Das Wasserkomplott. Jürgen-Thomas Ernst

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Das Wasserkomplott - Jürgen-Thomas Ernst

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zu, um ein Teil von ihm zu werden. Sie fragten nach seinem Rat, nach einem Tipp, nach einer Strategie. Denn es bestand kein Zweifel: Ein Mensch, der zu jenen 21 Personen zählte, die von der World Nature Organisation mit der höchsten Auszeichnung bedacht worden war, die sie zu vergeben hatte, konnte nur kompetent sein.

      Einige Wochen später traf sich der innere Zirkel der Familie in einem abgeschiedenen Landhaus. Der Eigentümer des Hauses zählte zu den großzügigen Spendern des Vereins und stellte es ihnen für ein Wochenende zur Verfügung. In dieser kleinen Runde wollte man Max die Gelegenheit geben, seine Visionen genauer zu erklären.

      »Ich gebe zu«, sprach er mit einer bewusst leisen Stimme, was die anderen zu absoluter Stille zwang, »früher war ich ziemlich extrem. Als ich noch nicht so besonnen war wie heute, besetzte ich mit radikalen Freunden eine Jugendstilvilla, die für eine exklusive Wohnanlage geopfert werden sollte. Das konnten wir nicht zulassen, denn die Villa war von Otto Wagner, einem der berühmtesten Architekten aus der Zeit des Jugendstils, entworfen worden. Und wir wollten alles dafür tun, um diese wunderschöne Villa zu erhalten. Wir hatten uns mit Vorräten eingedeckt, die es uns ermöglichen sollten, das Gebäude monatelang zu besetzen und Widerstand zu leisten. In einem Raum, in dem sich ein offener Kamin befand, stapelten wir Brennholz, schleppten Paletten mit Reis, Nudeln und Mineralwasser an, denn fließendes Wasser gab es in dieser Villa nicht. Ja, wir konnten sogar eine Regionalzeitung für uns gewinnen, die über uns berichtete und unseren Mut und unsere Überzeugung lobte. Aber spätestens als wir eines Nachts um 4 Uhr in die grellen Scheinwerferaugen von Raupen, Baggern und Lastern blickten, kamen uns erste Zweifel, ob wir unser Ziel erreichen konnten. Als schließlich die Schlägertrupps mit ihren Knüppeln auftauchten, wussten wir, dass wir chancenlos waren. Noch am selben Nachmittag mussten wir tatenlos zusehen, wie ein Kran mit einer schweren Abrissbirne die Wände dieser wunderschönen Villa einriss. Das hat uns sehr traurig gemacht. Es war das klassische Scheitern von Schwachen und Unorganisierten. Wir fühlten uns wie die größten Verlierer aller Zeiten. Ja, das war eine harte Lektion, und sie lehrte mich etwas sehr Essenzielles: Ohne Seilschaften, Beziehungen und Kontakte wirst du immer und überall unterliegen. Es ist wie mit einem Papierschiffchen, mit dem man einen Ozean überqueren will. Man wird versagen und weiß es schon, bevor man den Hafen verlässt.

      Ich lernte die Gesetze der Menschen und ich lernte sie gut. Später beriet ich Unternehmen, Politiker, Regierungen und Staatschefs, und meistens gelang es meinem Team und mir, die Meinungen und Ziele unserer Klienten erfolgreich zu vermitteln. Aber irgendwann drängte sich mir beim Umgang mit den Mächtigen dieser Welt ein immer größerer Unmut auf. Ihr herzloses Vorgehen gegen die Natur, ihre rücksichtslose Gier, die sie Regenwälder abholzen und für Uranabbaustätten riesige Wunden in die Landschaft schlagen lässt. Ganz zu schweigen von den radioaktiven Uranwolken, die dabei entstehen und Landstriche auf Jahrhunderte verseuchen. Ich empörte mich über den Klimawandel, das Abschmelzen der Polkappen, das Elend der Eisbären und musste erkennen, dass keine Botschaft, kein Aufschrei irgendetwas zum Guten veränderte. Ja, und dann saß ich eines Abends in einem Flugzeug von Frankfurt nach Bangkok. Ich las in einem Naturschutzmagazin einen Artikel über junge Menschen, die allein mit Spendengeldern ein Moor gerettet hatten, das schon seit Tausenden Jahren existiert. Das faszinierte mich. Ich las über die Erbschaft dieser Witwe, über den Zulauf an Menschen, denen die Natur wichtig ist und die wissen, dass der Planet dünnhäutig und sehr zerbrechlich geworden ist. In Gedanken musste ich euch sofort zustimmen. Wir müssen diesem Planeten wieder Kraft geben und ihn gesund machen. Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, machte ich mich sofort schlau, und wenig später stand ich bei euch in dieser Tennishalle. Ja, ich gebe es zu, ich habe große, kühne Visionen. Ich habe in den letzten Tagen viel über dieses Gebiet gelesen. Seine Strukturen, seine Umgebung, seine Bevölkerung. Das Naturschutzgebiet ist von insgesamt sechs Tälern umgeben. Und in jedem Tal fließen wunderbare Bäche und Flüsse. Ihr Wasser ist in den Unterläufen jedoch meistens so verunreinigt, dass nur die widerstandsfähigsten Lebewesen darin überleben können.« Max nahm einen Schluck Wasser und machte eine Gedankenpause. »Ja, eines Tages will ich ein Emblem auf meinen Revers heften, und auf diesem Emblem soll ein wichtiger Satz stehen: ›Das Schutzgebiet der sieben Täler‹. Ja, unser Schutzgebiet soll im Vergleich zu heute die siebenfache Größe erreichen. Das ist mein Ziel.«

