatte – lieb, langweilig und nicht kriminell –, beschloss Wilma, nach Feierabend noch oben in der Burg vorbeizuschauen, um sie vor einem möglichen Interview zu warnen. Um kurz nach halb fünf verließ sie ihr Kassenhäuschen und machte sich zu Fuß auf den Weg, der sich um den Bergkopf schlängelte, gut gesichert durch die 14 Tore, die alle mit unterschiedlich Hinterlistigem auf etwaige Angreifer warteten. Da sie heute wieder vorhatte, das Yoga zu schwänzen, würde ihr die Bewegung guttun. Den Rückweg, wenn sie die Tore und den wunderschönen Ausblick, von dem sie den Touristen vorschwärmen musste, satt hatte, würde sie mit dem Aufzug antreten.
Oben auf der Burg befanden sich ganze Heerscharen von Menschen, die sich durchs Museum drängelten oder bei Clara und Bernhard Bier und Cola bestellten. Der größte Auflauf allerdings war an den einzelnen Toren zu finden, allen voran am Wächtertor, wo jemand fachkundig erklärte, wie man von außen das Seil durch die Fenster hätte schlingen können.
Wilma setzte sich mit einem gespritzten Apfelsaft auf eine der Bänke und schrieb Toni eine SMS, bis Clara sich sichtlich erschöpft für einen Augenblick neben ihr niederließ.
»Du, das macht mich alles ganz fertig«, jammerte sie. »Der arme Mann ist tot und hier wird ein Tourismusspektakel draus.« Sie knabberte an ihren Fingernägeln, der rote Lack war schon ganz abgeblättert.
»Ich glaube, er war nicht besonders nett.«
»Wer weiß, ob er’s nicht verdient hat«, mischte sich Bernhard ein, der ein Bein über die Bierbank schwang, um sich neben Clara zu setzen.
»Ach, lasst’s mich doch in Ruh’, ihr herzlosen Deppen!« Clara sprang auf und flüchtete aufs WC.
»Der Mord hat sie echt mitgenommen.« Bernhard lächelte entschuldigend und stand ebenfalls auf. »Wir sehen uns morgen.«
Wilma erzählte ihm schnell von den Interviewplänen der Chefin, trank einen letzten Schluck und nickte zum Abschied. Dann machte sie sich auf den Weg zurück zum Parkplatz, diesmal wie geplant mit dem Aufzug. Gerade als sie ihr Auto aufschloss – wie immer hatte sie neben Clara geparkt –, kam Tonis Antwort-SMS mit Walter Grims Adresse in St. Veit. Die hätte Wilma