Dampfer ab Triest. Günter Neuwirth

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Dampfer ab Triest - Günter Neuwirth

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forderte Bruno.

      »Also, zuerst habe ich ein Rendezvous mit dem leeren Magen meines Göttergatten, hernach mit der Schmutzwäsche meiner Kinder und final mit den Rückenschmerzen meines Vaters.«

      »Was sagt Ihr werter Herr Papa zum Franzbranntwein, den Vinzenz aus Kärnten mitgebracht hat?«

      »Er ist von der schmerzlindernden Wirkung begeistert. Aber der alte Teufel will mit dem Branntwein nicht nur eingerieben werden, er will ihn auch trinken.«

      »Bleiben Sie standhaft, Ivana, verwahren Sie die Flaschen gut. Wer Franzbranntwein trinkt, brennt sich die Seele aus dem Leib.«

      Ivana winkte ab. »Da würde nicht viel verbrennen.«

      Bruno lachte, verließ Ivanas Bureau und trat auf den Gang der Kanzlei. Am Ende des Ganges stand beim offenen Fenster sein junger Kollege Luigi Bosovich und schaute rauchend und an einer Kaffeetasse nippend aus dem Fenster. Luigi hörte hinter sich die Tür und wandte sich um. Luigi blickte verwundert. »Signor Zabini, Sie, heute hier?«

      Bruno schaute sich um. Die Türen der Bureaus seiner Kollegen waren geschlossen. Er trat an Luigi heran. »Ausnahmsweise, weil ich sowieso unterwegs in die Altstadt bin.«

      »Zum Billard?«

      »Ja. In anderthalb Stunden geht es los. Da kann ich genauso gut den Bericht über diese Wirtshausrauferei abschließen.«

      »Nun denn.«

      Bruno sperrte die Tür auf und drückte die Türklinke nach unten, hielt aber noch inne und musterte Luigi. »Und du, Luigi, du machst eine Pause?«

      Den süffisanten Tonfall in der Stimme des höherrangigen Beamten überhörte der junge Polizist geflissentlich. Alle im Institut wussten, dass Luigi Bosovich nur dann arbeitete, wenn man ihn nicht nur anspornte, sondern richtiggehend antrieb. In der Regel schaute Luigi gerne zum Fenster hinaus, trank beispiellos langsam Kaffee oder machte Rauchpausen. Wenn er aber arbeitete, dann saß jeder Handgriff, dann vergaß er selbst winzige Kleinigkeiten nicht, dann zeigte er, dass er ein ausgezeichneter Polizist war. Oder zumindest sein könnte. Als jüngster Beamter war er im Rang des Polizeiagenten II. Klasse und in der Regel für die ungeliebte Alltagsarbeit zuständig. Die meist sehr träge vorankam.

      »Ja, Herr Inspector, Rauch- und Kaffeepause.«

      Bruno schmunzelte. »Weitermachen.« Damit verschwand er in seinem Bureau. Vinzenz Jaunig und Luigi Bosovich teilten sich das kleinere Bureau, im größeren standen die Schreibtische der vier weiteren Polizeiagenten. Bruno und Emilio Pittoni hatten jeweils eigene Bureaus. Die beiden waren als Inspectoren I. Klasse die ranghöchsten Kriminalbeamten im k.k. Polizeiagenteninstitut und in der Befehlskette nur dem Leiter der Dienststelle Oberinspector Gellner unterstellt.

      Bruno hängte sein Sakko an den Kleiderhaken und setzte sich an seinen Schreibtisch. Wie zumeist stand die Tür zu seinem Bureau offen. Nur wenn er vertrauliche Gespräche führte oder sich bei seiner Arbeit konzentrieren musste, schloss er diese. Geschlossene Türen waren ihm immer irgendwie unangenehm, geschlossene Türen erinnerten ihn an seine Kindheit, als er auf Geheiß seines Vaters endlose Zeiten in seinem verschlossenen Zimmer hatte ausharren müssen. Seit acht Jahren war Salvatore Zabini nun schon tot, dennoch hörte Bruno nach wie vor die Stimme seines Vaters, sah seine Miene vor sich und folgte seinen strengen Anweisungen. Sein Vater hatte gewollt, dass Bruno die Laufbahn als Polizist einschlug. Nein, er hatte es nicht nur gewollt, er hatte es verfügt. Also war Bruno nach der Schule und dem Militärdienst zur Polizei gegangen. Jetzt, im Alter von siebenunddreißig Jahren, verfügte er über mannigfache Erfahrungen in seinem Beruf.