      Nils, eines der ersten Mitglieder der Familie, hob die Hand. Seine Rastalocken zitterten, als er schüchtern zu sprechen begann: »Max, ich möchte Sie etwas fragen. In diesen sechs Tälern befinden sich Dutzende Bauernhöfe mit Feldern, Wiesen, Äckern und Vieh. Das kann doch nicht einfach so verschwinden. Wie sollen wir so ein Ziel erreichen können? Ist das nicht ein wenig überzogen?«

      Max lächelte. »Danke, das ist eine sehr wichtige Frage. Ich habe gerade von Visionen gesprochen. Die Schuhe von Visionen sind stets größer als die Schuhe, in die wir gerade passen.« Max nickte und setzte fort: »Wir allein entscheiden. Wir können an ein Ziel denken und versuchen, es zu erreichen, oder wir denken nicht daran und werden es nicht einmal theoretisch erreichen können, da es in unseren Gedanken keinen Platz dafür gibt. Es liegt an uns, Visionen Leben einzuhauchen. Allein an uns.«

      Kaum hatte er den Satz beendet, applaudierte die Menge. Es schien, als wollten sie damit eines deutlich sagen: Mit Max kann das alles möglich werden. Und keiner widersprach.

      Als Fynn und Amanda in dieser Nacht nebeneinander im Bett lagen, schüttelte Fynn auf einmal den Kopf. »Ich weiß nicht. Seine Ideen sind manchmal, wie soll ich es sagen …? Verrückt. Ich meine, das Schutzgebiet der sieben Täler. Das ist schon mehr als visionär. Weißt du, was ich gerade gedacht habe?«

      Amanda verneinte.

      »Vielleicht ist er nur ein ausgezeichneter Blender und zugleich ein Spinner. Vielleicht bläst er nur heiße Luft in unsere Köpfe, und wir merken es gar nicht. Und am Ende sitzt er irgendwo in einem stillen Salon, öffnet eine Flasche Champagner und stößt mit seinen Kumpanen auf unsere Naivität an.«

      Amanda widersprach sofort: »Ja, er hat kühne Gedanken. Sehr kühne. Aber müssen wir diese kühnen Gedanken nicht denken, um die Welt zu retten? Wir stehen kurz vor dem Abgrund. Das spüren wir irgendwie doch alle. Die wenigsten tun allerdings etwas dagegen, stimmt’s? Wir sind es, Fynn, die vielen Menschen Mut machen und ihnen den Glauben vermitteln, dass wir diese Zerstörung abwenden können, und genau deshalb strömen sie zu uns, weil sie verzweifelt sind und wir ihnen Hoffnung geben. Wir haben eine große Verantwortung, und Max ist getragen von dieser Vision. Wenn ich in seiner Nähe bin, spüre ich diese ehrliche Kraft, die von ihm ausgeht. Das muss unser Ziel sein, eine saubere, schönere Welt, damit unsere Kinder einmal mit Stolz sagen können, unsere Eltern haben alles für diesen Planeten getan. Sie haben auf ihn Acht gegeben. Und übrigens«, flüsterte Amanda ihm zu, »will ich einmal ein Baby von dir.«

      »Nur eins?«, fragte Fynn.

      »Nein, natürlich mindestens ein Dutzend und ich finde, dass wir heute Nacht damit anfangen sollten, und wenn wir nur erst einmal ordentlich üben.«

      »Ich glaube, da kann ich dir helfen.«

      7. Kapitel

      »Wir müssen noch einmal ganz von vorne beginnen«, erklärte Max in der nächsten Strategiesitzung. »Wir müssen unsere Abläufe optimieren und alles, was wir tun, bis ins kleinste Detail hinterfragen. Alle, die wie auch immer mit uns in Kontakt kommen, müssen eines ohne nachzudenken sofort und unmissverständlich wissen: Hier sind Experten am Werk. Die besten Experten, die es in ihrem Fach gibt.«

      Die 300 Teilnehmer der Sitzung waren verblüfft. Sie hatten bis jetzt doch alles richtig gemacht. Der Verein hatte letzte Woche das 10.000. Mitglied aufgenommen. Das Gebiet war vergrößert worden, zwar nur um einige Hektar, aber es war größer als zuvor, und die Spenden flossen regelmäßig und in so hohen Beträgen, dass ihre Rücklagen stetig anwuchsen.

      Max lächelte väterlich. »Ich verstehe euer Misstrauen. Aber lasst es mich euch genauer

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