      Bruno zog ein Formular aus der Schublade, blätterte sein Notizbuch auf und begann, die notierten Daten und Fakten des gestrigen Einsatzes zu protokollieren. Fünf griechische Matrosen und sieben Triestiner Hafenarbeiter waren in den Wirbel involviert gewesen. Ein Grieche war verstorben, mehrere griechische Matrosen und Triester Hafenarbeiter hatten mit erheblichen Verletzungen in das Hospital eingeliefert werden müssen, achtzehn Biergläser, fünf Teller, zwei Stühle und eine Fensterscheibe waren zu Bruch gegangen. Fein säuberlich vermerkte Bruno die erhobenen Fakten. Die Untersuchungsrichter kannten und schätzten Brunos Arbeit. Kein Polizist in Triest, so hatte es der Leiter des Oberlandesgerichts Hofrat Dr. Schremser einmal dem Statthalter seiner Majestät gegenüber formuliert, würde so taugliche, gründliche und im Gerichtsverfahren so belastbare Sachverhaltsdarstellungen erstellen wie Inspector Zabini. Nur wenige Wochen nach dieser Aussage war Bruno befördert worden.

      Für Bruno selbst machte die Präzision erst den Reiz der Arbeit aus. Ganz so, wie er es von Professor Hans Gross gelernt hatte. Gerne dachte Bruno an die Zeit in Graz zurück. Zwei Semester hatte er bei Professor Gross studiert und war in das systematische Handwerk der Kriminalistik und in die wissenschaftliche Disziplin der Kriminologie eingeschult worden. Erst als er bei Professor Gross zur Lehre gegangen war, hatte er sich mit der Berufswahl seines Vaters ausgesöhnt. In jungen Jahren hatte er Ingenieur, technischer Wissenschaftler oder Konstrukteur werden wollen, seine ganze Faszination hatte der Naturwissenschaft und der sich rasend schnell entwickelnden Technik gehört. Als Jugendlicher waren seine größten Helden nicht etwa die Kriegsherren Napoleon, Prinz Eugen oder Admiral Tegetthoff gewesen, sondern der Erfinder der Schiffsschraube Josef Ressel und der Erbauer der Semmeringbahn Carl Ritter von Ghega. Die ersten Jahre als Polizist hatte er sich wie an einem falschen Ort gefühlt, geradezu wie in einem falschen Leben. Erst als er verstanden hatte, dass die Polizeiarbeit der Gegenwart immer tiefer in die Erkenntnisse der Wissenschaft tauchen musste, war er innerlich zum Polizisten geworden. Die Beförderungen waren danach wie von allein gekommen.

      Salvatore Zabini wäre stolz auf die bisherige Laufbahn seines Sohnes gewesen.

      *

      Max von Urbanau tupfte mit der Serviette seine Lippen und atmete behaglich durch. Auch Carolina beendete das Dîner. Der Graf nickte dem diskret im Hintergrund stehenden Oberkellner zu, der sofort heraneilte.

      »Haben Euer Gnaden wohl gespeist?«

      »Wohl, wohl, mit besten Empfehlungen an den Küchenchef.«

      »Herzlichen Dank, Euer Gnaden.« Damit servierten der Oberkellner und ein Piccolo die Teller ab. »Belieben Euer Gnaden einen Kaffee als Abschluss des Dîners zu nehmen?«

      Max von Urbanau winkte ab. »Vielleicht später im Rauchsalon. Carolina, willst du eine Schale Kaffee?«

      »Vielen Dank, so spät am Tag trinke ich nie Kaffee. Sonst kann ich nicht einschlafen.«

      Damit zog sich der Oberkellner mit einer Verbeugung zurück.

      »Meiner Seel, die Makrele war delikat. Hat dir das Dîner gemundet?«

      »Oh ja, Papa, sehr gut.«

      »Wenn ich schon ans Meer fahre, dann will ich auch Fisch essen.«

      »Leicht und bekömmlich. Aber, Papa …«

      »Ja?«

      »Du sollst doch nicht rauchen.«

      »Sieht mich hier irgendjemand rauchen?«

      »Du hast eben vom Kaffee im Rauchsalon gesprochen.«

      »Der Rauchsalon ist ein Ort für Herren. Da haben naseweise Fräuleins nichts zu suchen.«

      »Aber Dr. Röthelstein hat doch …«

      »Dr. Röthelstein ist

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